2002-07-10 - 23:50 - Pferde, H�te und Champagner

Ich mu�, wenngleich mit etwas Versp�tung, noch von meinem Wochenende berichten, denn am Sonntag war mal wieder die Zeit meines allj�hrlichen Ausflugs in die Welt der Adeligen, Reichen und Sch�nen gekommen (nein, ich bin weder noch, sondern spiele so eine Art Aschenputtel - in diesem Jahr allerdings mit Stiefeln statt gl�serner Schuhe). Kurz: Es war der Tag des Galopp-Derbys, des gesellschaftliche Sommerh�hepunktes in Hamburg. Dort tauche ich allj�hrlich ein, ausgestattet mit dem n�tigen VIP-Pass, in eine Welt, in der Damen ohne passenden Hut einfach undenkbar (und ganz bestimmt keine Damen) sind, ein "von" im Namen einfach zum guten Ton geh�rt (sofern man nicht grad aus einer steinreichen, alteingesessenen Kaufmanns- oder B�nkerfamilie stammt, das ist auch durchaus akzeptabel), in der locker das Jahreseinkommen einer vierk�pfigen Familie gewonnen und gleich darauf wieder verzockt wird und Pferde auch schon mal den Wert einer Villa in Alsterlage haben k�nnen.

Die wundersch�nen Vierbeiner, von denen man annehmen m��te, da� sie fortw�hrend im Mittelpunkt des Geschehens stehen (schlie�lich ist man urspr�nglich ihretwegen gekommen), haben w�hrend des jeweiligen Rennens ihre five minutes of fame, verwandeln sich dann allerdings wieder in eine durchaus �sthetische Randerscheinung, �ber deren Wert und Rennchancen sich angenehm bei einem Glas Champagner fachsimpeln l��t. Das gleiche gilt f�r die Jockeys, die sich im Sattel in heldenhafte, gefeierte Superstars verwandeln, auf ebenem Boden aber eher zu klein und viel zu d�nn wirken (endlich wei� man, wo sich die M�nner aus der Magers�chtigenstatistik verstecken). Neben ihnen ahne ich immer, wie sich Gulliver in Liliputanien gef�hlt haben mu�.

Im Mittelpunkt stehen da schon eher die Damen der sehr vornehmen Hamburger High Society nebst ihren ausgefallenen Hutkreationen (das entsprechende Bildmaterial kann dann der Gala und der Bunten entnommen werden), sowie das �bliche Getummel an B-Prominenz (Naddel auf der Suche nach mehr Medienprominenz und ihrem Traummann, Bl�mchen auf der Suche nach ihrer Stimme und einer Karriere usw.). Hauptgespr�chsthema am wirklich exquisiten Buffet war neben den hei� gehandelten, aber wie eh und je eher ergebnislosen Wett-Tips das ebenfalls anwesende Ex-Botschafterpaar Borer-Fielding und ihre angebliche Ehekrise.

Daneben stellte ein nicht unbetr�chtlicher Teil der Frauen mit gro�er Erleichterung und nicht ohne eine gewisse Portion Geh�ssigkeit fest, da� Shawne Borer-Fielding (die mit Sicherheit meistfotografierte Frau des Tages) live l�ngst nicht so gut aussieht wie auf den meisten Fotos, und da� die letzten Wochen auch an ihr nicht spurlos vor�bergegangen sind. Wer allerdings ehrlich war (aber welche Frau ist das schon, wenn sich der Jahrmarkt der Eitelkeiten seinem grandiosen H�hepunkt n�hert - ausreichend Champagner kann da sehr hilfreich sein), mu�te zugeben, da� sie dennoch umwerfend gekleidet und �berhaupt viel sympathischer und angenehmer war als vermutet.

Ein solcher Anla� ist �berhaupt die beste Gelegenheit, um weibliches Sozialverhalten in Gruppen zu studieren. Es beeindruckt mich immer wieder zutiefst, wie unterschiedlich M�nner und Frauen auf Konkurrenz reagieren. W�hrend M�nner sich im Morgengrauen duellieren oder sich gleich unzeremoniell eins auf die Nase geben, bestenfalls ihre Differenzen noch im Alkohol ertr�nken, haben Frauen die stilvolle, weil wortlose Form der herabsetzenden Kommunikation perfektioniert. Frauen k�nnen sich mit einem einzigen vernichtenden Blick beleidigen und die Konkurrentin auf ihren Platz verweisen, ohne dabei ein unh�fliches Wort oder eine bissige Bemerkung austauschen zu m�ssen, von T�tlichkeiten ganz zu schweigen. Eine im richtigen Moment hochgezogene Augenbraue passend zum herablassenden L�cheln gen�gt, um die Rivalin nach einem kritischen Blick auf ihre nicht ganz makellose Taille oder die nicht eben zierlichen Fesseln in ein Meer aus Selbstzweifeln und Minderwertigkeitsgef�hlen zu st�rzen. Umstehende Frauen merken sofort, was dort gerade stattfindet, w�hrend M�nner meist gar nichts verstehen und oft genug auch noch unpassend freundliche Bemerkungen �ber die Siegerin des Blickduells von sich geben.

Was ich da getan habe? Ich habe mich gemessenen Schrittes ins Get�mmel gest�rzt, meinen neuen Hut in Begleitung von Q ausgef�hrt, die eine oder andere Augenbraue geschickt gekontert, zahllose H�nde mir Unbekannter oder entfernt Bekannter gesch�ttelt, freundlich gel�chelt, charmanten Smalltalk zelebriert, von dem ich jetzt beim besten Willen keine Silbe wiederholen k�nnte, habe zuviel Champagner getrunken und auch sonst den Wohlgef�hleffekt von Luxus genossen, auf die falschen Pferde gesetzt (ich h�tte auf meine Mutter h�ren sollen, sie hat zwar keine Ahnung von Pferden, aber dennoch ein untr�gliches Auge f�r m�gliche Sieger - und im Zweifel setzt sie halt auf ihren Lieblingsjockey) und dennoch im Ergebnis einige Euro gewonnen und wie in jedem Jahr unter falschem Schuhwerk gelitten. Ich nehme mir zwar immer wieder vor, dort in flachen, sogenannten "vern�nftigen" Schuhen aufzulaufen, da man den gr��ten Teil des Tages steht und gelegentlich auch �ber die v�llig zerw�hlte Rennbahn stiefeln mu�. Aber kurz vor Beginn siegt dann doch wieder die Eitelkeit, und ich zw�nge mich in Stiefel mit unm�glichen Abs�tzen, die zwar gut aussehen, mich am Ende des Tages aber g�nzlich undamenhaft fluchen lassen.

Aber ausreichend Luxus und eine gute Portion Glamour nebst einigen Streicheleinheiten f�rs Ego lassen den Schmerz schnell vergessen.

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Pferde, H�te und Champagner 2002-07-10 23:50 Ich mu�, wenngleich mit etwas Versp�tung, noch von meinem Wochenende berichten, denn am Sonntag war mal wieder die Zeit meines allj�hrlichen Ausflugs in die Welt der Adeligen, Reichen und Sch�nen gekommen (nein, ich bin weder noch, sondern spiele so eine Art Aschenputtel - in diesem Jahr allerdings mit Stiefeln statt gl�serner Schuhe). Kurz: Es war der Tag des Galopp-Derbys, des gesellschaftliche Sommerh�hepunktes in Hamburg. Dort tauche ich allj�hrlich ein, ausgestattet mit dem n�tigen VIP-Pass, in eine Welt, in der Damen ohne passenden Hut einfach undenkbar (und ganz bestimmt keine Damen) sind, ein "von" im Namen einfach zum guten Ton geh�rt (sofern man nicht grad aus einer steinreichen, alteingesessenen Kaufmanns- oder B�nkerfamilie stammt, das ist auch durchaus akzeptabel), in der locker das Jahreseinkommen einer vierk�pfigen Familie gewonnen und gleich darauf wieder verzockt wird und Pferde auch schon mal den Wert einer Villa in Alsterlage haben k�nnen.

Die wundersch�nen Vierbeiner, von denen man annehmen m��te, da� sie fortw�hrend im Mittelpunkt des Geschehens stehen (schlie�lich ist man urspr�nglich ihretwegen gekommen), haben w�hrend des jeweiligen Rennens ihre five minutes of fame, verwandeln sich dann allerdings wieder in eine durchaus �sthetische Randerscheinung, �ber deren Wert und Rennchancen sich angenehm bei einem Glas Champagner fachsimpeln l��t. Das gleiche gilt f�r die Jockeys, die sich im Sattel in heldenhafte, gefeierte Superstars verwandeln, auf ebenem Boden aber eher zu klein und viel zu d�nn wirken (endlich wei� man, wo sich die M�nner aus der Magers�chtigenstatistik verstecken). Neben ihnen ahne ich immer, wie sich Gulliver in Liliputanien gef�hlt haben mu�.

Im Mittelpunkt stehen da schon eher die Damen der sehr vornehmen Hamburger High Society nebst ihren ausgefallenen Hutkreationen (das entsprechende Bildmaterial kann dann der Gala und der Bunten entnommen werden), sowie das �bliche Getummel an B-Prominenz (Naddel auf der Suche nach mehr Medienprominenz und ihrem Traummann, Bl�mchen auf der Suche nach ihrer Stimme und einer Karriere usw.). Hauptgespr�chsthema am wirklich exquisiten Buffet war neben den hei� gehandelten, aber wie eh und je eher ergebnislosen Wett-Tips das ebenfalls anwesende Ex-Botschafterpaar Borer-Fielding und ihre angebliche Ehekrise.

Daneben stellte ein nicht unbetr�chtlicher Teil der Frauen mit gro�er Erleichterung und nicht ohne eine gewisse Portion Geh�ssigkeit fest, da� Shawne Borer-Fielding (die mit Sicherheit meistfotografierte Frau des Tages) live l�ngst nicht so gut aussieht wie auf den meisten Fotos, und da� die letzten Wochen auch an ihr nicht spurlos vor�bergegangen sind. Wer allerdings ehrlich war (aber welche Frau ist das schon, wenn sich der Jahrmarkt der Eitelkeiten seinem grandiosen H�hepunkt n�hert - ausreichend Champagner kann da sehr hilfreich sein), mu�te zugeben, da� sie dennoch umwerfend gekleidet und �berhaupt viel sympathischer und angenehmer war als vermutet.

Ein solcher Anla� ist �berhaupt die beste Gelegenheit, um weibliches Sozialverhalten in Gruppen zu studieren. Es beeindruckt mich immer wieder zutiefst, wie unterschiedlich M�nner und Frauen auf Konkurrenz reagieren. W�hrend M�nner sich im Morgengrauen duellieren oder sich gleich unzeremoniell eins auf die Nase geben, bestenfalls ihre Differenzen noch im Alkohol ertr�nken, haben Frauen die stilvolle, weil wortlose Form der herabsetzenden Kommunikation perfektioniert. Frauen k�nnen sich mit einem einzigen vernichtenden Blick beleidigen und die Konkurrentin auf ihren Platz verweisen, ohne dabei ein unh�fliches Wort oder eine bissige Bemerkung austauschen zu m�ssen, von T�tlichkeiten ganz zu schweigen. Eine im richtigen Moment hochgezogene Augenbraue passend zum herablassenden L�cheln gen�gt, um die Rivalin nach einem kritischen Blick auf ihre nicht ganz makellose Taille oder die nicht eben zierlichen Fesseln in ein Meer aus Selbstzweifeln und Minderwertigkeitsgef�hlen zu st�rzen. Umstehende Frauen merken sofort, was dort gerade stattfindet, w�hrend M�nner meist gar nichts verstehen und oft genug auch noch unpassend freundliche Bemerkungen �ber die Siegerin des Blickduells von sich geben.

Was ich da getan habe? Ich habe mich gemessenen Schrittes ins Get�mmel gest�rzt, meinen neuen Hut in Begleitung von Q ausgef�hrt, die eine oder andere Augenbraue geschickt gekontert, zahllose H�nde mir Unbekannter oder entfernt Bekannter gesch�ttelt, freundlich gel�chelt, charmanten Smalltalk zelebriert, von dem ich jetzt beim besten Willen keine Silbe wiederholen k�nnte, habe zuviel Champagner getrunken und auch sonst den Wohlgef�hleffekt von Luxus genossen, auf die falschen Pferde gesetzt (ich h�tte auf meine Mutter h�ren sollen, sie hat zwar keine Ahnung von Pferden, aber dennoch ein untr�gliches Auge f�r m�gliche Sieger - und im Zweifel setzt sie halt auf ihren Lieblingsjockey) und dennoch im Ergebnis einige Euro gewonnen und wie in jedem Jahr unter falschem Schuhwerk gelitten. Ich nehme mir zwar immer wieder vor, dort in flachen, sogenannten "vern�nftigen" Schuhen aufzulaufen, da man den gr��ten Teil des Tages steht und gelegentlich auch �ber die v�llig zerw�hlte Rennbahn stiefeln mu�. Aber kurz vor Beginn siegt dann doch wieder die Eitelkeit, und ich zw�nge mich in Stiefel mit unm�glichen Abs�tzen, die zwar gut aussehen, mich am Ende des Tages aber g�nzlich undamenhaft fluchen lassen.

Aber ausreichend Luxus und eine gute Portion Glamour nebst einigen Streicheleinheiten f�rs Ego lassen den Schmerz schnell vergessen.