2002-08-23 - 12:00 - Ein Requiem f�r Backwerk

Meinem Hals ging es erstaunlich schnell wieder besser (vielen Dank f�r die rege Anteilnahme via G�stebuch!), zumindest ist die unsch�ne R�tung zusammen mit den omin�sen Blasen verschwunden. Mein Bewegungsradius l��t zwar immer noch zu w�nschen �brig, aber damit kann ich gut ein paar Tage leben, auch wenn es mir anscheinend ein extrem arrogantes Auftreten verleiht. Kein Wunder, ich blicke schlie�lich notgedrungen mit hoch erhobenem Haupt stur geradeaus und bedenke mein Umfeld allenfalls mit knappen Seitenblicken.

Immerhin konnte ich mich gestern schon wieder in die �ffentlichkeit wagen, um dem alten Freund und neuen Leser Maximilian (Ihr wi�t schon, dem einkaufsberatenden, d�nkelbehafteten Bildungssnob) einen Geburtstagsbesuch abzustatten. Als ich aber gerade gedankenverloren die Stra�e entlang entlangklapperte, warf sich mir eine etwas pummelige Blondine mit einer Art Igelfrisur und rosa Wallebluse in den Weg. "Wo wollen Sie damit hin?" fragte sie mit leichtem Tremolo in der Stimme und deutete auf den Kuchen, den ich erst kurz zuvor im Schwei�e meines Angesichts f�r das Geburtstagskind gebacken hatte. Ich war so perplex, da� ich prompt brav antwortete: "Zu einem Geburtstagskaffee." Sie murmelte "Selbstgebacken?", und wieder konnte ich nur erstaunt nicken.

Pl�tzlich warf sie theatralisch die Arme in die H�he und rief: "Nein, so nicht. Nicht sooo! Das geht ganz und gar nicht. Der Kuchen ist ja g�nzlich tot!" Noch bevor ich meiner mittlerweile grenzenlosen Verbl�ffung angemessen Ausdruck verleihen konnte (oder direkt die freundlichen Herren in Wei� ordern konnte), schlich sie um mich herum, be�ugte den an sich harmlosen Gugelhupf kritisch von allen Seiten und murmelte, wild mit den H�nden wedelnd, unverst�ndliches Zeug. Dann rief sie erleichtert aus: "Schokolade!" Blo� um sich Sekunden sp�ter um die eigene Achse zu drehen, gleich einem sterbenden Schwan mit der �bertriebenen Gestik einer gealterten Stummfilmdiva h�chst dramatisch die abgeknickte Hand an die Stirn zu pressen und erneut gequ�lt zu rufen: "Oh nein, oh nein. Viel zu warm f�r Schokolade! Aber er ist doch so tot."

Ich starrte immer noch fassungslos auf die Walk�re und den Kuchen, war aber gleichzeitig viel zu fasziniert von dem Spektakel, um meinen Weg einfach fortzusetzen. Schlie�lich schien sie eine zufriedenstellende L�sung gefunden zu haben, denn ein gl�cklicher Ausdruck machte sich auf ihrem Gesicht breit, und sie raunte mir leise und in h�chst geheimnisvoller Manier etwas zu. "Puderzucker! Sie m�ssen ihn mit Puderzucker bestreuen. Sofort. Auf der Stelle. Glauben Sie mir, Ihr Kuchen wird sofort zum Leben erweckt! Gehen Sie, schnell, schnell. Dort, die Stra�e rauf ist ein Supermarkt. Z�gern Sie nicht l�nger." Sprach's und lie� mich mit offenem Mund auf der Stra�e stehen.

Ich ging trotz aller guten Ratschl�ge nicht mehr in den Supermarkt, sondern vertraute darauf, da� Maximilian sich auch �ber toten Kuchen freuen w�rde. Der �rmste sa� ohnehin etwas bl��lich und von schweren St�rungen seines Verdauungsapparates gebeutelt auf dem Sofa, so da� sich wohl eher seine Freundin mit dem toten Kuchen besch�ftigen wird. Nicht ganz passend zu Martini und Neglig�, aber man kann ja nicht immer Oliven im Haus haben.

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Ein Requiem f�r Backwerk 2002-08-23 12:00 Meinem Hals ging es erstaunlich schnell wieder besser (vielen Dank f�r die rege Anteilnahme via G�stebuch!), zumindest ist die unsch�ne R�tung zusammen mit den omin�sen Blasen verschwunden. Mein Bewegungsradius l��t zwar immer noch zu w�nschen �brig, aber damit kann ich gut ein paar Tage leben, auch wenn es mir anscheinend ein extrem arrogantes Auftreten verleiht. Kein Wunder, ich blicke schlie�lich notgedrungen mit hoch erhobenem Haupt stur geradeaus und bedenke mein Umfeld allenfalls mit knappen Seitenblicken.

Immerhin konnte ich mich gestern schon wieder in die �ffentlichkeit wagen, um dem alten Freund und neuen Leser Maximilian (Ihr wi�t schon, dem einkaufsberatenden, d�nkelbehafteten Bildungssnob) einen Geburtstagsbesuch abzustatten. Als ich aber gerade gedankenverloren die Stra�e entlang entlangklapperte, warf sich mir eine etwas pummelige Blondine mit einer Art Igelfrisur und rosa Wallebluse in den Weg. "Wo wollen Sie damit hin?" fragte sie mit leichtem Tremolo in der Stimme und deutete auf den Kuchen, den ich erst kurz zuvor im Schwei�e meines Angesichts f�r das Geburtstagskind gebacken hatte. Ich war so perplex, da� ich prompt brav antwortete: "Zu einem Geburtstagskaffee." Sie murmelte "Selbstgebacken?", und wieder konnte ich nur erstaunt nicken.

Pl�tzlich warf sie theatralisch die Arme in die H�he und rief: "Nein, so nicht. Nicht sooo! Das geht ganz und gar nicht. Der Kuchen ist ja g�nzlich tot!" Noch bevor ich meiner mittlerweile grenzenlosen Verbl�ffung angemessen Ausdruck verleihen konnte (oder direkt die freundlichen Herren in Wei� ordern konnte), schlich sie um mich herum, be�ugte den an sich harmlosen Gugelhupf kritisch von allen Seiten und murmelte, wild mit den H�nden wedelnd, unverst�ndliches Zeug. Dann rief sie erleichtert aus: "Schokolade!" Blo� um sich Sekunden sp�ter um die eigene Achse zu drehen, gleich einem sterbenden Schwan mit der �bertriebenen Gestik einer gealterten Stummfilmdiva h�chst dramatisch die abgeknickte Hand an die Stirn zu pressen und erneut gequ�lt zu rufen: "Oh nein, oh nein. Viel zu warm f�r Schokolade! Aber er ist doch so tot."

Ich starrte immer noch fassungslos auf die Walk�re und den Kuchen, war aber gleichzeitig viel zu fasziniert von dem Spektakel, um meinen Weg einfach fortzusetzen. Schlie�lich schien sie eine zufriedenstellende L�sung gefunden zu haben, denn ein gl�cklicher Ausdruck machte sich auf ihrem Gesicht breit, und sie raunte mir leise und in h�chst geheimnisvoller Manier etwas zu. "Puderzucker! Sie m�ssen ihn mit Puderzucker bestreuen. Sofort. Auf der Stelle. Glauben Sie mir, Ihr Kuchen wird sofort zum Leben erweckt! Gehen Sie, schnell, schnell. Dort, die Stra�e rauf ist ein Supermarkt. Z�gern Sie nicht l�nger." Sprach's und lie� mich mit offenem Mund auf der Stra�e stehen.

Ich ging trotz aller guten Ratschl�ge nicht mehr in den Supermarkt, sondern vertraute darauf, da� Maximilian sich auch �ber toten Kuchen freuen w�rde. Der �rmste sa� ohnehin etwas bl��lich und von schweren St�rungen seines Verdauungsapparates gebeutelt auf dem Sofa, so da� sich wohl eher seine Freundin mit dem toten Kuchen besch�ftigen wird. Nicht ganz passend zu Martini und Neglig�, aber man kann ja nicht immer Oliven im Haus haben.