2002-12-12 - 23:11 - Peng! Mamawauei

So ein Ausflug ins Ruhrgebiet bietet nicht nur famili�re Comedy-Einlagen, sondern gibt auch immer wieder ausreichend Anla� zu neuen Eintr�gen �ber sprachliche Eigenheiten meiner lieben Mitmenschen.

W�rde ich jetzt aber anfangen, alle mir bekannten Ausw�chse der Pott-Sprachkultur zusammenzufassen, h�tte ich in drei Monaten noch keinen neuen Eintrag ins Netz gestellt, statt dessen vermutlich aber einen neuen Sprachf�hrer Ruhrgebiet geschrieben (und mein Deutsch endg�ltig ruiniert).

Wobei ein solcher Sprachf�hrer unbedingt auch einen kulinarischen Teil enthalten m��te, damit Ausw�rtige endlich mal wissen worauf sie sich einlassen, wenn sie etwa "M�hren duacheinanda" und zum Nachtisch arme Ritter bestellen.

Noch netter w�re es allerdings gewesen, h�tte man mir eine solche Vorbereitung vor meinem Umzug nach Hamburg angedeihen lassen. Dann w�re ich vorgewarnt gewesen und h�tte mich gar nicht erst auf Experimente mit dem Lieblingsgericht echter Muschelschubser einlassen m�ssen: Labskaus (das man �brigens unbedingt mit einem kurzen, knackigen "a" sprechen mu�, nicht nur weil es dann so sch�n gruselig klingt wie es schmeckt, sondern weil Hanseaten ansonsten laut losprusten vor Lachen und dabei versehentlich Bestandteile des schauerlichen Breis �ber den Tisch spucken k�nnten).

Aber ich schweife ab ... Also zur�ck zum Pott und damit auch zu Herrn Schulte, bei dem man meist schon genau hinh�ren mu�, um sprachliche Spuren seiner Duisburger Herkunft zu erkennen. Allerdings hat er, angeblich von den Meiderichern, die irritierende Angewohnheit �bernommen, ein unschuldiges kleines "g" an diverse Worte zu h�ngen, die laut Duden auf "n" enden sollten.

Aus einem schlichten "schon" wird so bei ihm ein leicht chinesisch anmutendes "schong" und aus "manchmal" immer "mangchmal". Ich spotte zwar gelegentlich (�hm, also mangchmal) dar�ber, aber es erinnert mich irgendwie auch immer an das niedliche "Peng"-Franz�sisch, das mein Vater von meiner Gro�mutter �bernommen hat.

In der Jugend meiner Gro�eltern war Franz�sisch bekannterma�en noch das, was f�r uns heute Englisch ist. Es war tr�s chic, allerhand franz�sische Ausdr�cke in die deutsche Sprache einzubauen - so hatte meine Oma etwa anstelle normaler Sitzm�bel eine elegante Chaiselongue, nat�rlich mit den dazugeh�rigen "Pl�mmo"-Kissen (in denen man als Kind herrlich versinken konnte).

Nat�rlich wurden franz�sische Begriffe allm�hlich ein wenig verfremdet, um sie f�r deutsche Zungen gef�giger zu machen. Dazu geh�rte eben auch das omin�se "g" als Anh�ngsel an Worte, die ansonsten in einem komplizierten Nasallaut endeten.

Also wurde aus "directement" der Einfachheit halber "direktemang" - besonders gern benutzt im Zusammenhang mit kindgerechten Bettzeiten: "Jetzt geht's aber direktemang in die Pl�mmokissen." Das Parfum wird in der Aussprache zu "Parf�ng", ein Bonbon zu "Bombong" oder gar zu "Bongbong" und das in jeder Hinsicht schwere "Gratin" klingt dann wie "Grat�ng". Peng-Franz�sisch halt.

Aber ich schweife schon wieder ab und verliere mich in Kindheitserinnerungen, was keine gute Idee ist, weil man sich dann selbst in meinem zarten Alter (ich bitte das H�steln im Publikum endg�ltig einzustellen, tsts) schon so unendlich alt f�hlt - leider ohne dabei die Weisheit und Gelassenheit des Alters erlangt zu haben, auf die ich meine ganzen Hoffnungen setze.

Also erneut zur�ck in den Pott. Den Anla� zu diesen Abschweifungen gab n�mlich letztlich eine Frau, die meine Mutter und ich bei unserer beschaulichen Innenstadt-Tour auf dem Weihnachtsmarkt erleben durften. Angesichts ihrer kryptischen �u�erungen h�tte man meinen k�nnen, sie h�tte bereits s�mtliche Gl�hweinst�nde angelaufen. Aber sie litt nicht an motorischen Ausf�llen oder sonstigen klassischen Symptomen.

Sie konnte sich noch problemlos zu einem vorbeilaufenden Hund herunterbeugen und ihm freundlich den Kopf t�tscheln. Dabei l�chelte sie ihrer Tochter aufmunternd zu und sagte: "Mama wau ei." Das klingt noch nicht weiter verwunderlich, sofern man nicht grad die Tochter direkt vor Augen hat. Jene war n�mlich mindestens neun Jahre alt und hatte somit das Wau-und-ei-Alter locker hinter sich gelassen.

Also gezz ma ellich, wie soll dat Kroppzeuch bei sonnen Voabild anst�ndiget Deutsch lernen? Echt ey.

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Peng! Mamawauei 2002-12-12 23:11 So ein Ausflug ins Ruhrgebiet bietet nicht nur famili�re Comedy-Einlagen, sondern gibt auch immer wieder ausreichend Anla� zu neuen Eintr�gen �ber sprachliche Eigenheiten meiner lieben Mitmenschen.

W�rde ich jetzt aber anfangen, alle mir bekannten Ausw�chse der Pott-Sprachkultur zusammenzufassen, h�tte ich in drei Monaten noch keinen neuen Eintrag ins Netz gestellt, statt dessen vermutlich aber einen neuen Sprachf�hrer Ruhrgebiet geschrieben (und mein Deutsch endg�ltig ruiniert).

Wobei ein solcher Sprachf�hrer unbedingt auch einen kulinarischen Teil enthalten m��te, damit Ausw�rtige endlich mal wissen worauf sie sich einlassen, wenn sie etwa "M�hren duacheinanda" und zum Nachtisch arme Ritter bestellen.

Noch netter w�re es allerdings gewesen, h�tte man mir eine solche Vorbereitung vor meinem Umzug nach Hamburg angedeihen lassen. Dann w�re ich vorgewarnt gewesen und h�tte mich gar nicht erst auf Experimente mit dem Lieblingsgericht echter Muschelschubser einlassen m�ssen: Labskaus (das man �brigens unbedingt mit einem kurzen, knackigen "a" sprechen mu�, nicht nur weil es dann so sch�n gruselig klingt wie es schmeckt, sondern weil Hanseaten ansonsten laut losprusten vor Lachen und dabei versehentlich Bestandteile des schauerlichen Breis �ber den Tisch spucken k�nnten).

Aber ich schweife ab ... Also zur�ck zum Pott und damit auch zu Herrn Schulte, bei dem man meist schon genau hinh�ren mu�, um sprachliche Spuren seiner Duisburger Herkunft zu erkennen. Allerdings hat er, angeblich von den Meiderichern, die irritierende Angewohnheit �bernommen, ein unschuldiges kleines "g" an diverse Worte zu h�ngen, die laut Duden auf "n" enden sollten.

Aus einem schlichten "schon" wird so bei ihm ein leicht chinesisch anmutendes "schong" und aus "manchmal" immer "mangchmal". Ich spotte zwar gelegentlich (�hm, also mangchmal) dar�ber, aber es erinnert mich irgendwie auch immer an das niedliche "Peng"-Franz�sisch, das mein Vater von meiner Gro�mutter �bernommen hat.

In der Jugend meiner Gro�eltern war Franz�sisch bekannterma�en noch das, was f�r uns heute Englisch ist. Es war tr�s chic, allerhand franz�sische Ausdr�cke in die deutsche Sprache einzubauen - so hatte meine Oma etwa anstelle normaler Sitzm�bel eine elegante Chaiselongue, nat�rlich mit den dazugeh�rigen "Pl�mmo"-Kissen (in denen man als Kind herrlich versinken konnte).

Nat�rlich wurden franz�sische Begriffe allm�hlich ein wenig verfremdet, um sie f�r deutsche Zungen gef�giger zu machen. Dazu geh�rte eben auch das omin�se "g" als Anh�ngsel an Worte, die ansonsten in einem komplizierten Nasallaut endeten.

Also wurde aus "directement" der Einfachheit halber "direktemang" - besonders gern benutzt im Zusammenhang mit kindgerechten Bettzeiten: "Jetzt geht's aber direktemang in die Pl�mmokissen." Das Parfum wird in der Aussprache zu "Parf�ng", ein Bonbon zu "Bombong" oder gar zu "Bongbong" und das in jeder Hinsicht schwere "Gratin" klingt dann wie "Grat�ng". Peng-Franz�sisch halt.

Aber ich schweife schon wieder ab und verliere mich in Kindheitserinnerungen, was keine gute Idee ist, weil man sich dann selbst in meinem zarten Alter (ich bitte das H�steln im Publikum endg�ltig einzustellen, tsts) schon so unendlich alt f�hlt - leider ohne dabei die Weisheit und Gelassenheit des Alters erlangt zu haben, auf die ich meine ganzen Hoffnungen setze.

Also erneut zur�ck in den Pott. Den Anla� zu diesen Abschweifungen gab n�mlich letztlich eine Frau, die meine Mutter und ich bei unserer beschaulichen Innenstadt-Tour auf dem Weihnachtsmarkt erleben durften. Angesichts ihrer kryptischen �u�erungen h�tte man meinen k�nnen, sie h�tte bereits s�mtliche Gl�hweinst�nde angelaufen. Aber sie litt nicht an motorischen Ausf�llen oder sonstigen klassischen Symptomen.

Sie konnte sich noch problemlos zu einem vorbeilaufenden Hund herunterbeugen und ihm freundlich den Kopf t�tscheln. Dabei l�chelte sie ihrer Tochter aufmunternd zu und sagte: "Mama wau ei." Das klingt noch nicht weiter verwunderlich, sofern man nicht grad die Tochter direkt vor Augen hat. Jene war n�mlich mindestens neun Jahre alt und hatte somit das Wau-und-ei-Alter locker hinter sich gelassen.

Also gezz ma ellich, wie soll dat Kroppzeuch bei sonnen Voabild anst�ndiget Deutsch lernen? Echt ey.

Holger - 2004-03-13 18:42:24
Den von Dir erw�hnten Sprachf�hrer gibbet: http://www.ruhrgebietssprache.de/. Woll!
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Den von Dir erw�hnten Sprachf�hrer gibbet: http://www.ruhrgebietssprache.de/. Woll!