2002-07-28 - 19:16 - David vs. Goliath: The Remake

Inzwischen hatte ich ausreichend Gelegenheit, einen weiteren Gro�stadt-Single-Mythos, den des "Hund als idealer Flirtanbahner", auf seinen Wahrheitsgehalt zu �berpr�fen. Und siehe da, im Gegensatz zum angeblich so heiteren "Kennenlernen in �ffentlichen Waschsalons" ist an dem vereinfachten Flirt zwischen Hundebesitzern so einiges dran (ich habe in meinem Waschcenter zwar mal fremde Kondome aus der Maschine gefischt, habe aber weder deren urspr�nglichen Besitzer kennengelernt noch Anteil an der Verwendung der Erektionsbekleidung gehabt - und bin seither gl�ckliche Besitzerin einer eigenen Waschmaschine).

Schon am ersten Tag mit Hund an der Alster sprachen mich weit mehr Menschen freundlich an als in den ganzen Jahren zuvor. Und nach drei Tagen hatte ich bereits vier Telefonnummern in der Tasche und drei weitere Einladungen zum Kaffee nebst Hund erhalten - alles von Hundebesitzern m�nnlichen Geschlechts, versteht sich. Das best�tigte meinen Verdacht, da� es beim Flanieren dort nicht nur um den augenf�lligen Unterschied zwischen trendigem Partyvolk (Fernsehfuzzis, Werber, Eventmanager und dazugeh�rige Groupies) und normalem Fu�volk geht, sondern da� dort eine noch viel geschlossenere Geheimgesellschaft ihre Rituale zelebriert und die Menschen unweigerlich in Mitglieder zweier Kasten unterteilt: die der Hundebesitzer und den erb�rmlichen Rest. Eine Durchmischung beider Kasten ist naturgem�� nicht vorstellbar.

Also beschlo� ich, meinen unverhofften gesellschaftlichen Aufstieg auszukosten solange er anhielt (denn leider vermi�t meine Familie den Hund ganz schrecklich und will ihn in K�rze zur�ckfordern). Doch leider wird das unverf�ngliche Flirten von unserem Hund nicht immer gef�rdert, manchmal sogar direkt durch sein zuvor erw�hntes Verhalten sabotiert. Allerdings tr�gt an der folgenden Geschichte nicht mein Hund, sondern der andere Hundebesitzer die Hauptschuld. Jener Mann hatte n�mlich offensichtlich besseres zu tun (er stand vor dem Caf� Cliff und telefonierte wild gestikulierend), als auf seinen Hund aufzupassen, der frei herumlief. Das kann man vielleicht mit kleinen Hunden machen, aber es empfiehlt sich wohl weniger, wenn das fragliche Tier ein Weimaraner von betr�chtlichen Ausma�en ist (um genau zu sein: Er sah aus, als w�re er versehentlich mit Atom-Gem�se gef�ttert worden und h�tte daraufhin auch locker die wohlgen�hrte Kalbsgr��e hinter sich gelassen).

Dieser Kalbshund hatte offensichtlich spontan ein Faible f�r meinen armen, dagegen winzigen Dackel entwickelt und animierte ihn durch ausgiebiges Geschn�ffel in der Analgegend und freundliches Gestupse mit der Nase (was aber ausreicht, um einen Dackel etwa zwei Meter durch die Luft zu schie�en) zum Spielen. Unsere R�bennase blieb erstaunlich gelassen dabei und wollte einfach nur weiter in Frieden mit dem Ball spielen. Ich bat daraufhin das Kalbsherrchen, das verspielte Unget�m doch bitte wieder anzuleinen, aber er winkte nur genervt ab und deutete auf sein Handy (als w�re nicht allen in einem Umkreis von etwa 50 Metern klar, da� er sich wohl kaum selbst so anbr�llen w�rde).

Wir setzten unseren Weg in die andere Richtung fort, in der Hoffnung, das Kalb m�ge sich einen anderen, gr��enm��ig angemesseneren Spielgef�hrten suchen. Aber das graue Unget�m mochte nicht mal dann von uns lassen, als Herrchen schon l�ngst au�er H�r- und Sichtweite war. Er sprang munter um den Dackel herum und versetzte ihm gelegentlich einen spielerischen Hieb mit der Pranke (was noch fatalere Konsequenzen als das Nasengestupse hatte), aber erstaunlicherweise lie� sich unsere kleine K�nigin allenfalls zu einem warnenden Knurren herab. Das �nderte sich jedoch ganz spontan, als das Kalb ihr den Ball vor der Nase wegschnappte und mit einem gezielten Bi� die Luft entweichen lie�. Da hatte auch Pitti nun endg�ltig die Nase voll und h�ngte sich elegant in den Kiefer des Riesenhundes. Davon lie� sie trotz panischen Sch�ttelns auch erst wieder ab, als das Kalb sich von dem kaputten Ball und einigen Hautfetzen verabschiedet hatte.

Der andere Hund klemmte darauf hin jaulend den Schwanz ein und verschwand in Richtung des verschollenen Herrchens. Aber damit fing der Spa� erst richtig an. Denn Herrchen hatte es wohl pl�tzlich richtig eilig, das Handy wegzustecken, uns einzuholen und mit dem v�llig verwirrten, jaulenden Riesenhund und seiner Advocard zu konfrontieren. Leider sprach er dabei folgende unwiderstehlich komische Worte, und es war um meine Fassung geschehen: "Ihre kleine Bestie hat gerade meinen armen Goliath grausam zugerichtet." Ich konnte danach nur noch m�hsam nach Luft ringen und ihn prustend an sein historisches Vorbild erinnern: "Mit so was m�ssen Sie wohl rechnen, wenn Sie ihrem Hund derart geschichtstr�chtige Namen geben."

Leider war das Herrchen in seiner Rage entweder nicht bibelfest, oder aber der Humor war ihm vollends abhanden gekommen, denn er starrte mich nur entgeistert an und murmelte weiterhin etwas von seinem Anwalt. Daraufhin sah ich mich gen�tigt, ihm ins Ged�chtnis zu rufen, da� er schlie�lich seinen Hund trotz anderslautender Bitte meinerseits auf die Fauna losgelassen hat. Und ich f�hrte ihm wortreich vor Augen, wie es wohl vor Gericht wirken w�rde, wenn sein kalbsgro�es, graues Unget�m (das sicherlich nicht nur in Baskerville Leute in Angst und Schrecken versetzen k�nnte) dem Richter neben meinem zierlichen Hund, der sich jedem Menschen freudig vor die F��e wirft und gestreichelt werden will, zur Begutachtung vorgef�hrt werden w�rde. Und so trennten sich dann unsere Wege wieder recht schnell. Aber seine Telefonnummer hat er mir nicht mehr zugesteckt ;-)

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David vs. Goliath: The Remake 2002-07-28 19:16 Inzwischen hatte ich ausreichend Gelegenheit, einen weiteren Gro�stadt-Single-Mythos, den des "Hund als idealer Flirtanbahner", auf seinen Wahrheitsgehalt zu �berpr�fen. Und siehe da, im Gegensatz zum angeblich so heiteren "Kennenlernen in �ffentlichen Waschsalons" ist an dem vereinfachten Flirt zwischen Hundebesitzern so einiges dran (ich habe in meinem Waschcenter zwar mal fremde Kondome aus der Maschine gefischt, habe aber weder deren urspr�nglichen Besitzer kennengelernt noch Anteil an der Verwendung der Erektionsbekleidung gehabt - und bin seither gl�ckliche Besitzerin einer eigenen Waschmaschine).

Schon am ersten Tag mit Hund an der Alster sprachen mich weit mehr Menschen freundlich an als in den ganzen Jahren zuvor. Und nach drei Tagen hatte ich bereits vier Telefonnummern in der Tasche und drei weitere Einladungen zum Kaffee nebst Hund erhalten - alles von Hundebesitzern m�nnlichen Geschlechts, versteht sich. Das best�tigte meinen Verdacht, da� es beim Flanieren dort nicht nur um den augenf�lligen Unterschied zwischen trendigem Partyvolk (Fernsehfuzzis, Werber, Eventmanager und dazugeh�rige Groupies) und normalem Fu�volk geht, sondern da� dort eine noch viel geschlossenere Geheimgesellschaft ihre Rituale zelebriert und die Menschen unweigerlich in Mitglieder zweier Kasten unterteilt: die der Hundebesitzer und den erb�rmlichen Rest. Eine Durchmischung beider Kasten ist naturgem�� nicht vorstellbar.

Also beschlo� ich, meinen unverhofften gesellschaftlichen Aufstieg auszukosten solange er anhielt (denn leider vermi�t meine Familie den Hund ganz schrecklich und will ihn in K�rze zur�ckfordern). Doch leider wird das unverf�ngliche Flirten von unserem Hund nicht immer gef�rdert, manchmal sogar direkt durch sein zuvor erw�hntes Verhalten sabotiert. Allerdings tr�gt an der folgenden Geschichte nicht mein Hund, sondern der andere Hundebesitzer die Hauptschuld. Jener Mann hatte n�mlich offensichtlich besseres zu tun (er stand vor dem Caf� Cliff und telefonierte wild gestikulierend), als auf seinen Hund aufzupassen, der frei herumlief. Das kann man vielleicht mit kleinen Hunden machen, aber es empfiehlt sich wohl weniger, wenn das fragliche Tier ein Weimaraner von betr�chtlichen Ausma�en ist (um genau zu sein: Er sah aus, als w�re er versehentlich mit Atom-Gem�se gef�ttert worden und h�tte daraufhin auch locker die wohlgen�hrte Kalbsgr��e hinter sich gelassen).

Dieser Kalbshund hatte offensichtlich spontan ein Faible f�r meinen armen, dagegen winzigen Dackel entwickelt und animierte ihn durch ausgiebiges Geschn�ffel in der Analgegend und freundliches Gestupse mit der Nase (was aber ausreicht, um einen Dackel etwa zwei Meter durch die Luft zu schie�en) zum Spielen. Unsere R�bennase blieb erstaunlich gelassen dabei und wollte einfach nur weiter in Frieden mit dem Ball spielen. Ich bat daraufhin das Kalbsherrchen, das verspielte Unget�m doch bitte wieder anzuleinen, aber er winkte nur genervt ab und deutete auf sein Handy (als w�re nicht allen in einem Umkreis von etwa 50 Metern klar, da� er sich wohl kaum selbst so anbr�llen w�rde).

Wir setzten unseren Weg in die andere Richtung fort, in der Hoffnung, das Kalb m�ge sich einen anderen, gr��enm��ig angemesseneren Spielgef�hrten suchen. Aber das graue Unget�m mochte nicht mal dann von uns lassen, als Herrchen schon l�ngst au�er H�r- und Sichtweite war. Er sprang munter um den Dackel herum und versetzte ihm gelegentlich einen spielerischen Hieb mit der Pranke (was noch fatalere Konsequenzen als das Nasengestupse hatte), aber erstaunlicherweise lie� sich unsere kleine K�nigin allenfalls zu einem warnenden Knurren herab. Das �nderte sich jedoch ganz spontan, als das Kalb ihr den Ball vor der Nase wegschnappte und mit einem gezielten Bi� die Luft entweichen lie�. Da hatte auch Pitti nun endg�ltig die Nase voll und h�ngte sich elegant in den Kiefer des Riesenhundes. Davon lie� sie trotz panischen Sch�ttelns auch erst wieder ab, als das Kalb sich von dem kaputten Ball und einigen Hautfetzen verabschiedet hatte.

Der andere Hund klemmte darauf hin jaulend den Schwanz ein und verschwand in Richtung des verschollenen Herrchens. Aber damit fing der Spa� erst richtig an. Denn Herrchen hatte es wohl pl�tzlich richtig eilig, das Handy wegzustecken, uns einzuholen und mit dem v�llig verwirrten, jaulenden Riesenhund und seiner Advocard zu konfrontieren. Leider sprach er dabei folgende unwiderstehlich komische Worte, und es war um meine Fassung geschehen: "Ihre kleine Bestie hat gerade meinen armen Goliath grausam zugerichtet." Ich konnte danach nur noch m�hsam nach Luft ringen und ihn prustend an sein historisches Vorbild erinnern: "Mit so was m�ssen Sie wohl rechnen, wenn Sie ihrem Hund derart geschichtstr�chtige Namen geben."

Leider war das Herrchen in seiner Rage entweder nicht bibelfest, oder aber der Humor war ihm vollends abhanden gekommen, denn er starrte mich nur entgeistert an und murmelte weiterhin etwas von seinem Anwalt. Daraufhin sah ich mich gen�tigt, ihm ins Ged�chtnis zu rufen, da� er schlie�lich seinen Hund trotz anderslautender Bitte meinerseits auf die Fauna losgelassen hat. Und ich f�hrte ihm wortreich vor Augen, wie es wohl vor Gericht wirken w�rde, wenn sein kalbsgro�es, graues Unget�m (das sicherlich nicht nur in Baskerville Leute in Angst und Schrecken versetzen k�nnte) dem Richter neben meinem zierlichen Hund, der sich jedem Menschen freudig vor die F��e wirft und gestreichelt werden will, zur Begutachtung vorgef�hrt werden w�rde. Und so trennten sich dann unsere Wege wieder recht schnell. Aber seine Telefonnummer hat er mir nicht mehr zugesteckt ;-)