2003-06-22 - 19:44 - Sunday, bloody Sunday

Meine gesamten sorgsam ausget�ftelten Pl�ne f�r das Wochenende wurden am Freitag abrupt durch die Kollision meines rechten Knies mit einem �bergewichtigen Rottweiler zunichte gemacht. Sein Bremssystem versagte offensichtlich, als er seine 40 kg erst mal so richtig in Fahrt gebracht hatte, um einem Fu�ball hinterher zu jagen.

Statt des Fu�balls erwischte er leider nur mein Knie, was allerdings kurz darauf selbst fast schon Fu�ballgr��e erreicht hatte. Der canine Fleischklops und ich landeten nach dem Aufprall im Matsch der Hundewiese, und mein f�rsorgliches Monster kam sofort angerannt, nachdem ich ihn vorher vergeblich gerufen hatte, um mir liebevoll das Gesicht abzuschlecken.

Damit war das Wochenende eigentlich schon gelaufen, auch wenn das Knie inzwischen dank ausreichend k�hler Lagerung fast schon wieder einem menschlichen Gelenk gleicht. Mir blieb also gar nichts anderes �brig, als mich den gro�en bewegungsarmen Trendsportarten hinzugeben, die an diesem Wochenende Millionen besch�ftigten: Harry Potter in die Arme schlie�en und Boxen gucken.

Nat�rlich geh�re ich zu der gro�en Masse an Verf�hrten, die den neuen "Harry-Potter"-Band schon Monate zuvor bei Amazon bestellt hatten und nun sehns�chtig auf seine Auslieferung warteten. Ich hatte jegliche Vorberichterstattung resolut ignoriert, um mir ja nicht das Lesevergn�gen verderben zu lassen und wollte den sagenumwobenen W�lzer nun auch endlich in den H�nden halten. Um 10:20 Uhr klingelte es.

Ich h�pfte zur T�r, ri� sie auf und rief dem verdutzten, weil v�llig uninformierten Postboten freudestrahlend "Harry! Endlich!" entgegen. Man konnte ihm die verst�rkte Hirnaktivit�t f�rmlich im Gesicht ablesen. Er rang kurz mit sich, entschied sich dann aber doch daf�r, mir direkt das Paket auszuh�ndigen und meine Unterschrift zu akzeptieren, statt nach meinem staatlich bestellten Betreuer zu fragen, den er sicherlich irgendwo in meiner Wohnung vermutete.

Allerdings liegt das Buch immer noch unangetastet auf meinem Schreibtisch (ich hab nur einmal die Seiten aufgebl�ttert, weil der Geruch ungelesener B�cher so verf�hrerisch ist). Meine grimmige Stimmung verlangte nach blutigerer Unterhaltung, sex & serial killers eben, und zum Gl�ck hatte der Postbote zusammen mit Harry auch frische Serienm�rder angeliefert. (Q meint, ich sei s�chtig nach derartig zweifelhafter Lekt�re, aber ich habe die Rosamunde-Pilcher-Radikalkur ebenso verweigert wie kalten Entzug. Girl's got a nasty habit.)

Nachdem ich also schon dem einen gro�en Hype erlegen und au�erdem die halbe Nacht auf den blutigen Spuren eines Frauenm�rders durch Minneapolis gewandert war, konnte ich unbek�mmert auch gleich den Rest meiner intellektuellen �berheblichkeit �ber Bord werfen und mich endg�ltig in die Brot-und-Spiele-Niederungen begeben.

Ja, ich bin mitten in der Nacht aufgestanden, aufs Sofa gehumpelt und hab mir tats�chlich die Live-�bertragung des Boxkampfs Klitschko-Lewis angesehen (puh, viel peinlicher k�nnen �ffentliche Bekenntnisse wohl kaum noch werden, dagegen ist Koksen glatt eine kulturelle Glanzleistung).

Und nein, mir ist immer noch nicht wirklich klar, warum zwei erwachsene M�nner ohne ausgepr�gte St�rung des Sozialverhaltens oder sonstige mentale Defizite hauptberuflich wie zwei hormongest�rte Teenager aufeinander losgehen sollten. Die Tatsache, da� es sich hier angeblich um eine sportlich h�chst wertvolle Leistung handelt, f�r die au�erdem extrem viel Geld flie�t, macht es auch nicht einen Deut besser.

Aber hey, es scheint morgens um f�nf, wenn sich die intellektuelle Kontrollinstanz noch vom anstrengenden Tagewerk erholt, irgendwelche atavistischen Bed�rfnisse bei mir anzusprechen, die ich lieber nicht n�her untersuchen m�chte. Und ich war genauso emp�rt wie alle anderen auch, als der Kampf vorzeitig abgebrochen wurde. Das bi�chen Blut ...

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Sunday, bloody Sunday 2003-06-22 19:44 Meine gesamten sorgsam ausget�ftelten Pl�ne f�r das Wochenende wurden am Freitag abrupt durch die Kollision meines rechten Knies mit einem �bergewichtigen Rottweiler zunichte gemacht. Sein Bremssystem versagte offensichtlich, als er seine 40 kg erst mal so richtig in Fahrt gebracht hatte, um einem Fu�ball hinterher zu jagen.

Statt des Fu�balls erwischte er leider nur mein Knie, was allerdings kurz darauf selbst fast schon Fu�ballgr��e erreicht hatte. Der canine Fleischklops und ich landeten nach dem Aufprall im Matsch der Hundewiese, und mein f�rsorgliches Monster kam sofort angerannt, nachdem ich ihn vorher vergeblich gerufen hatte, um mir liebevoll das Gesicht abzuschlecken.

Damit war das Wochenende eigentlich schon gelaufen, auch wenn das Knie inzwischen dank ausreichend k�hler Lagerung fast schon wieder einem menschlichen Gelenk gleicht. Mir blieb also gar nichts anderes �brig, als mich den gro�en bewegungsarmen Trendsportarten hinzugeben, die an diesem Wochenende Millionen besch�ftigten: Harry Potter in die Arme schlie�en und Boxen gucken.

Nat�rlich geh�re ich zu der gro�en Masse an Verf�hrten, die den neuen "Harry-Potter"-Band schon Monate zuvor bei Amazon bestellt hatten und nun sehns�chtig auf seine Auslieferung warteten. Ich hatte jegliche Vorberichterstattung resolut ignoriert, um mir ja nicht das Lesevergn�gen verderben zu lassen und wollte den sagenumwobenen W�lzer nun auch endlich in den H�nden halten. Um 10:20 Uhr klingelte es.

Ich h�pfte zur T�r, ri� sie auf und rief dem verdutzten, weil v�llig uninformierten Postboten freudestrahlend "Harry! Endlich!" entgegen. Man konnte ihm die verst�rkte Hirnaktivit�t f�rmlich im Gesicht ablesen. Er rang kurz mit sich, entschied sich dann aber doch daf�r, mir direkt das Paket auszuh�ndigen und meine Unterschrift zu akzeptieren, statt nach meinem staatlich bestellten Betreuer zu fragen, den er sicherlich irgendwo in meiner Wohnung vermutete.

Allerdings liegt das Buch immer noch unangetastet auf meinem Schreibtisch (ich hab nur einmal die Seiten aufgebl�ttert, weil der Geruch ungelesener B�cher so verf�hrerisch ist). Meine grimmige Stimmung verlangte nach blutigerer Unterhaltung, sex & serial killers eben, und zum Gl�ck hatte der Postbote zusammen mit Harry auch frische Serienm�rder angeliefert. (Q meint, ich sei s�chtig nach derartig zweifelhafter Lekt�re, aber ich habe die Rosamunde-Pilcher-Radikalkur ebenso verweigert wie kalten Entzug. Girl's got a nasty habit.)

Nachdem ich also schon dem einen gro�en Hype erlegen und au�erdem die halbe Nacht auf den blutigen Spuren eines Frauenm�rders durch Minneapolis gewandert war, konnte ich unbek�mmert auch gleich den Rest meiner intellektuellen �berheblichkeit �ber Bord werfen und mich endg�ltig in die Brot-und-Spiele-Niederungen begeben.

Ja, ich bin mitten in der Nacht aufgestanden, aufs Sofa gehumpelt und hab mir tats�chlich die Live-�bertragung des Boxkampfs Klitschko-Lewis angesehen (puh, viel peinlicher k�nnen �ffentliche Bekenntnisse wohl kaum noch werden, dagegen ist Koksen glatt eine kulturelle Glanzleistung).

Und nein, mir ist immer noch nicht wirklich klar, warum zwei erwachsene M�nner ohne ausgepr�gte St�rung des Sozialverhaltens oder sonstige mentale Defizite hauptberuflich wie zwei hormongest�rte Teenager aufeinander losgehen sollten. Die Tatsache, da� es sich hier angeblich um eine sportlich h�chst wertvolle Leistung handelt, f�r die au�erdem extrem viel Geld flie�t, macht es auch nicht einen Deut besser.

Aber hey, es scheint morgens um f�nf, wenn sich die intellektuelle Kontrollinstanz noch vom anstrengenden Tagewerk erholt, irgendwelche atavistischen Bed�rfnisse bei mir anzusprechen, die ich lieber nicht n�her untersuchen m�chte. Und ich war genauso emp�rt wie alle anderen auch, als der Kampf vorzeitig abgebrochen wurde. Das bi�chen Blut ...