2002-09-27 - 14:40 - Absurdes Theater

She's back! Entschuldigt bitte meine lange Abstinenz (nein, Darla S��e, es sind noch keine 10 Tage vergangen), ich war tats�chlich reichlich abgelenkt und aus meinem �blichen Tagesablauf gerissen. Aber manchmal ergeht mir das so, wenn ich f�r mehr als zwei Tage im Elternhaus weile.

Man wird dort unweigerlich in einen Strudel aus Chaos und Hektik gezogen, der scheinbar unaufh�rlich das Tagesgeschehen durcheinanderwirbelt - nat�rlich nicht v�llig grundlos, denn er wird ausgiebig von den kleinen Neurosen der munteren Hausbewohner (inkl. Dackeldame) gef�ttert. Aber ich habe die Schreiberei hier und Eure Reaktionen darauf sehr vermi�t und hoffe, Euch nicht alle endg�ltig vergrault zu haben.

Mal ehrlich, wie soll man klar denken und vern�nftig schreiben, wenn schon die Diskussionen am Fr�hst�ckstisch direkt der Beckett'schen Feder entsprungen zu sein scheinen. Ich hab meist schon verloren, wenn mein m�des, koffeinunterversorgtes Hirn am fr�hen Morgen vergeblich bem�ht ist, den wirren Monologen meiner Mutter zu folgen. Beweistauglicher Ausschnitt gef�llig? (Anmerkungen in Klammern sind redaktionelle Hinweise und sollen das Verst�ndnis des Lesers f�rdern.)

Mutter: Joskis (unsere Nachbarn) ziehen sehr kurzfristig aus und zu ihrer Tochter in den Kotten nach Ochtrup. Ella hat doch jetzt ihr zweites Kind bekommen. Allerdings nicht von dem Italiener, sondern von ihrem neuen Mann, diesem Russen.

Lyssa (sehr schl�frig murmelnd): Ivo?

Mutter: Nein, Hannes hei�t der Kleine. Und Ivo ist doch der Mann von Olga, der �ltesten Tochter. Die lebt aber nicht in Ochtrup, sondern in Langendreer.

Lyssa (um einen vielsagenden Unterton bem�ht): Hmmm ...

Mutter: Au�erdem ist Ivo nicht Russe, sondern Jugoslawe. Der Russe hei�t Peter, was praktisch ist, weil er anders als Vladimir und Irina seinen Namen nicht unbedingt eindeutschen wollte.

Lyssa (bereits jetzt verloren und sich widerspruchslos in Ratlosigkeit f�gend): Vladimir? Irina?

Mutter: Na unsere Nachbarn, Du Dummerchen. So hei�en die eigentlich. Nur haben sie sich jetzt deutsche Namen gegeben, weil sie so mit ihrer Vergangenheit abschlie�en wollten. Aber Peter nennt sie halt noch so, weil er das nicht verstehen kann. (Das wiederum kann ich gut nachvollziehen, denn ich verstehe an dieser Stelle schon lange nix mehr.)

Lyssa (aus den Tiefen der Kaffeetasse): Hmmm ...

Mutter (zunehmend enthusiastisch): Das wird �brigens wohl bald schon ziemlich eng in dem Kotten. Svetlana will sich auch von ihrem Mann trennen und ebenfalls dort einziehen. Ihr Mann sitzt seit drei Jahren nur rum und macht keinen Finger krumm, gibt sich aber auch keine M�he, einen neuen Job zu finden.

Lyssa: Aber sitzt sie nicht auch nur rum und malt scheu�liche Bilder?

Mutter: Nein, Malerin ist doch die Ella, deren Mann (der zweite, der erste ist unauffindbar, und es ist sicherlich besser nicht zu fragen, womit er sein Geld verdient) ist sehr flei�ig. Er macht irgendwas mit Gas-Wasser-Installation. Svetlana k�mmert sich seit etwa drei Jahren um ihr Kind. Aber sie hat auch nie was gelernt.

Lyssa: Kind? Aber ist die mit dem Kind nicht die andere und Svetlana erst 22?

Mutter: Und? Ein Kind kann sie doch trotzdem haben. Blo� weil Du keine haben willst, hei�t das ja nicht ... (vielsagend vorwurfsvoller Blick, wie ihn nur M�tter �ber den Tisch schie�en k�nnen). Also, noch mal: Olga ist die �lteste. Deren Mann, Du wei�t schon, der mit diesem weinroten Auto ... Spedition ... Ella malt ... murmel ... Kottenausbau ... zwei Kinder ... murmelmurmel ... zwei M�nner ... Kasachstan ... (sp�testens an dieser Stelle der Erz�hlung rutsche ich ermattet vom Stuhl und w�nsche mir inst�ndig, l�nger im Bett oder am besten gleich ganz in Hamburg geblieben zu sein. Ich liebe meine Eltern sehr, aber gewissen Anforderungen am fr�hen Morgen bin ich einfach nicht mehr gewachsen.)

Ok, ausreichend verwirrt? Was ich mit dieser kurzen Geschichte sagen will, ist - �hm, glaube ich zumindest - da� es in Kasachstan zweisprachige, auswanderungswillige ungelernte Maler gibt, die weinrote BMWs fahren und drei Kinder von mindestens f�nf M�nnern haben, und da� bei uns im Haus eine wundersch�ne Wohnung frei wird. Wer Interesse hat, m�ge mir bitte eine kurze Mail schicken. Es w�re allerdings sch�n, wenn Eure Familienverh�ltnisse etwas einfacher gelagert w�ren als die unserer bisherigen Nachbarn. Dann k�nnte ich n�mlich k�nftig meine Eltern besuchen und trotzdem so viel geistige Klarheit bewahren, da� ich mein Tagebuch hier nicht vernachl�ssigen mu�. Nun ja ...

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Absurdes Theater 2002-09-27 14:40 She's back! Entschuldigt bitte meine lange Abstinenz (nein, Darla S��e, es sind noch keine 10 Tage vergangen), ich war tats�chlich reichlich abgelenkt und aus meinem �blichen Tagesablauf gerissen. Aber manchmal ergeht mir das so, wenn ich f�r mehr als zwei Tage im Elternhaus weile.

Man wird dort unweigerlich in einen Strudel aus Chaos und Hektik gezogen, der scheinbar unaufh�rlich das Tagesgeschehen durcheinanderwirbelt - nat�rlich nicht v�llig grundlos, denn er wird ausgiebig von den kleinen Neurosen der munteren Hausbewohner (inkl. Dackeldame) gef�ttert. Aber ich habe die Schreiberei hier und Eure Reaktionen darauf sehr vermi�t und hoffe, Euch nicht alle endg�ltig vergrault zu haben.

Mal ehrlich, wie soll man klar denken und vern�nftig schreiben, wenn schon die Diskussionen am Fr�hst�ckstisch direkt der Beckett'schen Feder entsprungen zu sein scheinen. Ich hab meist schon verloren, wenn mein m�des, koffeinunterversorgtes Hirn am fr�hen Morgen vergeblich bem�ht ist, den wirren Monologen meiner Mutter zu folgen. Beweistauglicher Ausschnitt gef�llig? (Anmerkungen in Klammern sind redaktionelle Hinweise und sollen das Verst�ndnis des Lesers f�rdern.)

Mutter: Joskis (unsere Nachbarn) ziehen sehr kurzfristig aus und zu ihrer Tochter in den Kotten nach Ochtrup. Ella hat doch jetzt ihr zweites Kind bekommen. Allerdings nicht von dem Italiener, sondern von ihrem neuen Mann, diesem Russen.

Lyssa (sehr schl�frig murmelnd): Ivo?

Mutter: Nein, Hannes hei�t der Kleine. Und Ivo ist doch der Mann von Olga, der �ltesten Tochter. Die lebt aber nicht in Ochtrup, sondern in Langendreer.

Lyssa (um einen vielsagenden Unterton bem�ht): Hmmm ...

Mutter: Au�erdem ist Ivo nicht Russe, sondern Jugoslawe. Der Russe hei�t Peter, was praktisch ist, weil er anders als Vladimir und Irina seinen Namen nicht unbedingt eindeutschen wollte.

Lyssa (bereits jetzt verloren und sich widerspruchslos in Ratlosigkeit f�gend): Vladimir? Irina?

Mutter: Na unsere Nachbarn, Du Dummerchen. So hei�en die eigentlich. Nur haben sie sich jetzt deutsche Namen gegeben, weil sie so mit ihrer Vergangenheit abschlie�en wollten. Aber Peter nennt sie halt noch so, weil er das nicht verstehen kann. (Das wiederum kann ich gut nachvollziehen, denn ich verstehe an dieser Stelle schon lange nix mehr.)

Lyssa (aus den Tiefen der Kaffeetasse): Hmmm ...

Mutter (zunehmend enthusiastisch): Das wird �brigens wohl bald schon ziemlich eng in dem Kotten. Svetlana will sich auch von ihrem Mann trennen und ebenfalls dort einziehen. Ihr Mann sitzt seit drei Jahren nur rum und macht keinen Finger krumm, gibt sich aber auch keine M�he, einen neuen Job zu finden.

Lyssa: Aber sitzt sie nicht auch nur rum und malt scheu�liche Bilder?

Mutter: Nein, Malerin ist doch die Ella, deren Mann (der zweite, der erste ist unauffindbar, und es ist sicherlich besser nicht zu fragen, womit er sein Geld verdient) ist sehr flei�ig. Er macht irgendwas mit Gas-Wasser-Installation. Svetlana k�mmert sich seit etwa drei Jahren um ihr Kind. Aber sie hat auch nie was gelernt.

Lyssa: Kind? Aber ist die mit dem Kind nicht die andere und Svetlana erst 22?

Mutter: Und? Ein Kind kann sie doch trotzdem haben. Blo� weil Du keine haben willst, hei�t das ja nicht ... (vielsagend vorwurfsvoller Blick, wie ihn nur M�tter �ber den Tisch schie�en k�nnen). Also, noch mal: Olga ist die �lteste. Deren Mann, Du wei�t schon, der mit diesem weinroten Auto ... Spedition ... Ella malt ... murmel ... Kottenausbau ... zwei Kinder ... murmelmurmel ... zwei M�nner ... Kasachstan ... (sp�testens an dieser Stelle der Erz�hlung rutsche ich ermattet vom Stuhl und w�nsche mir inst�ndig, l�nger im Bett oder am besten gleich ganz in Hamburg geblieben zu sein. Ich liebe meine Eltern sehr, aber gewissen Anforderungen am fr�hen Morgen bin ich einfach nicht mehr gewachsen.)

Ok, ausreichend verwirrt? Was ich mit dieser kurzen Geschichte sagen will, ist - �hm, glaube ich zumindest - da� es in Kasachstan zweisprachige, auswanderungswillige ungelernte Maler gibt, die weinrote BMWs fahren und drei Kinder von mindestens f�nf M�nnern haben, und da� bei uns im Haus eine wundersch�ne Wohnung frei wird. Wer Interesse hat, m�ge mir bitte eine kurze Mail schicken. Es w�re allerdings sch�n, wenn Eure Familienverh�ltnisse etwas einfacher gelagert w�ren als die unserer bisherigen Nachbarn. Dann k�nnte ich n�mlich k�nftig meine Eltern besuchen und trotzdem so viel geistige Klarheit bewahren, da� ich mein Tagebuch hier nicht vernachl�ssigen mu�. Nun ja ...