2003-06-28 - 20:30 - Mysterien der Menschheit - Teil 1

Zu den letzten mysterienumrankten Bereichen modernen weiblichen Lebens geh�rt der Friseurbesuch. Allerdings teilen sich Frauen da eindeutig in zwei Kategorien. F�r Kategorie eins ist der Friseur eine Art bester Freund, der neben der wohltuenden Kopfhautmassage immer den neuesten Celebrity-Gossip parat hat und an schlechten Tagen wahre Wunder f�r die geschundene Seele bewirken kann.

Kategorie zwei, zu der nat�rlich auch ich geh�re, behandelt schmerzende Seelen lieber mit Schokolade und z�hlt den Friseur zu den letzten ungez�hmten Naturgewalten, in dessen H�nden man sich rettungslos ausgeliefert f�hlt und bei dem das Ergebnis trotz modernster Technik unvorhersagbar bleibt.

Frauen der Kategorie eins haben nat�rlich einen Lieblingsfriseur, der, entschuldigt den Fehler, selbstverst�ndlich kein Friseur sondern ein Coiffeur ist, und dem sie bis zu dessen Pensionierung eisern treu bleiben, w�hrend Kategorie-II-Frauen verzweifelt von einem Laden zum n�chsten eilen und sich an jeden vermeintlich guten Tip wie an den letzten Strohhalm klammern.

Ich pers�nlich gehe lieber zum Zahnarzt als zum Friseur, was letztlich auch der Grund f�r meine Langhaarfrisur sein d�rfte. Und hat man erst mal lange Haare, sind die Meister ihres Fachs geradezu versessen darauf, m�glichst viel von der L�nge zu vernichten, unn�tige Stufen reinzuschneiden ("ganz fedrig, gell, f�r mehr Volumen") und die ganze Pracht "weicher" ums Gesicht fallen zu lassen, obwohl man hinterher garantiert aussehen wird wie die Fleischereifachverk�uferin aus dem Nachbarladen am Ende eines langen Arbeitstages.

Mein aktuellster Versuch der Hauptversch�nerung f�hrte mich entgegen meiner Gewohnheit mal nicht in einen empfohlenen Salon mit Terminvergabe ("wollen Sie zu Tina oder Tanja?"), in dem bei meiner Haarl�nge keiner die Schere auch nur anguckt, sofern ich nicht 100 Euro auf den Tisch lege. Heute habe ich mich in einen dieser g�nstigen "cut as you come"-L�den gewagt, in die man einfach reinspaziert, sich auf eine harte Holzbank fallen l��t und wartet, bis man an der Reihe ist.

Diese Gesch�fte unterscheiden sich eigentlich nur durch zwei Dinge von ihren nobleren Verwandten: Die Musik entspricht dem Kaufverhalten geschmacksbefreiter Vorstadt-Teenies, und die Angestellten haben die unverk�uflichsten Haarfarben selbst aufgebraucht (knallrot mit schwarzen Blockstreifen).

Ansonsten die gleichen Schrecknisse wie �berall. Das Waschbecken k�nnte genausogut auch als Genickbruch-Anlage dienen, die Farben der Plastik-Umh�ngem�ntelchen sind immer noch nicht augenfreundlicher geworden, und die Beleuchtung w�rde selbst Heidi Klum heroins�chtig aussehen lassen.

Ich f�hle mich extrem unwohl, was nicht unbedingt dadurch verbessert wird, das neben mir zwei Freundinnen der Kategorie I sitzen, die vergn�gt die Beine schwingen, den rosa Nagellack inspizieren und ununterbrochen schnattern. Ich hingegen sinke immer tiefer in meinen Sessel, als die feuerrote Tina mit sorgenvoll gerunzelter Stirn an einzelnen Str�hnen rumzerrt (sie hat hinterher beil�ufig erz�hlt, eigentlich mal Pferdepflegerin gelernt zu haben, aber der Unterschied von Haar und M�hne sei ja nicht soo gro�). Sah ich heute morgen auch schon so beschissen aus?

Erleichtert wird so ein Friseur-Besuch �brigens auch nicht dadurch, da� Herr Schulte etwa alle halbe Stunde grinsend zur T�r reinschlendert, ein wenig mi�trauisch auf den angetrockneten Schleim starrt, der meine aufget�rmten Haare ziert und mit einem vielsagenden Blick auf die Uhr wieder verschwindet.

Aber sein abschlie�endes Urteil l��t hoffen: "Zweieinhalb Stunden sp�ter und du siehst genauso aus wie vorher. Was soll der ganze Zauber?" Zumindest bin ich dieses Mal nicht offensichtlich verunstaltet worden.

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Mysterien der Menschheit - Teil 1 2003-06-28 20:30 Zu den letzten mysterienumrankten Bereichen modernen weiblichen Lebens geh�rt der Friseurbesuch. Allerdings teilen sich Frauen da eindeutig in zwei Kategorien. F�r Kategorie eins ist der Friseur eine Art bester Freund, der neben der wohltuenden Kopfhautmassage immer den neuesten Celebrity-Gossip parat hat und an schlechten Tagen wahre Wunder f�r die geschundene Seele bewirken kann.

Kategorie zwei, zu der nat�rlich auch ich geh�re, behandelt schmerzende Seelen lieber mit Schokolade und z�hlt den Friseur zu den letzten ungez�hmten Naturgewalten, in dessen H�nden man sich rettungslos ausgeliefert f�hlt und bei dem das Ergebnis trotz modernster Technik unvorhersagbar bleibt.

Frauen der Kategorie eins haben nat�rlich einen Lieblingsfriseur, der, entschuldigt den Fehler, selbstverst�ndlich kein Friseur sondern ein Coiffeur ist, und dem sie bis zu dessen Pensionierung eisern treu bleiben, w�hrend Kategorie-II-Frauen verzweifelt von einem Laden zum n�chsten eilen und sich an jeden vermeintlich guten Tip wie an den letzten Strohhalm klammern.

Ich pers�nlich gehe lieber zum Zahnarzt als zum Friseur, was letztlich auch der Grund f�r meine Langhaarfrisur sein d�rfte. Und hat man erst mal lange Haare, sind die Meister ihres Fachs geradezu versessen darauf, m�glichst viel von der L�nge zu vernichten, unn�tige Stufen reinzuschneiden ("ganz fedrig, gell, f�r mehr Volumen") und die ganze Pracht "weicher" ums Gesicht fallen zu lassen, obwohl man hinterher garantiert aussehen wird wie die Fleischereifachverk�uferin aus dem Nachbarladen am Ende eines langen Arbeitstages.

Mein aktuellster Versuch der Hauptversch�nerung f�hrte mich entgegen meiner Gewohnheit mal nicht in einen empfohlenen Salon mit Terminvergabe ("wollen Sie zu Tina oder Tanja?"), in dem bei meiner Haarl�nge keiner die Schere auch nur anguckt, sofern ich nicht 100 Euro auf den Tisch lege. Heute habe ich mich in einen dieser g�nstigen "cut as you come"-L�den gewagt, in die man einfach reinspaziert, sich auf eine harte Holzbank fallen l��t und wartet, bis man an der Reihe ist.

Diese Gesch�fte unterscheiden sich eigentlich nur durch zwei Dinge von ihren nobleren Verwandten: Die Musik entspricht dem Kaufverhalten geschmacksbefreiter Vorstadt-Teenies, und die Angestellten haben die unverk�uflichsten Haarfarben selbst aufgebraucht (knallrot mit schwarzen Blockstreifen).

Ansonsten die gleichen Schrecknisse wie �berall. Das Waschbecken k�nnte genausogut auch als Genickbruch-Anlage dienen, die Farben der Plastik-Umh�ngem�ntelchen sind immer noch nicht augenfreundlicher geworden, und die Beleuchtung w�rde selbst Heidi Klum heroins�chtig aussehen lassen.

Ich f�hle mich extrem unwohl, was nicht unbedingt dadurch verbessert wird, das neben mir zwei Freundinnen der Kategorie I sitzen, die vergn�gt die Beine schwingen, den rosa Nagellack inspizieren und ununterbrochen schnattern. Ich hingegen sinke immer tiefer in meinen Sessel, als die feuerrote Tina mit sorgenvoll gerunzelter Stirn an einzelnen Str�hnen rumzerrt (sie hat hinterher beil�ufig erz�hlt, eigentlich mal Pferdepflegerin gelernt zu haben, aber der Unterschied von Haar und M�hne sei ja nicht soo gro�). Sah ich heute morgen auch schon so beschissen aus?

Erleichtert wird so ein Friseur-Besuch �brigens auch nicht dadurch, da� Herr Schulte etwa alle halbe Stunde grinsend zur T�r reinschlendert, ein wenig mi�trauisch auf den angetrockneten Schleim starrt, der meine aufget�rmten Haare ziert und mit einem vielsagenden Blick auf die Uhr wieder verschwindet.

Aber sein abschlie�endes Urteil l��t hoffen: "Zweieinhalb Stunden sp�ter und du siehst genauso aus wie vorher. Was soll der ganze Zauber?" Zumindest bin ich dieses Mal nicht offensichtlich verunstaltet worden.