Lyssas Lounge - country style

2003-10-14 - 19:15 - Herr Kaiser und der vegetarische Blowjob

Ich hab zwar von Frankfurt nicht sehr viel mehr gesehen als die Messehallen und ein paar Stra�en rund um den Merianplatz, aber die Tage dort waren auch so aufregend genug, was nur sehr sekund�r mit der Messe selbst zu tun hatte. Ich habe n�mlich nicht in irgendeinem Hotel �bernachtet, was dank der Kombination von Messetarif und Studentenbudget auch wenig ratsam gewesen w�re, sondern hatte mich privat einquartiert.

An sich ja nicht ungew�hnlich, aber ich kannte meinen Gastgeber vorher nicht. Zumindest nicht live von Angesicht zu Angesicht. Wir hatten zwar schon etliche Monate ausgiebig gemailt und auch nicht gerade selten telefoniert, aber wir waren uns noch nie pers�nlich begegnet. Irgendwann kam dann das Gespr�ch auf die Buchmesse, er bot mir ein Zimmer an, ich sagte dankend zu - und damit war die �bernachtung vereinbarte Sache.

Da die letzten Tage vor der Messe ziemlich hektisch waren, kamen mir richtig ernste Zweifel an meiner Planung erst als ich im Zug sa�. Viel zu sp�t also, um sich dar�ber klarzuwerden, da� man soeben im Begriff ist, drei N�chte bei einem eigentlich wildfremden Mann zu verbringen, der irgendwann vor einem Jahr mal zuf�llig auf mein kleines Weblog hier gesto�en und in den folgenden Monaten zu einem meiner absoluten Lieblingsleser avanciert ist. Und dessen Adresse und Telefonnummer man ganz vergessen hat irgendwo zu hinterlegen ...

Nat�rlich hatten wir uns per Mail und Telefon schon recht gut kennengelernt und nat�rlich hab ich auch vorher schon Menschen getroffen, die ich eigentlich "nur" aus dem Netz kannte. Aber doch nie in einer fremden Stadt, drei N�chte inbegriffen. Bei einem Blind Date im Caf� kann man jederzeit aufstehen und gehen, bei einem Bloggertreffen finden sich immer nette Gespr�chspartner, aber was sollte ich bitte allein ohne Herberge in Frankfurt tun, falls sich der sympathische Herr Kaiser mit der wundersch�nen Telefonstimme (eigentlich ja Kaiser-ohne-Land, aber das w�re sehr lang und auch schon wieder eine andere Geschichte) pl�tzlich als komplett gest�rter Soziopath entpuppen sollte? Und er w�re nicht der erste seiner Art ...

Herr R�ll hatte mir zwar freundlicherweise eine Ausweichm�glichkeit angeboten, aber Herrn R�ll kannte ich ja nun auch noch nicht pers�nlich. Also sa� ich angesichts dieser sp�ten Erkenntnis verdammt nerv�s im Zug, rannte st�ndig aufs Klo, war unf�hig mich auf mein Buch zu konzentrieren, zwirbelte an meinen Haaren herum, grinste meine sichtlich irritierten Sitznachbarn hektisch an, �berlegte, ob es heute eigentlich noch die gute alte Bahnhofsmission gibt und verfluchte mich selbst. Erst leise, dann schlie�lich laut, sehr zum Entsetzen der Mitreisenden: "Herrjeh Lyssa, wie kann man nur so bescheuert sein. Und das in deinem Alter. Nix dazugelernt?"

Aber zum Gl�ck hat die Bahn ja nun dieses kundenfeindliche neue Tarifsystem, das spontane R�ckfahrten ohne Aufpreis zu sp�ter Stunde verbietet, und so blieb mir nichts anderes �brig als mit meinem Unbehagen zu k�mpfen und im vereinbarten Caf� auf meinen Lieblingsleser zu warten. Der war angeblich genauso nerv�s, lie� sich das aber nicht anmerken, als er l�chelnd durch die T�r spazierte und mich umarmte.

Ok, der erste Teil war geschafft, er sah genau so charmant aus wie auf den gemailten Fotos, weder 20 Jahre �lter, noch 20 cm kleiner oder 30 kg schwerer (lacht ruhig, alles schon gehabt, ich darf auf Stadtgeflysster 6 verweisen). Viel Zeit f�r weitere Zweifel blieb auch nicht, denn kaum hatte ich mein typisch weibliches �bergep�ck seinen Katzen zur weiteren Aufbewahrung �bergeben, waren wir schon unterwegs zum Konzert der Schweizer Band Phebus.

Einen Live-Auftritt von Phebus kann ich Euch �brigens nur w�rmstens ans Herz legen (sofern Ihr gitarrenlastige Rockmusik m�gt und nichts gegen einen Typen am Keyboard habt, der direkt aus einem alten AHA-Video gefallen zu sein scheint). Der S�nger hat eine unglaubliche Ausstrahlung, was man zuerst gar nicht glauben will, wenn man ihn so ganz still, klein und zerbrechlich mit geschlossenen Augen vor dem gro�en Mikro auf der B�hne stehen sieht. Aber dann macht er diese dunklen Augen auf, die seine wirklich gute Stimme perfekt erg�nzen, tobt �ber die B�hne und ... �hm, ja, wo war blo� der Aus-Schalter f�r diesen verdammten Teenie-Schw�rmerei-Modus? Ich wende mich wohl besser wieder anderen Themen zu.

Also, Konzert war klasse, die anschlie�enden Cocktails auch und die Nacht wurde noch lang. Genau wie die n�chsten auch, was meinen erb�rmlichen Zustand auf der Buchmesse erkl�ren d�rfte. Verlegen grinsen mu�te ich nur noch einmal, als seine Mitbewohnerin interessiert fragte, ob ich denn auch eine alte Studienfreundin sei oder ob wir uns vom Job her kennen w�rden. Die Antwort "n�, aus dem Internet" klingt selbst in meinen Ohren immer noch nicht so ganz gesellschaftstauglich.

Herr Kaiser war es auch, der mich zum Geburtstag in ein wirklich hervorragendes vietnamesisches Restaurant einlud (das "Toan") und mich fachkundig in die Geheimnisse der vietnamesischen K�che einf�hrte, die ich bislang str�flich vernachl�ssigt hatte. Das wird sich k�nftig �ndern, auch wenn ich mich an die Sommerrollen erst noch gew�hnen mu�.

Nat�rlich ist das einerseits ein ganz normales, ziemlich leckres Nahrungsmittel, aber f�r untrainierte Esser mit normaler Phantasiebegabung und durchschnittlichem Hormonhaushalt gleicht es verd�chtig einem gutgebauten m�nnlichen Geschlechtsteil. Sowohl optisch als auch haptisch dank der k�hlen Au�enh�lle, unter der sich deutlich die Sprossen abzeichnen ... Himmel, ich verliere heute st�ndig den Faden.

Hinzu kommt, da� man das Ding zuerst in eine So�e taucht und dann von vorn abbei�t, so da� die So�e an den Seiten �u�erst unanst�ndig wieder herausquillt - zumindest behauptet Herr Kaiser, das w�rde so gegessen. Ich will allerdings nicht ausschlie�en, da� ich mich nur zu seiner und der Erheiterung der �brigen Anwesenden derart vorf�hren lassen mu�te. Aber eine moderne Frau meistert auch einen �ffentlichen Veggie-Blowjob mit W�rde. Jawohl.

Dieses hervorragende Abendessen war �brigens auch der Grund daf�r, da� ich das spontane Bloggertreffen am Donnerstag nach der Messe verpa�t habe. Das f�hrte schon im Vorfeld zu Diskussionen mit den anwesenden Bloggern dar�ber, warum ich von Lesern zum Essen eingeladen werde, andere Anwesende aber nicht. Das Fazit der M�nnerrunde lautete: Weil du eine Frau bist. Ich glaube aber, es liegt zum gr��ten Teil an meinen Themen, Jungs. Ihr bloggt �ber Technik und bekommt daf�r die spannenden IT-Jobs. Ich schreibe �ber Sex und bekomme Fanpost und gutes Essen. So l�uft das halt.

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