2004-02-24 - 00:05 - G�nsereiten

Da man der rotnasigen Fr�hlichkeit der f�nften Jahreszeit nicht mal hier entkommen kann (zumindest kann ich mir nicht vorstellen, da� die Braut, die vorgestern nacht durch den Ort rannte und dabei von einem galoppierenden Clown und einem Piraten verfolgt wurde, wirklich vor ihrer eigenen Hochzeitsfeier fl�chtete), heute also auch von mir ein Beitrag zum karnevalistischen Treiben.

In meiner alten Heimatstadt fr�nt man neben den �blichen Rosenmontagsumz�gen einem ganz besonderen Brauch, den angeblich einst marodierende Spanier eingeschleppt haben, der meines Wissens aber nur noch in dieser Ecke des Landes den Einzug der modernen Empfindsamkeit �berlebt hat. Ich rede vom G�nsereiten.

F�rs G�nsereiten braucht man au�er einem robusten Gem�t ein etwa 100 Meter langes St�ck Rasen. Auf halber L�nge werden rechts und links des Weges zwei hohe Pf�hle eingeschlagen, zwischen denen ein Seil gespannt wird. In der Mitte des Seiles wird kopf�ber eine tote Gans aufgeh�ngt, die man zuvor sehr gr�ndlich mit Schmierseife eingerieben hat.

Dann reiten �berwiegend gesetzte, schmerb�uchige Herren mittleren Alters, deren sportliche Bet�tigung sich meist auf diesen einen Tag im Jahr beschr�nkt, in traditionellen blauen Kitteln das Rasenst�ck entlang und greifen im Galopp nach dem Hals der Gans, um ihn abzurei�en (sp�testens hier kommt das robuste Gem�t ins Spiel). Wem das gelingt, der darf sich eine K�nigin suchen und ein Jahr lang als G�nsereiter-K�nig �bers n�rrische Volk herrschen.

Aber nat�rlich hat die Tradition vor das Herrschen die Qual gesetzt und nicht wenige m�ssen die Kr�nung mit angeknackstem Stei� vom weichen Polster aus verfolgen, denn die Gans gibt ihren Kopf nicht ohne weiteres her. Also suchen die H�nde verzweifelt Halt am glitschigen G�nsehals, w�hrend das Pferd schon mal seelenruhig weitergaloppiert und aus der Ferne zusieht, wie der Reiter auf den zunehmend verschlammten Pfad prallt. Unter dem lautstarken Jubel der angetrunkenen Zuschauer nat�rlich.

Letztere reisen allj�hrlich in gro�er Zahl zu dem Spektakel an und werden vor dem Ort des Geschehens von etwa 15 w�tenden Demonstranten empfangen, die vehement gegen das unmoralische, tierrechtsverletzende Treiben protestieren. Der Kreis der Demonstranten ist etwa deckungsgleich mit dem, der seit vielen Jahren beharrlich die sch�ne Tradition der Osterm�rsche in Wattenscheid aufrecht erh�lt. So sieht man sich auch in Wattenscheid immer zwei Mal.

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G�nsereiten 2004-02-24 00:05 Da man der rotnasigen Fr�hlichkeit der f�nften Jahreszeit nicht mal hier entkommen kann (zumindest kann ich mir nicht vorstellen, da� die Braut, die vorgestern nacht durch den Ort rannte und dabei von einem galoppierenden Clown und einem Piraten verfolgt wurde, wirklich vor ihrer eigenen Hochzeitsfeier fl�chtete), heute also auch von mir ein Beitrag zum karnevalistischen Treiben.

In meiner alten Heimatstadt fr�nt man neben den �blichen Rosenmontagsumz�gen einem ganz besonderen Brauch, den angeblich einst marodierende Spanier eingeschleppt haben, der meines Wissens aber nur noch in dieser Ecke des Landes den Einzug der modernen Empfindsamkeit �berlebt hat. Ich rede vom G�nsereiten.

F�rs G�nsereiten braucht man au�er einem robusten Gem�t ein etwa 100 Meter langes St�ck Rasen. Auf halber L�nge werden rechts und links des Weges zwei hohe Pf�hle eingeschlagen, zwischen denen ein Seil gespannt wird. In der Mitte des Seiles wird kopf�ber eine tote Gans aufgeh�ngt, die man zuvor sehr gr�ndlich mit Schmierseife eingerieben hat.

Dann reiten �berwiegend gesetzte, schmerb�uchige Herren mittleren Alters, deren sportliche Bet�tigung sich meist auf diesen einen Tag im Jahr beschr�nkt, in traditionellen blauen Kitteln das Rasenst�ck entlang und greifen im Galopp nach dem Hals der Gans, um ihn abzurei�en (sp�testens hier kommt das robuste Gem�t ins Spiel). Wem das gelingt, der darf sich eine K�nigin suchen und ein Jahr lang als G�nsereiter-K�nig �bers n�rrische Volk herrschen.

Aber nat�rlich hat die Tradition vor das Herrschen die Qual gesetzt und nicht wenige m�ssen die Kr�nung mit angeknackstem Stei� vom weichen Polster aus verfolgen, denn die Gans gibt ihren Kopf nicht ohne weiteres her. Also suchen die H�nde verzweifelt Halt am glitschigen G�nsehals, w�hrend das Pferd schon mal seelenruhig weitergaloppiert und aus der Ferne zusieht, wie der Reiter auf den zunehmend verschlammten Pfad prallt. Unter dem lautstarken Jubel der angetrunkenen Zuschauer nat�rlich.

Letztere reisen allj�hrlich in gro�er Zahl zu dem Spektakel an und werden vor dem Ort des Geschehens von etwa 15 w�tenden Demonstranten empfangen, die vehement gegen das unmoralische, tierrechtsverletzende Treiben protestieren. Der Kreis der Demonstranten ist etwa deckungsgleich mit dem, der seit vielen Jahren beharrlich die sch�ne Tradition der Osterm�rsche in Wattenscheid aufrecht erh�lt. So sieht man sich auch in Wattenscheid immer zwei Mal.

Thomas - 2004-02-24 01:59:26
Komische Traditionen mit ballonseidenen "Rittern" in Wattenscheid ihr habt. H�ttest nach Heidelberg kommen sollten. Mir ist erst vor wenigen Minuten bewusst geworden, dass gestern Rosenmontag war. Sprich: Mensch hat seine Ruhe ;-).
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Komische Traditionen mit ballonseidenen "Rittern" in Wattenscheid ihr habt. H�ttest nach Heidelberg kommen sollten. Mir ist erst vor wenigen Minuten bewusst geworden, dass gestern Rosenmontag war. Sprich: Mensch hat seine Ruhe ;-). anna - 2004-02-24 02:34:37
Ok, es ist etwas fragw�rdig, dass ausgerechnet eine tote Gans verwendet wird. (Erinnert mich an Rambo, k�rzlich reingezappt, die haben allerdings eine tote Ziege rumgeschleppt.) T�nt auf jeden Fall sehr unterhaltsam *kicher*
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Ok, es ist etwas fragw�rdig, dass ausgerechnet eine tote Gans verwendet wird. (Erinnert mich an Rambo, k�rzlich reingezappt, die haben allerdings eine tote Ziege rumgeschleppt.) T�nt auf jeden Fall sehr unterhaltsam *kicher* Markus - 2004-02-24 02:37:00
Na eine lebende w�r aber schon recht geschmacklos, oder? *ggg*
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Na eine lebende w�r aber schon recht geschmacklos, oder? *ggg* Heiko - 2004-02-24 03:19:05
Erinnert an Pamplona.
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Erinnert an Pamplona. ndema - 2004-02-24 05:46:00
... und ich frage mich warum du aus HH wegbist .. um dem Wahnsinn der Gro�stadt zu entfliehen? *fg*
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... und ich frage mich warum du aus HH wegbist .. um dem Wahnsinn der Gro�stadt zu entfliehen? *fg* Vera - 2004-02-24 10:08:29
Es gibt schon recht eigenartige Traditionen und Sportarten, bei denen meist M�nner beweisen wollen, wer der Oberhengst im Stall ist. Man denke nur an das Frauenweittragen, den Zwergenweitwurf oder das Pfahlsitzen...
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Es gibt schon recht eigenartige Traditionen und Sportarten, bei denen meist M�nner beweisen wollen, wer der Oberhengst im Stall ist. Man denke nur an das Frauenweittragen, den Zwergenweitwurf oder das Pfahlsitzen... Knut Budnase - 2004-02-24 12:48:22
Vielleicht lassen sich die Demonstranten mit einem leckeren, knusprig-goldbraunen G�nsebraten bestechen.
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Vielleicht lassen sich die Demonstranten mit einem leckeren, knusprig-goldbraunen G�nsebraten bestechen. Dirk - 2004-02-24 13:32:43
Hm, ich finde dieses Brauchtum ja doch noch ekliger als normalen Karneval schon. @Vera: Pfahlsitzen ist, im Gegensatz zum unsinnigen Rest, den du da aufgez�hlt hast, keine reiner M�nnerdom�ne - es gibt auch genug dumme Frauen, die so einen Unsinn versuchen. Was nicht hei�en soll, das das nicht doch eines dieser M�nnlichkeitsrituale ist. Gut, das ich sowas nicht n�tig habe :-)
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Hm, ich finde dieses Brauchtum ja doch noch ekliger als normalen Karneval schon. @Vera: Pfahlsitzen ist, im Gegensatz zum unsinnigen Rest, den du da aufgez�hlt hast, keine reiner M�nnerdom�ne - es gibt auch genug dumme Frauen, die so einen Unsinn versuchen. Was nicht hei�en soll, das das nicht doch eines dieser M�nnlichkeitsrituale ist. Gut, das ich sowas nicht n�tig habe :-) Lu - 2004-02-24 15:18:35
...beim G�nsereiten dachte ich zuerst 'Himmel hilf - das sind doch keine Pferde'. Das die fragliche Gans tats�chlich zum Zeitpunkt ihrer 'Hauptrolle' schon verschieden ist, finde ich dann doch eher tr�stlich...
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...beim G�nsereiten dachte ich zuerst 'Himmel hilf - das sind doch keine Pferde'. Das die fragliche Gans tats�chlich zum Zeitpunkt ihrer 'Hauptrolle' schon verschieden ist, finde ich dann doch eher tr�stlich... Franky - 2004-02-24 16:47:33
Dieser "Brauch" ist ja wohl das Bescheuertste, was ich seit langem geh�rt habe!
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Dieser "Brauch" ist ja wohl das Bescheuertste, was ich seit langem geh�rt habe! Haiko - 2004-02-25 03:33:34
Ostermarschierer, sind das nicht die, die f�r den Artenschutz irgendwelcher abgehalfterter, genozidtreibender Balkan-Diktatoren herumlaufen?
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Ostermarschierer, sind das nicht die, die f�r den Artenschutz irgendwelcher abgehalfterter, genozidtreibender Balkan-Diktatoren herumlaufen? Ndema - 2004-02-25 09:14:04
Wo ist Wattenscheidt ?
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Wo ist Wattenscheidt ? seattledirk - 2004-02-25 12:36:14
Meine Oma hat ihre Suppenh�hner noch solcherma�en in den Topf bef�rdert, dass sie erst mit einem dicken Kn�ppel bewu�tlos geschlagen wurden und ihnen dann der Kopf abgehackt wurde. Ich fand das als kleines Kind nicht unanst�ndig. Soviel zum robusten Gem�t. Andererseits finde ich diese Art Sport ziemlich bescheuert. Mit Essen spielt man nicht!
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Meine Oma hat ihre Suppenh�hner noch solcherma�en in den Topf bef�rdert, dass sie erst mit einem dicken Kn�ppel bewu�tlos geschlagen wurden und ihnen dann der Kopf abgehackt wurde. Ich fand das als kleines Kind nicht unanst�ndig. Soviel zum robusten Gem�t. Andererseits finde ich diese Art Sport ziemlich bescheuert. Mit Essen spielt man nicht! Markus - 2004-02-25 13:48:43
Ist eine Gans nun vorrangig Essen oder doch ein Tier?
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Ist eine Gans nun vorrangig Essen oder doch ein Tier?