2002-08-02 - 11:19 - Von Helden und Ungeheuern

Scheinbar gibt es viele, die sich Sorgen machen, ich k�nnte hier so allein an der Nordsee vereinsamen und ein wenig wunderlich werden (noch wunderlicher?), und die mich daher durch Besuche vor diesem Schicksal bewahren m�chten. Aber die Sorge ist g�nzlich unbegr�ndet, wozu habe ich schlie�lich unseren sehr unterhaltsamen Hund mitgenommen? Aber nat�rlich freue ich mich fast immer �ber lieben Besuch. Den Anfang machte �brigens Frank, der bereits einen Tag nach meiner Ankunft kam.

Und sein Besuch war wirklich eine Wohltat. Er geht ebenso gern spazieren wie ich und teilt meine Vorliebe f�r guten Fisch, er hatte auch etwas zu arbeiten und kann stundenlang in Ruhe auf dem Sofa liegen und lesen. Dementsprechend gestaltete sich auch sein kurzer Besuch hier. Ich bin zu einem hervorragenden Abendessen in mein �rtliches Lieblingsfischrestaurant eingeladen worden, und wir haben anschlie�end die halbe Nacht �ber berufliche Planungen und deren Vereinbarkeit mit dem pers�nlichen Lebensstil, �ber Werte und unterschiedliche Priorit�ten und generell �ber sehr verschiedene Lebensentw�rfe geredet. Ich fand's spannend und bereichernd, Marc war da anderer Ansicht, wie er uns telefonisch wissen lie�: "Kein Wunder, da� Euch diese ewige, anstrengende Gr�belei auf Dauer depressiv macht."

Inzwischen ist Q hier eingetroffen, der sich mein Auto geliehen hatte und die R�ckgabe zu einem kleinen Besuch nutzen wollte. Kurz nach seiner Ankunft mu�te ich schnell mal in den Nachbarort zum Einkaufen fahren. Q wollte mich begleiten und �ffnete mir, ganz der Gentleman, die Beifahrert�r zuerst. Kaum war er selbst jedoch auch eingestiegen, schrie er pl�tzlich laut auf. Und in der n�chsten Sekunde sprang er mir auch schon mit einem gewaltigen Hopser vom Fahrersitz aus auf den Scho�.

Um dieses Bild ausreichend w�rdigen zu k�nnen, mu� man wissen, da� Q etwa 1,93 m gro� und nicht eben zartgliedrig gebaut ist. Au�erdem l�uft er gerne mal betont cool durch die Gegend und gibt mit Vorliebe den unersch�tterlichen, unnahbaren Helden (klassischer Fall von fr�hkindlicher Bogart-Pr�gung durch �berf�tterung mit dessen Filmen), auch wenn hinter der Fassade stets ein bi�chen das putzige Kerlchen hervorlugt, das eigentlich in ihm steckt.

Ich kam nicht mal dazu, ihn zu fragen, was denn passiert sei, da kreischte er auch schon wieder los und quietschte mit sich �berschlagender Stimme etwas von einer Spinne, einer Riesenspinne, einer wahren Monsterspinne und zappelte wild mit den eingequetschten Beinen (mein kleines Auto ist eben nicht wirklich f�r derartige Ausf�lle konzipiert worden). Das possierliche Tierchen krabbelte derweil nicht minder panisch an seinem behosten Bein auf und ab und suchte, empfindlich in seiner Mittagsruhe gest�rt, verzweifelt einen Fluchtweg.

Ich konnte das aufsteigende Lachen leider nicht l�nger unterdr�cken. Offensichtlich unangemessen, denn das emp�rte Q erst recht, und er br�llte verst�rkt zappelnd etwas von t�dlichen Giftspinnen: "Sie hat ein Kreuz auf dem R�cken, das ist das Zeichen, ich schw�r's Dir. Mach sie endlich weg, rette mich." Zum Gl�ck konnte ich mir in dem Moment jeglichen Hinweis auf den Mangel an Giftspinnen in unseren Breitengraden sowie auf seine durch Jeans gesch�tzten Beine verkneifen. Statt dessen durfte ich unverhofft die Heldin mimen, nahm also die kleine Spinne, setzte sie vorsichtig an die frische Luft und befreite so beide von ihrem Ungemach (zugegeben, ein l�ngerer Arbeitsaufenthalt in Afrika l��t einen solche Begegnungen mit Gelassenheit sehen).

So ist das halt mit Helden, manchmal ist die Entzauberung erschreckend, meist aber eher erheiternd und sehr menschlich. Bogart war in Wirklichkeit winzig und mu�te immer auf Kisten rumstehen, um neben seinen langbeinigen Filmpartnerinnen den m�nnlichen Schein zu wahren, und Q hat eine lustige Abneigung gegen achtbeinige, kleine Tierchen, die ihn binnen Millisekunden seiner gesamten Coolness berauben.

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Von Helden und Ungeheuern 2002-08-02 11:19 Scheinbar gibt es viele, die sich Sorgen machen, ich k�nnte hier so allein an der Nordsee vereinsamen und ein wenig wunderlich werden (noch wunderlicher?), und die mich daher durch Besuche vor diesem Schicksal bewahren m�chten. Aber die Sorge ist g�nzlich unbegr�ndet, wozu habe ich schlie�lich unseren sehr unterhaltsamen Hund mitgenommen? Aber nat�rlich freue ich mich fast immer �ber lieben Besuch. Den Anfang machte �brigens Frank, der bereits einen Tag nach meiner Ankunft kam.

Und sein Besuch war wirklich eine Wohltat. Er geht ebenso gern spazieren wie ich und teilt meine Vorliebe f�r guten Fisch, er hatte auch etwas zu arbeiten und kann stundenlang in Ruhe auf dem Sofa liegen und lesen. Dementsprechend gestaltete sich auch sein kurzer Besuch hier. Ich bin zu einem hervorragenden Abendessen in mein �rtliches Lieblingsfischrestaurant eingeladen worden, und wir haben anschlie�end die halbe Nacht �ber berufliche Planungen und deren Vereinbarkeit mit dem pers�nlichen Lebensstil, �ber Werte und unterschiedliche Priorit�ten und generell �ber sehr verschiedene Lebensentw�rfe geredet. Ich fand's spannend und bereichernd, Marc war da anderer Ansicht, wie er uns telefonisch wissen lie�: "Kein Wunder, da� Euch diese ewige, anstrengende Gr�belei auf Dauer depressiv macht."

Inzwischen ist Q hier eingetroffen, der sich mein Auto geliehen hatte und die R�ckgabe zu einem kleinen Besuch nutzen wollte. Kurz nach seiner Ankunft mu�te ich schnell mal in den Nachbarort zum Einkaufen fahren. Q wollte mich begleiten und �ffnete mir, ganz der Gentleman, die Beifahrert�r zuerst. Kaum war er selbst jedoch auch eingestiegen, schrie er pl�tzlich laut auf. Und in der n�chsten Sekunde sprang er mir auch schon mit einem gewaltigen Hopser vom Fahrersitz aus auf den Scho�.

Um dieses Bild ausreichend w�rdigen zu k�nnen, mu� man wissen, da� Q etwa 1,93 m gro� und nicht eben zartgliedrig gebaut ist. Au�erdem l�uft er gerne mal betont cool durch die Gegend und gibt mit Vorliebe den unersch�tterlichen, unnahbaren Helden (klassischer Fall von fr�hkindlicher Bogart-Pr�gung durch �berf�tterung mit dessen Filmen), auch wenn hinter der Fassade stets ein bi�chen das putzige Kerlchen hervorlugt, das eigentlich in ihm steckt.

Ich kam nicht mal dazu, ihn zu fragen, was denn passiert sei, da kreischte er auch schon wieder los und quietschte mit sich �berschlagender Stimme etwas von einer Spinne, einer Riesenspinne, einer wahren Monsterspinne und zappelte wild mit den eingequetschten Beinen (mein kleines Auto ist eben nicht wirklich f�r derartige Ausf�lle konzipiert worden). Das possierliche Tierchen krabbelte derweil nicht minder panisch an seinem behosten Bein auf und ab und suchte, empfindlich in seiner Mittagsruhe gest�rt, verzweifelt einen Fluchtweg.

Ich konnte das aufsteigende Lachen leider nicht l�nger unterdr�cken. Offensichtlich unangemessen, denn das emp�rte Q erst recht, und er br�llte verst�rkt zappelnd etwas von t�dlichen Giftspinnen: "Sie hat ein Kreuz auf dem R�cken, das ist das Zeichen, ich schw�r's Dir. Mach sie endlich weg, rette mich." Zum Gl�ck konnte ich mir in dem Moment jeglichen Hinweis auf den Mangel an Giftspinnen in unseren Breitengraden sowie auf seine durch Jeans gesch�tzten Beine verkneifen. Statt dessen durfte ich unverhofft die Heldin mimen, nahm also die kleine Spinne, setzte sie vorsichtig an die frische Luft und befreite so beide von ihrem Ungemach (zugegeben, ein l�ngerer Arbeitsaufenthalt in Afrika l��t einen solche Begegnungen mit Gelassenheit sehen).

So ist das halt mit Helden, manchmal ist die Entzauberung erschreckend, meist aber eher erheiternd und sehr menschlich. Bogart war in Wirklichkeit winzig und mu�te immer auf Kisten rumstehen, um neben seinen langbeinigen Filmpartnerinnen den m�nnlichen Schein zu wahren, und Q hat eine lustige Abneigung gegen achtbeinige, kleine Tierchen, die ihn binnen Millisekunden seiner gesamten Coolness berauben.