2002-07-19 - 23:30 - Eine Verlobung mit Hindernissen

Entschuldigt die lange Schreibpause, aber das Wochenende im Scho�e der Familie war - wie �blich - derma�en anstrengend, da� ich mich immer noch nicht wieder ganz davon erholt habe und abends meist so fr�h ins Bett falle, da� ich nicht mehr zum Schreiben komme. Wie bereits kurz erw�hnt, hat am vergangenen Samstag mein kleiner Bruder (der mit nunmehr 27 Jahren und etwa 1,94 m K�rperl�nge so "klein" wirklich nicht ist, und trotzdem wohl ewig mein kleiner Bruder bleiben wird) seine Verlobung gefeiert. Zu diesem Zweck ist die gesamte engere Verwandtschaft beider Familien angereist (und da ich haufenweise Cousins und Cousinen habe, die teilweise schon mit eigenen Kindern aufwarten k�nnen, und seine Verlobte nur eines von ganzen sechs Kindern ist, war der Kreis nicht gerade klein).

Wie bei solchen Feiern �blich stand allerdings mehr das Essen als das gl�ckliche Paar im Mittelpunkt, und die ersten K�stlichkeiten wurden bereits morgens um elf serviert - was allerdings nur den Auftakt zu einem ganzt�gigen Festschmaus darstellen sollte, welchen aufrechte Katholiken sicherlich mit dem Titel "V�llerei" (als "gula" �brigens eine der klassischen sieben Tods�nden aus der ber�chtigten Aufz�hlung von Papst Gregor I. - soviel zum Thema Bildungsexkurs) versehen und sich daraufhin erschaudernd abwenden w�rden. Aber solche Gelage haben auch einen ganz praktischen Nutzen, bes�nftigen sie doch mit viel Fett und Zucker die Nerven aller Anwesenden, die sich innerhalb der jeweiligen Familie immerhin so lange kennen, da� sie binnen Sekunden in ihre Lieblingsstreitereien verfallen k�nnen. Aber mit vollem Magen ist schlecht streiten, so da� statt dessen nur noch ritualisierte Wortgefechte ausgetragen werden k�nnen, die das Gewissen beruhigen, aber niemandem ernstlich schaden. Also arbeiteten wir als Gastgeber hart daran, da� die M�gen immer h�bsch zu tun hatten.

Bei der Gelegenheit war auch gut zu beobachten, da� nicht nur meine leicht neurotische Familie ihre gepflegten Lieblingsstreitthemen hat, sondern da� auch andere Familie mit solchen aufwarten k�nnen. So hielt etwa der Vater der Verlobten seinem �ltesten Sohn recht �ffentlich einen Vortrag �ber die Bedeutung von Ehrgeiz, Karriere und den Sinn eines schnellen Studiums - offenbar alles Dinge, die sich dem Sohn nicht ohne weiteres erschlie�en wollten. Der Vortrag klang derma�en routiniert, da� man versucht war, nach dem Tonband zu fahnden, welches vermutlich irgendwo im Innern des Vaters ohne sein Zutun abgespult wurde. Dementsprechend gro� war �brigens auch die Freude besagten Vaters �ber die Verlobung seiner Tochter mit einem grundsoliden Mann aus gutem Hause, wie er nicht m�de wurde zu betonen.

Nat�rlich bedarf eine solche Feier seitens der Gastgeber tagelanger Vorbereitungen, die ihren recht hindernisreichen Abschlu� erst am Morgen kurz vor Eintreffen der G�ste finden. Oder aber eben gar nicht mehr rechtzeitig, wie im Falle der frisch lackierten Mini-Staffeleien, die als Men�karten-Halter dienen sollten. Die Farbe war leider nicht ganz getrocknet, und auch die F�nversuche meines Bruders brachten keine Abhilfe, so da� die G�ste beim Studium der Speisefolge unweigerlich wei�e Finger bekamen - sofern die Staffeleien �berhaupt noch von der Tischdecke zu l�sen waren. (Aber wozu gibt es schlie�lich den sch�nen Spruch: "Es wird gegessen was auf den Tisch kommt.")

Ich war bereits fr�h auf den Beinen, hatte es aber am Abend zuvor leider vers�umt, meine Fu�n�gel passend zu lackieren (erw�hnte ich schon, da� ich gelegentlich eitel bin?). Also mu�te ich das morgens nachholen und die restlichen Vorbereitungen in meinen Flip-Flops erledigen, die als einzige Schuhe den Zehenn�geln genug Raum zum Trocknen boten. Leider boten sie aber auch unserem verr�ckten Familienhund genug Angriffsfl�che f�r eine seiner Attacken. Der Hund ist der gr��te bekannte Fu�fetischist und kann einfach keinem nackten Fu� widerstehen. Er st�rzte sich auch gleich ganz hektisch vor Aufregung auf meine Zehen und schleckte mit Hingabe den soeben aufgetragenen Nagellack wieder ab.

Nachdem die Hundezunge gereinigt und die Lacksch�den ausgebessert waren, bot mir meine Mutter eine Schale Himbeeren aus unserem Garten als schnelles Fr�hst�ck an (nicht da� das n�tig gewesen w�re): "Hier, Schatz, die sind von der Deko �briggeblieben, und du magst doch so gerne Himbeeren." Und ich begann, gen��lich die Himbeeren zu verspeisen, bis mir die Leckerei fast, ja fast wortw�rtlich im Halse stecken blieb. Denn pl�tzlich f�hlte sich das weniger nach Himbeeren als vielmehr nach pieksigem Metall an, und bei n�herer Inspektion stellte sich das Etwas dann als Stecknadel heraus. Entsetzt rief ich meine Mutter und konnte diesen heimt�ckischen Anschlag auf mein Leben kaum fassen. Aber meine Mutter sagte nur mit einem strahlenden L�cheln: "Ach, die mu� wohl da reingefallen sein, als ich vorhin die B�nder an den Tischdecken feststecken wollte. Fein, da� du sie nun gefunden hast. Nicht auszudenken, wenn die kleinen Kinder sie gefunden und verschluckt h�tten (sic!)." Sprach's, nahm sie und steckte sie wieder an die Pinnwand. Einfach reizend, meine Familie!

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Eine Verlobung mit Hindernissen 2002-07-19 23:30 Entschuldigt die lange Schreibpause, aber das Wochenende im Scho�e der Familie war - wie �blich - derma�en anstrengend, da� ich mich immer noch nicht wieder ganz davon erholt habe und abends meist so fr�h ins Bett falle, da� ich nicht mehr zum Schreiben komme. Wie bereits kurz erw�hnt, hat am vergangenen Samstag mein kleiner Bruder (der mit nunmehr 27 Jahren und etwa 1,94 m K�rperl�nge so "klein" wirklich nicht ist, und trotzdem wohl ewig mein kleiner Bruder bleiben wird) seine Verlobung gefeiert. Zu diesem Zweck ist die gesamte engere Verwandtschaft beider Familien angereist (und da ich haufenweise Cousins und Cousinen habe, die teilweise schon mit eigenen Kindern aufwarten k�nnen, und seine Verlobte nur eines von ganzen sechs Kindern ist, war der Kreis nicht gerade klein).

Wie bei solchen Feiern �blich stand allerdings mehr das Essen als das gl�ckliche Paar im Mittelpunkt, und die ersten K�stlichkeiten wurden bereits morgens um elf serviert - was allerdings nur den Auftakt zu einem ganzt�gigen Festschmaus darstellen sollte, welchen aufrechte Katholiken sicherlich mit dem Titel "V�llerei" (als "gula" �brigens eine der klassischen sieben Tods�nden aus der ber�chtigten Aufz�hlung von Papst Gregor I. - soviel zum Thema Bildungsexkurs) versehen und sich daraufhin erschaudernd abwenden w�rden. Aber solche Gelage haben auch einen ganz praktischen Nutzen, bes�nftigen sie doch mit viel Fett und Zucker die Nerven aller Anwesenden, die sich innerhalb der jeweiligen Familie immerhin so lange kennen, da� sie binnen Sekunden in ihre Lieblingsstreitereien verfallen k�nnen. Aber mit vollem Magen ist schlecht streiten, so da� statt dessen nur noch ritualisierte Wortgefechte ausgetragen werden k�nnen, die das Gewissen beruhigen, aber niemandem ernstlich schaden. Also arbeiteten wir als Gastgeber hart daran, da� die M�gen immer h�bsch zu tun hatten.

Bei der Gelegenheit war auch gut zu beobachten, da� nicht nur meine leicht neurotische Familie ihre gepflegten Lieblingsstreitthemen hat, sondern da� auch andere Familie mit solchen aufwarten k�nnen. So hielt etwa der Vater der Verlobten seinem �ltesten Sohn recht �ffentlich einen Vortrag �ber die Bedeutung von Ehrgeiz, Karriere und den Sinn eines schnellen Studiums - offenbar alles Dinge, die sich dem Sohn nicht ohne weiteres erschlie�en wollten. Der Vortrag klang derma�en routiniert, da� man versucht war, nach dem Tonband zu fahnden, welches vermutlich irgendwo im Innern des Vaters ohne sein Zutun abgespult wurde. Dementsprechend gro� war �brigens auch die Freude besagten Vaters �ber die Verlobung seiner Tochter mit einem grundsoliden Mann aus gutem Hause, wie er nicht m�de wurde zu betonen.

Nat�rlich bedarf eine solche Feier seitens der Gastgeber tagelanger Vorbereitungen, die ihren recht hindernisreichen Abschlu� erst am Morgen kurz vor Eintreffen der G�ste finden. Oder aber eben gar nicht mehr rechtzeitig, wie im Falle der frisch lackierten Mini-Staffeleien, die als Men�karten-Halter dienen sollten. Die Farbe war leider nicht ganz getrocknet, und auch die F�nversuche meines Bruders brachten keine Abhilfe, so da� die G�ste beim Studium der Speisefolge unweigerlich wei�e Finger bekamen - sofern die Staffeleien �berhaupt noch von der Tischdecke zu l�sen waren. (Aber wozu gibt es schlie�lich den sch�nen Spruch: "Es wird gegessen was auf den Tisch kommt.")

Ich war bereits fr�h auf den Beinen, hatte es aber am Abend zuvor leider vers�umt, meine Fu�n�gel passend zu lackieren (erw�hnte ich schon, da� ich gelegentlich eitel bin?). Also mu�te ich das morgens nachholen und die restlichen Vorbereitungen in meinen Flip-Flops erledigen, die als einzige Schuhe den Zehenn�geln genug Raum zum Trocknen boten. Leider boten sie aber auch unserem verr�ckten Familienhund genug Angriffsfl�che f�r eine seiner Attacken. Der Hund ist der gr��te bekannte Fu�fetischist und kann einfach keinem nackten Fu� widerstehen. Er st�rzte sich auch gleich ganz hektisch vor Aufregung auf meine Zehen und schleckte mit Hingabe den soeben aufgetragenen Nagellack wieder ab.

Nachdem die Hundezunge gereinigt und die Lacksch�den ausgebessert waren, bot mir meine Mutter eine Schale Himbeeren aus unserem Garten als schnelles Fr�hst�ck an (nicht da� das n�tig gewesen w�re): "Hier, Schatz, die sind von der Deko �briggeblieben, und du magst doch so gerne Himbeeren." Und ich begann, gen��lich die Himbeeren zu verspeisen, bis mir die Leckerei fast, ja fast wortw�rtlich im Halse stecken blieb. Denn pl�tzlich f�hlte sich das weniger nach Himbeeren als vielmehr nach pieksigem Metall an, und bei n�herer Inspektion stellte sich das Etwas dann als Stecknadel heraus. Entsetzt rief ich meine Mutter und konnte diesen heimt�ckischen Anschlag auf mein Leben kaum fassen. Aber meine Mutter sagte nur mit einem strahlenden L�cheln: "Ach, die mu� wohl da reingefallen sein, als ich vorhin die B�nder an den Tischdecken feststecken wollte. Fein, da� du sie nun gefunden hast. Nicht auszudenken, wenn die kleinen Kinder sie gefunden und verschluckt h�tten (sic!)." Sprach's, nahm sie und steckte sie wieder an die Pinnwand. Einfach reizend, meine Familie!