2003-06-23 - 23:53 - Sex, Lies and Anonymous Blogging

Ich f�rchte, ich hinke mit meinem Eintrag hier der Diskussion mal wieder um L�ngen hinterher, w�hrend die Meinungsmacher sich l�ngst anderen Themen zugewandt haben. Schlie�lich berichte ich hier meist unbek�mmert aus meinem kleinen Leben, und da kann es schon mal dauern, bis auch ich dank der gew�hnlich gutunterrichteten und weitaus netzverhafteteren Kreise erfahre, wor�ber man sich sonst noch so den Kopf zerbrechen kann.

Aber das Thema "Weblog unter Pseudonym oder mit richtig echtem Namen, so wie man ihn von den Eltern geerbt hat" betrifft mich nat�rlich auch, und so gebe ich hier einfach noch mal meinen Senf dazu, auch wenn die Grillwurst schon etwas erkaltet sein mag.

Das ZDF hat heute irgendwann im Fr�hst�cksfernsehen eine kurze, insgesamt nur sehr begrenzt informative Einf�hrung in das Thema "Weblogs" gegeben (aber gut, mehr Information w�re morgens wohl auch nur den wenigsten Volle-Kanne-Guckern zuzumuten). Darin hei�t es u.a.: "Nat�rlich verbergen sich alle Teilnehmer unter Pseudonymen."

Das ist so nat�rlich weit von der Realit�t entfernt. Es gibt viele Blogger, die unter ihrem vollen Namen schreiben, und nicht wenige davon scheinen das auch f�r den einzig anst�ndigen Weg zu halten.

Horst Prillinger z.B. hat sich die M�he gemacht, genau zu erl�utern, warum er keine anonymen Weblogs mag. Nachvollziehen kann ich da allerdings nur den Punkt der Kompetenz, soweit es sich um Weblogs handelt, die ein bestimmtes Thema zum Inhalt haben, das �ber die pers�nliche Duschgel-Pr�ferenz hinausgeht.

Wenn ich Artikel oder Meldungen �ber verschiedene Bereiche der Netzwirtschaft oder technischen Kram lese und dank des Impressums wei�, da� die Blogger Berater in der IT-Branche sind, dann vertraue ich ihrer Fachkenntnis zun�chst mal mehr als ich das wom�glich bei "Stud69" tun w�rde (insbesondere dann, wenn die Herren Hebig oder R�ll hei�en und mich auch noch freundlich von ihrer Site anl�cheln). �hnlich geht mir das bei den sog. Lawblogs einiger Anw�lte.

Wenn ich allerdings sehr pers�nliche Weblogs mit unterhaltsamen Alltagsgeschichten oder subjektiven Ansichten zu Gott und der Welt lese, was ich in letzter Zeit immer h�ufiger schon morgens zum ersten Kaffee tue, dann ist es mir herzlich egal, ob mir der Schreiber nun nur als Frau Julie oder aber mit vollem Namen wie etwa Anke Gr�ner ans Herz w�chst.

Ich glaube auch nicht, da� die Anonymen Blogger da drau�en alle unterwegs sind, um munter L�gen �ber ihre Mitmenschen in die Welt zu setzen. Die Sichtweise erscheint mir doch ein wenig, nun ja, paranoid.

Sie sind auch nicht unbedingt mit weniger Leidenschaft bei der Sache als die pers�nlich benamsten Blogger. Das Individuum mit Herzblut hinter dem Text tritt nicht etwa dadurch deutlicher f�r den Leser hervor, da� es einen vollen Namen hat. Das lebendige Bild im Kopf des Lesers entsteht vielmehr durch das, was er zu lesen bekommt.

Nat�rlich mu� ich das alles fast zwangsl�ufig so sehen, schlie�lich haben mich meine Eltern auch nicht auf den Namen Lyssa taufen lassen. Aber Lyssa ist nicht etwa nur ein beliebiges Pseudonym, hinter dem ich mich verstecke, um dann verquere Ansichten in den �ther zu jagen.

Ich denke bevor ich schreibe, ganz egal, welcher Name nun darunter stehen mag. Und ich stehe zu dem, was ich schreibe. Und je l�nger ich das hier betreibe, desto mehr h�nge ich auch an meinem Pseudonym (noch drei Jahre und ich werde es in den Pa� eintragen lassen m�ssen) und an dem winzigen Ruf, den ein paar Figuren in einer noch kleineren Ecke des Netzes damit verbinden.

Ich werde also nicht geh�ssig grinsend auf einem Bein tanzen (immer mit Laptop in der Hand, versteht sich), fr�hlich mit Schmutz um mich werfen und dazu singen: "Ach wie gut da� niemand wei� ..."

Aber warum dann das Pseudonym? Ich gebe zu, als ich meine virtuelle Lounge hier er�ffnet habe, war ich ein ziemlicher Schisser. Das alles hatte sehr experimentellen Charakter, und ich hatte keine Ahnung, wohin die Reise gehen w�rde (ok, das wei� ich immer noch nicht). Und ich wollte meine ersten zaghaften Gehversuche nun mal nicht unter der kritischen Beobachtung pers�nlich Bekannter machen ("ist ja alles ziemlich banal hier, von dir h�tten wir doch etwas mehr Tiefgang erwartet").

Au�erdem wollte ich mir die M�glichkeit offen halten, auch mal �ber intimere Dinge zu schreiben, ohne da� meine Tante via Google binnen weniger Sekunden Auskunft �ber meine sexuellen Pr�ferenzen erh�lt.

Inzwischen bin ich da wesentlich entspannter geworden (und habe nicht zuletzt dank der Sabotage-Akte meines Hundes eh kein nennenswertes Sexualleben vorzuweisen), und nach und nach sind immer mehr Freunde "eingeweiht" worden. Gleichzeitig ist mir "Lyssa" aber immer mehr ans Herz gewachsen, so da� ich schon lange nicht mehr das Gef�hl habe, mich hinter einem x-beliebigen Pseudonym zu verstecken.

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Sex, Lies and Anonymous Blogging 2003-06-23 23:53 Ich f�rchte, ich hinke mit meinem Eintrag hier der Diskussion mal wieder um L�ngen hinterher, w�hrend die Meinungsmacher sich l�ngst anderen Themen zugewandt haben. Schlie�lich berichte ich hier meist unbek�mmert aus meinem kleinen Leben, und da kann es schon mal dauern, bis auch ich dank der gew�hnlich gutunterrichteten und weitaus netzverhafteteren Kreise erfahre, wor�ber man sich sonst noch so den Kopf zerbrechen kann.

Aber das Thema "Weblog unter Pseudonym oder mit richtig echtem Namen, so wie man ihn von den Eltern geerbt hat" betrifft mich nat�rlich auch, und so gebe ich hier einfach noch mal meinen Senf dazu, auch wenn die Grillwurst schon etwas erkaltet sein mag.

Das ZDF hat heute irgendwann im Fr�hst�cksfernsehen eine kurze, insgesamt nur sehr begrenzt informative Einf�hrung in das Thema "Weblogs" gegeben (aber gut, mehr Information w�re morgens wohl auch nur den wenigsten Volle-Kanne-Guckern zuzumuten). Darin hei�t es u.a.: "Nat�rlich verbergen sich alle Teilnehmer unter Pseudonymen."

Das ist so nat�rlich weit von der Realit�t entfernt. Es gibt viele Blogger, die unter ihrem vollen Namen schreiben, und nicht wenige davon scheinen das auch f�r den einzig anst�ndigen Weg zu halten.

Horst Prillinger z.B. hat sich die M�he gemacht, genau zu erl�utern, warum er keine anonymen Weblogs mag. Nachvollziehen kann ich da allerdings nur den Punkt der Kompetenz, soweit es sich um Weblogs handelt, die ein bestimmtes Thema zum Inhalt haben, das �ber die pers�nliche Duschgel-Pr�ferenz hinausgeht.

Wenn ich Artikel oder Meldungen �ber verschiedene Bereiche der Netzwirtschaft oder technischen Kram lese und dank des Impressums wei�, da� die Blogger Berater in der IT-Branche sind, dann vertraue ich ihrer Fachkenntnis zun�chst mal mehr als ich das wom�glich bei "Stud69" tun w�rde (insbesondere dann, wenn die Herren Hebig oder R�ll hei�en und mich auch noch freundlich von ihrer Site anl�cheln). �hnlich geht mir das bei den sog. Lawblogs einiger Anw�lte.

Wenn ich allerdings sehr pers�nliche Weblogs mit unterhaltsamen Alltagsgeschichten oder subjektiven Ansichten zu Gott und der Welt lese, was ich in letzter Zeit immer h�ufiger schon morgens zum ersten Kaffee tue, dann ist es mir herzlich egal, ob mir der Schreiber nun nur als Frau Julie oder aber mit vollem Namen wie etwa Anke Gr�ner ans Herz w�chst.

Ich glaube auch nicht, da� die Anonymen Blogger da drau�en alle unterwegs sind, um munter L�gen �ber ihre Mitmenschen in die Welt zu setzen. Die Sichtweise erscheint mir doch ein wenig, nun ja, paranoid.

Sie sind auch nicht unbedingt mit weniger Leidenschaft bei der Sache als die pers�nlich benamsten Blogger. Das Individuum mit Herzblut hinter dem Text tritt nicht etwa dadurch deutlicher f�r den Leser hervor, da� es einen vollen Namen hat. Das lebendige Bild im Kopf des Lesers entsteht vielmehr durch das, was er zu lesen bekommt.

Nat�rlich mu� ich das alles fast zwangsl�ufig so sehen, schlie�lich haben mich meine Eltern auch nicht auf den Namen Lyssa taufen lassen. Aber Lyssa ist nicht etwa nur ein beliebiges Pseudonym, hinter dem ich mich verstecke, um dann verquere Ansichten in den �ther zu jagen.

Ich denke bevor ich schreibe, ganz egal, welcher Name nun darunter stehen mag. Und ich stehe zu dem, was ich schreibe. Und je l�nger ich das hier betreibe, desto mehr h�nge ich auch an meinem Pseudonym (noch drei Jahre und ich werde es in den Pa� eintragen lassen m�ssen) und an dem winzigen Ruf, den ein paar Figuren in einer noch kleineren Ecke des Netzes damit verbinden.

Ich werde also nicht geh�ssig grinsend auf einem Bein tanzen (immer mit Laptop in der Hand, versteht sich), fr�hlich mit Schmutz um mich werfen und dazu singen: "Ach wie gut da� niemand wei� ..."

Aber warum dann das Pseudonym? Ich gebe zu, als ich meine virtuelle Lounge hier er�ffnet habe, war ich ein ziemlicher Schisser. Das alles hatte sehr experimentellen Charakter, und ich hatte keine Ahnung, wohin die Reise gehen w�rde (ok, das wei� ich immer noch nicht). Und ich wollte meine ersten zaghaften Gehversuche nun mal nicht unter der kritischen Beobachtung pers�nlich Bekannter machen ("ist ja alles ziemlich banal hier, von dir h�tten wir doch etwas mehr Tiefgang erwartet").

Au�erdem wollte ich mir die M�glichkeit offen halten, auch mal �ber intimere Dinge zu schreiben, ohne da� meine Tante via Google binnen weniger Sekunden Auskunft �ber meine sexuellen Pr�ferenzen erh�lt.

Inzwischen bin ich da wesentlich entspannter geworden (und habe nicht zuletzt dank der Sabotage-Akte meines Hundes eh kein nennenswertes Sexualleben vorzuweisen), und nach und nach sind immer mehr Freunde "eingeweiht" worden. Gleichzeitig ist mir "Lyssa" aber immer mehr ans Herz gewachsen, so da� ich schon lange nicht mehr das Gef�hl habe, mich hinter einem x-beliebigen Pseudonym zu verstecken.