2002-10-16 - 17:06 - Kanarienvogelgelbe Halluzinationen

Wenn ich auch nur einen Tick paranoider w�re (nein, sie sind nicht hinter mir her), w�rde ich sagen, die b�se Herstellerfirma oder aber mein hinterlistiger Apotheker haben mir irgendwelches Zeugs in meinen Bronchialtee gemixt. Anders lassen sich meine Alptr�ume und die sonderbaren Erscheinungen am fr�hen Morgen einfach nicht erkl�ren.

Im Traum wurde ich aus einer Psychiatrie entlassen (toll, hei�t das, ich darf in eine ruhigere Wohngegend ziehen?), um ein sonderbares Gesch�pf mit dem Decknamen "Onkel Werner" im Rollstuhl zum Telefon am Hauptbahnhof zu kutschieren. Nur leider hatte das Wesen starke �hnlichkeit mit Gollum statt mit einem landl�ufigen Onkel Werner.

Au�erdem hatte es einen befremdlichen Fetisch f�r Filztaschen, was dazu f�hrte, da� es jedes Mal wild kreischend den Rollstuhl umwarf (an den es �brigens aus Sicherheitsgr�nden gefesselt war), sobald es eine Frau mit eben solcher Handtasche entdeckte.

Wenn Onkel Gollum nicht grad seinerseits kreischte, fielen aggressive Frauen �ber mich her, um mich der sinnlosen Qu�lerei pelziger, unterern�hrter Verwandter im Rollstuhl zu beschuldigen. Wobei sich mir st�ndig nur zwei Fragen stellten: Kann man Verwandte auch mit Sinn qu�len? Und wozu braucht Onkel Gollum ein Telefon am Hauptbahnhof?

Wie so oft im Leben blieben diese elementaren Fragen jedoch ungekl�rt. Ich wachte schwei�gebadet und mit Herzrasen auf. Zur Ablenkung und angesichts des desolaten Zustands meiner K�chenvorr�te taperte ich schniefend und r�chelnd zum n�chsten B�cker.

Hier �berzeugte mich dann die vermeintliche Realit�t endg�ltig davon, da� irgend etwas mit mir oder meinem Tee nicht stimmen konnte. W�hrend ich noch geduldig in der langen morgendlichen Futterschlange anstand, rauschte eine kanarienvogelgelb gekleidete Frau mittleren Alters und Gewichts in die B�ckerei.

Sie dr�ngelte sich direkt zum Tresen durch, ohne die murrenden, unterkoffeinierten Menschen auch nur eines Blickes zu w�rdigen. Dort befahl sie dem verschreckten Azubi sofort den Chef zu holen. Die N�rgler hinter ihr brachte sie mit einem Blick aus ihren grauen Augen zum Schweigen, die unter einer schwarzen, garantiert sturmfesten Helmfrisur nichts Gutes verhie�en. Zur Unterst�tzung schwenkte sie drohend ihre graue, ich schw�re es (!), Filzhandtasche in Richtung der hungrigen Meute.

Als der nicht minder versch�chtert wirkende Chef endlich kam, schnauzte sie ihn nicht etwa wie allgemein erwartet an, sondern tr�llerte ihm ein schrilles "Sch�tzchen" entgegen. Dann beugte sie sich in seine Richtung, legte ihre beachtliche Oberweite auf der Theke ab und zwitscherte: "Mach mir doch bitte eines von deinen Sandwichs mit Putenbrust und K�se. Aber pers�nlich. Ich will nicht, da� der da (Gefuchtel in Richtung Azubi) mit seinen Pfoten in meinem Essen rumpatscht. Und leg eins von deinen s�ndigen K�chelchen dazu."

Sprach's, r�ckte ihr Dekollet� zurecht und blickte die verdutzte Menge beifallheischend an. Als es doch ein junger Mann wagte, sich leise murmelnd zu beschweren, t�tschelte die alternde Diva ihm mitf�hlend die Hand und sagte: "Sch�tzchen, w�rdest du besser aussehen, w�rde die Welt dich auch bevorzugt behandeln. Aber so ..."

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Kanarienvogelgelbe Halluzinationen 2002-10-16 17:06 Wenn ich auch nur einen Tick paranoider w�re (nein, sie sind nicht hinter mir her), w�rde ich sagen, die b�se Herstellerfirma oder aber mein hinterlistiger Apotheker haben mir irgendwelches Zeugs in meinen Bronchialtee gemixt. Anders lassen sich meine Alptr�ume und die sonderbaren Erscheinungen am fr�hen Morgen einfach nicht erkl�ren.

Im Traum wurde ich aus einer Psychiatrie entlassen (toll, hei�t das, ich darf in eine ruhigere Wohngegend ziehen?), um ein sonderbares Gesch�pf mit dem Decknamen "Onkel Werner" im Rollstuhl zum Telefon am Hauptbahnhof zu kutschieren. Nur leider hatte das Wesen starke �hnlichkeit mit Gollum statt mit einem landl�ufigen Onkel Werner.

Au�erdem hatte es einen befremdlichen Fetisch f�r Filztaschen, was dazu f�hrte, da� es jedes Mal wild kreischend den Rollstuhl umwarf (an den es �brigens aus Sicherheitsgr�nden gefesselt war), sobald es eine Frau mit eben solcher Handtasche entdeckte.

Wenn Onkel Gollum nicht grad seinerseits kreischte, fielen aggressive Frauen �ber mich her, um mich der sinnlosen Qu�lerei pelziger, unterern�hrter Verwandter im Rollstuhl zu beschuldigen. Wobei sich mir st�ndig nur zwei Fragen stellten: Kann man Verwandte auch mit Sinn qu�len? Und wozu braucht Onkel Gollum ein Telefon am Hauptbahnhof?

Wie so oft im Leben blieben diese elementaren Fragen jedoch ungekl�rt. Ich wachte schwei�gebadet und mit Herzrasen auf. Zur Ablenkung und angesichts des desolaten Zustands meiner K�chenvorr�te taperte ich schniefend und r�chelnd zum n�chsten B�cker.

Hier �berzeugte mich dann die vermeintliche Realit�t endg�ltig davon, da� irgend etwas mit mir oder meinem Tee nicht stimmen konnte. W�hrend ich noch geduldig in der langen morgendlichen Futterschlange anstand, rauschte eine kanarienvogelgelb gekleidete Frau mittleren Alters und Gewichts in die B�ckerei.

Sie dr�ngelte sich direkt zum Tresen durch, ohne die murrenden, unterkoffeinierten Menschen auch nur eines Blickes zu w�rdigen. Dort befahl sie dem verschreckten Azubi sofort den Chef zu holen. Die N�rgler hinter ihr brachte sie mit einem Blick aus ihren grauen Augen zum Schweigen, die unter einer schwarzen, garantiert sturmfesten Helmfrisur nichts Gutes verhie�en. Zur Unterst�tzung schwenkte sie drohend ihre graue, ich schw�re es (!), Filzhandtasche in Richtung der hungrigen Meute.

Als der nicht minder versch�chtert wirkende Chef endlich kam, schnauzte sie ihn nicht etwa wie allgemein erwartet an, sondern tr�llerte ihm ein schrilles "Sch�tzchen" entgegen. Dann beugte sie sich in seine Richtung, legte ihre beachtliche Oberweite auf der Theke ab und zwitscherte: "Mach mir doch bitte eines von deinen Sandwichs mit Putenbrust und K�se. Aber pers�nlich. Ich will nicht, da� der da (Gefuchtel in Richtung Azubi) mit seinen Pfoten in meinem Essen rumpatscht. Und leg eins von deinen s�ndigen K�chelchen dazu."

Sprach's, r�ckte ihr Dekollet� zurecht und blickte die verdutzte Menge beifallheischend an. Als es doch ein junger Mann wagte, sich leise murmelnd zu beschweren, t�tschelte die alternde Diva ihm mitf�hlend die Hand und sagte: "Sch�tzchen, w�rdest du besser aussehen, w�rde die Welt dich auch bevorzugt behandeln. Aber so ..."