2003-08-23 - 19:30 - Die Kunst des Kompliments

Mit Komplimenten ist das so eine Sache, es gibt solche und solche. Als Teenager oder mit Anfang 20 bekommt man meist solche. Sofern man �berhaupt welche bekommt und nicht wie ich damals in die Kategorie jener bedauernswerter M�dchen f�llt, die von Jungs allenfalls als gelegentlich n�tzliche, aber g�nzlich asexuelle Randerscheinung betrachtet werden.

Ich war viel zu gro�, hatte keine Br�ste, redete schneller als die meisten Jungs unter Hormoneinflu� denken konnten, war bissig und sa� eh lieber nachts allein im Kerzenschein Rilke lesend auf dem Friedhof statt im zuckenden Licht irgendwelcher Diskotheken zu zappeln. Kurz, ich war auf diesem Sektor ein hoffnungsloser Fall, ein Ultra-Sp�tz�nder. Meine Mutter hatte bereits Sorge, der Z�nder sei ganz ausgefallen.

Sich normal entwickelnde M�dchen bekamen st�ndig solche Sachen zu h�ren wie: "Du hast so wundersch�ne Augen. Und so duftendes Haar." Was oft nichts anderes hie� als: "Kann ich jetzt endlich mal deine Titten anfassen, Dirk aus der 10ten hat doch auch schon."

Zu mir sagten die Jungs aus meinem Umfeld eher mal: "Ach, du siehst so sch�n unschuldig, freundlich und anst�ndig aus." Das war dann meist die Erkl�rung f�r die Tatsache, da� ich auf dem R�ckweg von Amsterdam den ganzen Stoff f�r die verd�chtiger wirkenden langhaarigen Musiker transportieren mu�te.

Mein Schicksal nahm erst so mit Mitte 20 eine entscheidende Wendung, als die Jungs von damals feststellten, da� Sch�nheitsk�niginnen zwar gute Troph�en abgeben, die b�sen Kommentare der ehemaligen Sch�lersprecherin im Bett aber auch ihren Reiz haben k�nnen. Hilfreich war sicherlich, da� ich endlich die Vorteile blutroter Lippenstifte zu schwarzen Haaren und unversch�mt dekolletierten Pullovern entdeckt hatte.

Die Komplimente wurden jetzt zahlreicher und allm�hlich auch origineller, zielten aber immer noch sehr direkt auf Sex, womit ich gut leben konnte, oder auf baldige Eheschlie�ung, was umgehend Fluchtreflexe ausl�ste. Neu waren die schl�pfrigen Kommentare �lterer Herren, bei denen nur die m�hsam anerzogene Achtung vor dem Alter den Griff zur n�chstbesten Waffe verhindert. Blick zum Dekollete, zum Hund und zur�ck zum Dekollete, dann: "Ach, bei Ihnen w�re ich auch wirklich gern mal Hund." (K�nnen sie nat�rlich haben, kostet aber 500 Euro pro Stunde und ist nicht ganz schmerzfrei.)

Es dauerte dann noch mal eine ganze Weile, bis ich endlich die aktuelle Lebensphase erreichte, in der nicht nur der Sex verdammt gut wird, sondern man neben Komplimenten von der Stange auch solche bekommt, an die man sich auch zehn Jahre sp�ter noch erinnern wird.

Was ich damit meine? Heute morgen fand ich �berraschend ein P�cken in der Post. Auf der beiliegenden Karte stand nur: "Weil Du Rock'n'Roll bist ..." Das meine ich. Das ist Sex. Und dagegen ist die ganze Jugend nichts.

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Die Kunst des Kompliments 2003-08-23 19:30 Mit Komplimenten ist das so eine Sache, es gibt solche und solche. Als Teenager oder mit Anfang 20 bekommt man meist solche. Sofern man �berhaupt welche bekommt und nicht wie ich damals in die Kategorie jener bedauernswerter M�dchen f�llt, die von Jungs allenfalls als gelegentlich n�tzliche, aber g�nzlich asexuelle Randerscheinung betrachtet werden.

Ich war viel zu gro�, hatte keine Br�ste, redete schneller als die meisten Jungs unter Hormoneinflu� denken konnten, war bissig und sa� eh lieber nachts allein im Kerzenschein Rilke lesend auf dem Friedhof statt im zuckenden Licht irgendwelcher Diskotheken zu zappeln. Kurz, ich war auf diesem Sektor ein hoffnungsloser Fall, ein Ultra-Sp�tz�nder. Meine Mutter hatte bereits Sorge, der Z�nder sei ganz ausgefallen.

Sich normal entwickelnde M�dchen bekamen st�ndig solche Sachen zu h�ren wie: "Du hast so wundersch�ne Augen. Und so duftendes Haar." Was oft nichts anderes hie� als: "Kann ich jetzt endlich mal deine Titten anfassen, Dirk aus der 10ten hat doch auch schon."

Zu mir sagten die Jungs aus meinem Umfeld eher mal: "Ach, du siehst so sch�n unschuldig, freundlich und anst�ndig aus." Das war dann meist die Erkl�rung f�r die Tatsache, da� ich auf dem R�ckweg von Amsterdam den ganzen Stoff f�r die verd�chtiger wirkenden langhaarigen Musiker transportieren mu�te.

Mein Schicksal nahm erst so mit Mitte 20 eine entscheidende Wendung, als die Jungs von damals feststellten, da� Sch�nheitsk�niginnen zwar gute Troph�en abgeben, die b�sen Kommentare der ehemaligen Sch�lersprecherin im Bett aber auch ihren Reiz haben k�nnen. Hilfreich war sicherlich, da� ich endlich die Vorteile blutroter Lippenstifte zu schwarzen Haaren und unversch�mt dekolletierten Pullovern entdeckt hatte.

Die Komplimente wurden jetzt zahlreicher und allm�hlich auch origineller, zielten aber immer noch sehr direkt auf Sex, womit ich gut leben konnte, oder auf baldige Eheschlie�ung, was umgehend Fluchtreflexe ausl�ste. Neu waren die schl�pfrigen Kommentare �lterer Herren, bei denen nur die m�hsam anerzogene Achtung vor dem Alter den Griff zur n�chstbesten Waffe verhindert. Blick zum Dekollete, zum Hund und zur�ck zum Dekollete, dann: "Ach, bei Ihnen w�re ich auch wirklich gern mal Hund." (K�nnen sie nat�rlich haben, kostet aber 500 Euro pro Stunde und ist nicht ganz schmerzfrei.)

Es dauerte dann noch mal eine ganze Weile, bis ich endlich die aktuelle Lebensphase erreichte, in der nicht nur der Sex verdammt gut wird, sondern man neben Komplimenten von der Stange auch solche bekommt, an die man sich auch zehn Jahre sp�ter noch erinnern wird.

Was ich damit meine? Heute morgen fand ich �berraschend ein P�cken in der Post. Auf der beiliegenden Karte stand nur: "Weil Du Rock'n'Roll bist ..." Das meine ich. Das ist Sex. Und dagegen ist die ganze Jugend nichts.

Alter Sack - 2003-08-23 18:16:06
Jugend ist sowie das meist�bersch�tzte Ideal in unserer Gesellschaft: sie ist verg�nglich, nicht k�uflich - und vor allem voll von unrealistischen Idealen, die man sich sch�mt in sp�teren Jahren zu erw�hnen. Andererseits: ich hab mich in jedem Alter wohl gef�hlt.

Zu den Komplimenten: wie zitierte Anke Pete Townshend heute so sch�n? "Be kind, be real, or get out of my face." Dem ist nichts hinzuzuf�gen.
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Jugend ist sowie das meist�bersch�tzte Ideal in unserer Gesellschaft: sie ist verg�nglich, nicht k�uflich - und vor allem voll von unrealistischen Idealen, die man sich sch�mt in sp�teren Jahren zu erw�hnen. Andererseits: ich hab mich in jedem Alter wohl gef�hlt.

Zu den Komplimenten: wie zitierte Anke Pete Townshend heute so sch�n? "Be kind, be real, or get out of my face." Dem ist nichts hinzuzuf�gen. Thomas - 2003-08-25 16:46:39
Lyssa ist mehr als Rock'n'Roll ;-)
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Lyssa ist mehr als Rock'n'Roll ;-) cerebus - 2003-08-25 18:26:01
Was gibt es mehr als Rock'n'Roll? Das ist echt ein Oberporno-Kompliment!
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Was gibt es mehr als Rock'n'Roll? Das ist echt ein Oberporno-Kompliment! stefan - 2003-08-26 04:14:52
lyssa, bin ich denn der einzige, den interessiert, was IN dem p�ckchen war? ich mein, au�er der karte! sag, sag, sag, sag...
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lyssa, bin ich denn der einzige, den interessiert, was IN dem p�ckchen war? ich mein, au�er der karte! sag, sag, sag, sag... Pepino - 2003-08-26 19:39:16
Gratuliere!!! ... und ja, ich w�rde auch gerne wissen, was in dem Paket war...
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Gratuliere!!! ... und ja, ich w�rde auch gerne wissen, was in dem Paket war... Thomas - 2003-08-27 08:41:36
@cerebus: War das P�ckchen etwas von dir *fg*?

"Du bist Sex, Drugs & Rock'n'Roll" w�re dann das Ober-Oberporno-Kompliment.
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@cerebus: War das P�ckchen etwas von dir *fg*?

"Du bist Sex, Drugs & Rock'n'Roll" w�re dann das Ober-Oberporno-Kompliment. Scott - 2003-08-27 16:43:39
Kann man(n) diese Kunst auch etwas sp�t neu erlernen? http://www.papascott.de/2003/08/27/2538.php
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Kann man(n) diese Kunst auch etwas sp�t neu erlernen? http://www.papascott.de/2003/08/27/2538.php