2002-08-29 - 23:51 - Von Invasionen und Sinnfragen

Ich habe zwar �berall gelesen, da� es aufgrund des feucht-warmen Wetters in diesem Jahr eine extreme M�ckenplage gibt, aber niemand hatte mir gesagt, da� meine Wohnung Ziel einer regelrechten Invasion werden w�rde (hey, die sonstigen Katastrophen dieser Welt spielen sich auch nicht direkt in meinem Wohnzimmer ab, hier gibt's eigentlich nur hausgemachtes Drama). Nach einem anstrengenden Tag hatte ich mich mit einem Buch aufs Sofa gekuschelt und mu� dort auch ziemlich schnell eingeschlafen sein. Leider hatte ich wohl vergessen, da� noch ein winziges oberes Fenster auf Kipp stand.

Die Kombination von Licht und einem s�� duftenden, arglos schlafenden Menschen mu� eine absolut unwiderstehliche Wirkung auf die Biester gehabt haben, denn jetzt ist meine Zimmerdecke schwarz und das linke Auge bereits bedenklich zugeschwollen. Eine erste fl�chtige Volksz�hlung ergab etwa 60 ungebetene Blutsauger allein im Wohnzimmer. Erste Versuche der manuellen Bestandsdezimierung zeigten deutlich, da� ich nicht grad das Tapfere Schneiderlein bin und wohl demn�chst den Maler bestellen mu�, wenn ich weiter meine High Heels als Waffe nutze.

Also mu�te ein Plan B her. Ich erwog kurz, die M�cken zum Teufel, �hm, zu meiner singenden Nachbarin zu jagen, sah dann aber schnell die Sinnlosigkeit des Unterfangens ein. Ihr Mangel an Sangestalent gepaart mit unglaublicher Beharrlichkeit w�rde selbst den ausgehungertsten Blutsauger in die Flucht schlagen. Da w�rde also nur noch die chemische Keule helfen, doch leider lie� sich in der gesamten Wohnung nichts auftreiben, was auch nur im Entferntesten nach Insektizid aussah.

Einzig eine Riesenflasche Sagrotan, die wohl noch von meinem Umzugsputz �briggeblieben sein mu�te, sah einigerma�en bedrohlich aus. Einen Versuch schien es wert zu sein, und ich spr�hte gro�z�gig in Richtung der Zimmerdecke. Doch leider blieben die M�cken g�nzlich unger�hrt in Lauerstellung sitzen, w�hrend die kleinen Minitr�pfchen auf mich niederregneten und heftigste Niesanf�lle provozierten. Reagiere ich wom�glich allergisch auf "Hygiene im Haushalt"? Ich wei� schon lange, da� ich nie eine herausragende Hausfrau sein werde und lebe stets in angstvoller Erwartung des Tages, an dem meine Mutter zu Besuch kommt und schweigend auf all die kleinen Schmutzr�nder deutet, die ich an Lichtschaltern, T�rkanten und �hnlich versteckten Ecken �bersehen habe.

Mit dem Gef�hl, sowohl gegen die M�ckeninvasion als auch gegen diverse Schmutzr�nder endg�ltig verloren zu haben, lie� ich mich frustriert wieder aufs Sofa fallen und beschlo�, zur Ablenkung noch mal kurz durchs Programm zu zappen. Schwerer Fehler, denn ich blieb nach einigen Zapps durch Putzmittelwerbung bei RTL II h�ngen. Diesen Sender sollte man aber tunlichst ignorieren, sofern man das zarte Alter von 16 und einen IQ von etwa Zimmertemperatur �berschritten hat. Bei erwachsenen Frauen am Ende eines langen Tages k�nnen schon wenige Minuten des zweifelhaften Programmgenusses zu schweren Neurosen und mittleren Lebenskrisen f�hren. Ich mu�te nur etwa eine Minute zusehen, um endg�ltig der Verzweiflung anheim zu fallen. In dieser einen Minute verk�ndete eine junge Frau, knapp unter zwanzig, eine offensichtlich elementare Lebensweisheit, die mir bislang entgangen war: "Ich glaube, wir Frauen sind auf die Welt gekommen, um die M�nner beim Einkaufen zu beraten und optisch das Beste aus ihnen herauszuholen."

Aha, da waren also all die qualvoll durchwachten N�chte, die depressiven Episoden, die st�ndigen Selbstzweifel, die philosophische Lekt�re und die ununterbrochene Sinnsuche in vielen L�ndern dieser Erde v�llig vergebens? Der vertrackte Sinn des Lebens lag also schon immer nur einen kurzen Spaziergang entfernt in der Herrenabteilung gro�er Kaufh�user in der M�nckebergstra�e? H�tte ich mein Geld also doch lieber einem Herrenausstatter und nicht meiner Therapeutin in die Hand dr�cken sollen? Danke, RTL II, f�r diese erfrischend simple L�sung eines Problems, das mich schon mein Leben lang begleitet. K�nntest Du Dich evtl. in der n�chsten Woche noch einigen anderen dr�ngenden Fragen widmen - ich dachte da so an die Bev�lkerungsexplosion und den Welthunger. Das d�rfte doch f�r Dich dann auch nicht weiter schwierig sein.

Und da ich dank unserer restriktiven Ladenschlu�politik mein Leiden heute abend nicht mehr mit Hilfe von Herrenoberbekleidung beheben kann (und erfreulicherweise ohnehin kaum beratungsbed�rftige M�nner in meinem n�heren Umfeld habe), mu� ich mein Gl�ck wohl ein weiteres Mal darin suchen, Euch einen weitestgehend sinnfreien Tagebucheintrag zu bescheren. Gute Nacht!

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Von Invasionen und Sinnfragen 2002-08-29 23:51 Ich habe zwar �berall gelesen, da� es aufgrund des feucht-warmen Wetters in diesem Jahr eine extreme M�ckenplage gibt, aber niemand hatte mir gesagt, da� meine Wohnung Ziel einer regelrechten Invasion werden w�rde (hey, die sonstigen Katastrophen dieser Welt spielen sich auch nicht direkt in meinem Wohnzimmer ab, hier gibt's eigentlich nur hausgemachtes Drama). Nach einem anstrengenden Tag hatte ich mich mit einem Buch aufs Sofa gekuschelt und mu� dort auch ziemlich schnell eingeschlafen sein. Leider hatte ich wohl vergessen, da� noch ein winziges oberes Fenster auf Kipp stand.

Die Kombination von Licht und einem s�� duftenden, arglos schlafenden Menschen mu� eine absolut unwiderstehliche Wirkung auf die Biester gehabt haben, denn jetzt ist meine Zimmerdecke schwarz und das linke Auge bereits bedenklich zugeschwollen. Eine erste fl�chtige Volksz�hlung ergab etwa 60 ungebetene Blutsauger allein im Wohnzimmer. Erste Versuche der manuellen Bestandsdezimierung zeigten deutlich, da� ich nicht grad das Tapfere Schneiderlein bin und wohl demn�chst den Maler bestellen mu�, wenn ich weiter meine High Heels als Waffe nutze.

Also mu�te ein Plan B her. Ich erwog kurz, die M�cken zum Teufel, �hm, zu meiner singenden Nachbarin zu jagen, sah dann aber schnell die Sinnlosigkeit des Unterfangens ein. Ihr Mangel an Sangestalent gepaart mit unglaublicher Beharrlichkeit w�rde selbst den ausgehungertsten Blutsauger in die Flucht schlagen. Da w�rde also nur noch die chemische Keule helfen, doch leider lie� sich in der gesamten Wohnung nichts auftreiben, was auch nur im Entferntesten nach Insektizid aussah.

Einzig eine Riesenflasche Sagrotan, die wohl noch von meinem Umzugsputz �briggeblieben sein mu�te, sah einigerma�en bedrohlich aus. Einen Versuch schien es wert zu sein, und ich spr�hte gro�z�gig in Richtung der Zimmerdecke. Doch leider blieben die M�cken g�nzlich unger�hrt in Lauerstellung sitzen, w�hrend die kleinen Minitr�pfchen auf mich niederregneten und heftigste Niesanf�lle provozierten. Reagiere ich wom�glich allergisch auf "Hygiene im Haushalt"? Ich wei� schon lange, da� ich nie eine herausragende Hausfrau sein werde und lebe stets in angstvoller Erwartung des Tages, an dem meine Mutter zu Besuch kommt und schweigend auf all die kleinen Schmutzr�nder deutet, die ich an Lichtschaltern, T�rkanten und �hnlich versteckten Ecken �bersehen habe.

Mit dem Gef�hl, sowohl gegen die M�ckeninvasion als auch gegen diverse Schmutzr�nder endg�ltig verloren zu haben, lie� ich mich frustriert wieder aufs Sofa fallen und beschlo�, zur Ablenkung noch mal kurz durchs Programm zu zappen. Schwerer Fehler, denn ich blieb nach einigen Zapps durch Putzmittelwerbung bei RTL II h�ngen. Diesen Sender sollte man aber tunlichst ignorieren, sofern man das zarte Alter von 16 und einen IQ von etwa Zimmertemperatur �berschritten hat. Bei erwachsenen Frauen am Ende eines langen Tages k�nnen schon wenige Minuten des zweifelhaften Programmgenusses zu schweren Neurosen und mittleren Lebenskrisen f�hren. Ich mu�te nur etwa eine Minute zusehen, um endg�ltig der Verzweiflung anheim zu fallen. In dieser einen Minute verk�ndete eine junge Frau, knapp unter zwanzig, eine offensichtlich elementare Lebensweisheit, die mir bislang entgangen war: "Ich glaube, wir Frauen sind auf die Welt gekommen, um die M�nner beim Einkaufen zu beraten und optisch das Beste aus ihnen herauszuholen."

Aha, da waren also all die qualvoll durchwachten N�chte, die depressiven Episoden, die st�ndigen Selbstzweifel, die philosophische Lekt�re und die ununterbrochene Sinnsuche in vielen L�ndern dieser Erde v�llig vergebens? Der vertrackte Sinn des Lebens lag also schon immer nur einen kurzen Spaziergang entfernt in der Herrenabteilung gro�er Kaufh�user in der M�nckebergstra�e? H�tte ich mein Geld also doch lieber einem Herrenausstatter und nicht meiner Therapeutin in die Hand dr�cken sollen? Danke, RTL II, f�r diese erfrischend simple L�sung eines Problems, das mich schon mein Leben lang begleitet. K�nntest Du Dich evtl. in der n�chsten Woche noch einigen anderen dr�ngenden Fragen widmen - ich dachte da so an die Bev�lkerungsexplosion und den Welthunger. Das d�rfte doch f�r Dich dann auch nicht weiter schwierig sein.

Und da ich dank unserer restriktiven Ladenschlu�politik mein Leiden heute abend nicht mehr mit Hilfe von Herrenoberbekleidung beheben kann (und erfreulicherweise ohnehin kaum beratungsbed�rftige M�nner in meinem n�heren Umfeld habe), mu� ich mein Gl�ck wohl ein weiteres Mal darin suchen, Euch einen weitestgehend sinnfreien Tagebucheintrag zu bescheren. Gute Nacht!