2002-07-26 - 13:15 - N�chtliche Zungenspiele

Man sagt ja oft, da� Kinder sp�ter so werden wie ihre Eltern, aber im Falle von Marc und seinem Vater wei� ich nicht so genau, wer da derzeit wen st�rker beeinflu�t - auch wenn die Abstammung ganz klar auf der Hand liegt, und der fr�here Einflu� des Vaters auf den Sohn schlicht nicht zu leugnen ist. Wer also Marcs Vater kennt, dem erkl�ren sich viele sonderbar erscheinende Verhaltensweisen des Sohnes von allein. Kurz, Vater und Sohn gemeinsam zu erleben hat etwas sehr Erhellendes und ist �berdies �u�erst vergn�glich und kurzweilig.

Meist zumindest ... K�rzlich aber befand sich Marc in seiner alten Heimat, als bei mir irgendwann mitten in der Nacht eine SMS eintrudelte, und ich eher zuf�llig vom leisen Piepsen meines Handys aufwachte. An Marc dachte ich in dem Moment so gar nicht (ganz im Gegenteil, ich hatte grad so sch�n von George Clooney und seinem H�ngebauchschwein getr�umt), auch wenn sich das Thema "Marc und der n�chtliche St�rfall" geradezu als roter Faden durch mein Leben zieht. Aber die Nummer des Absenders war mir g�nzlich unbekannt, und auch der Inhalt lie� einfach nicht auf Marc schlie�en: "Kennst Du die Zunge?"

Zun�chst dachte ich im Halbschlaf, die SMS sei ein reiner Irrl�ufer, aber dann kamen mir allm�hlich Zweifel. Schlie�lich hatte ich im Laufe der letzten Jahre immer wieder mal n�chtliche Bel�stigungen via Telefon �ber mich ergehen lassen m�ssen, sei es nun von harmlosen, einfach nur l�stigen Spinnern ("W�rden Sie mich wohl mal als b�sen Jungen bezeichnen, das turnt mich total an, und ich bin grad so allein") oder von psychopathischen Irren ("Ich kenn dich, ich wei� wie du aussiehst, und ich krieg dich schon noch"). Zwischenzeitlich bef�rchtete ich schon, meine Telefonnummer w�rde auf der Herrentoilette einer psychiatrischen Anstalt an der Wand stehen. Was also, wenn die Irren aus besagter Institution nun auch in den Besitz meiner Handy-Nummer gekommen waren?

Dieser Gedanke befreite mich dann endg�ltig aus meinem D�mmerschlaf, und kurzentschlossen tippte ich zur�ck: "Nein, kenne ich nicht. Kennen wir uns denn?" Die Antwort war ebenso prompt wie beunruhigend: "Du wirst mich schon bald kennenlernen. Warte, bis die Zunge in der Nacht zu Dir kommt." Ok, das war dann doch zuviel f�r meine schwachen Nerven. Wenn ich mich gruseln will, gehe ich ins Kino. Ich rief besorgt Q an, der zum Gl�ck noch wach war, und fragte ihn, ob er die Nummer kenne oder sich erkl�ren k�nne, aus welcher Ecke dieser schlechte Scherz denn kommen k�nnte. Aber Q war ebenso ratlos wie ich - und nicht minder besorgt (wie M�nner halt so sind: "Los, gib mir die Nummer noch mal, den ruf ich an und mach ihn fertig.").

Ich hatte allerdings kein gesteigertes Verlangen nach einem SMS-Duell bis zum Morgengrauen mit einem v�llig Wahnsinnigen, und meine Erfahrung sagte mir, da� ein pers�nlicher Anruf schnell die vermeintliche Sicherheit der Anonymit�t zerst�rt und die meisten Irren sofort handzahm macht. Dementsprechend rief ich die unbekannte Nummer an, um dem ganzen Spuk ein Ende zu setzen. Die Stimme am anderen Ende war tief und leise, fast fl�sternd, und klang so gar nicht nach einem armen, harmlosen Irren. Also tief durchatmen und fragen, woher der Unbekannte meine Nummer hat und was dieses Theater soll. Die Antwort beruhigte mich aber leider wieder mal nicht im Geringsten: "Aber das ist doch die Nummer einer jungen Dame aus Hamburg." Als ich das einfach mal verneinte, schob er schnell noch den Namen meiner Geburtsstadt nach, was mich nun endg�ltig auf die Palme brachte. Der Unbekannte wu�te definitiv zuviel �ber mich. Nicht gut, gar nicht gut.

Das Ganze mu�te sofort beendet werden, und daher drohte ich ruhig und noch halbwegs freundlich (ich glaube allerdings, da� ich den Mann kurz als "elenden Perversling" tituliert habe), ihm augenblicklich die Polizei auf den Hals zu hetzen und ein f�r alle Mal daf�r zu sorgen, da� er in einer Besserungsanstalt mit striktem Telefonverbot bei Wasser und Brot untergebracht werden w�rde. Angesichts solch tr�ber Aussichten hielt er es offensichtlich doch f�r besser, seine Identit�t zu offenbaren: Es handelte sich um Marcs Vater!

Allerdings war er weitestgehend unschuldig an der kleinen, n�chtlichen Horrorkom�die, denn Marc h�chstpers�nlich hatte ihm als b�ser Geist die kleinen Nachrichten eingefl�stert. Die beiden hatten wieder mal definitiv zuviel Wein getrunken, als sie auf die Idee kamen, da� man jetzt ja auch das neue Handy ausprobieren k�nnte. Und da sie sich kurz zuvor �ber ein neues Buch mit dem Titel "Die Zunge" unterhalten hatten, lag in Marcs Augen nichts n�her, als eine SMS mit eben jenem Inhalt an seinen pers�nlichen Telefonjoker f�r Literaturfragen zu schicken. Marc hatte nicht wirklich dar�ber nachgedacht, und sein Vater konnte nun beim besten Willen nichts von meiner l�ngeren Geschichte mit l�stigen Telefonaten in der Nacht wissen. Marc kl�rte die Sache dann also kichernd und prustend auf, w�hrend sein Vater und ich am liebsten vor lauter Scham im Erdboden versunken w�ren. Schlie�lich hatte er mich aus dem Schlaf gerissen und zutiefst beunruhigt, ich hingegen hatte ihm �ble Konsequenzen angedroht und ihm nicht gerade eben h�fliche Bezeichnungen an den Kopf geworfen. Und wovon das omin�se Zungen-Buch nun handelt, wei� ich bis heute nicht.

0 Zwischenrufe

Prev, Next

Schon gelesen?

2004-03-11 - Umzug!

2004-03-09 - Wenn man sie nur lie�e ...

2004-03-08 - C.

2004-03-05 - Brot, so oder so

2004-03-04 - Aus die Maus

hosted by DiaryLand.com

N�chtliche Zungenspiele 2002-07-26 13:15 Man sagt ja oft, da� Kinder sp�ter so werden wie ihre Eltern, aber im Falle von Marc und seinem Vater wei� ich nicht so genau, wer da derzeit wen st�rker beeinflu�t - auch wenn die Abstammung ganz klar auf der Hand liegt, und der fr�here Einflu� des Vaters auf den Sohn schlicht nicht zu leugnen ist. Wer also Marcs Vater kennt, dem erkl�ren sich viele sonderbar erscheinende Verhaltensweisen des Sohnes von allein. Kurz, Vater und Sohn gemeinsam zu erleben hat etwas sehr Erhellendes und ist �berdies �u�erst vergn�glich und kurzweilig.

Meist zumindest ... K�rzlich aber befand sich Marc in seiner alten Heimat, als bei mir irgendwann mitten in der Nacht eine SMS eintrudelte, und ich eher zuf�llig vom leisen Piepsen meines Handys aufwachte. An Marc dachte ich in dem Moment so gar nicht (ganz im Gegenteil, ich hatte grad so sch�n von George Clooney und seinem H�ngebauchschwein getr�umt), auch wenn sich das Thema "Marc und der n�chtliche St�rfall" geradezu als roter Faden durch mein Leben zieht. Aber die Nummer des Absenders war mir g�nzlich unbekannt, und auch der Inhalt lie� einfach nicht auf Marc schlie�en: "Kennst Du die Zunge?"

Zun�chst dachte ich im Halbschlaf, die SMS sei ein reiner Irrl�ufer, aber dann kamen mir allm�hlich Zweifel. Schlie�lich hatte ich im Laufe der letzten Jahre immer wieder mal n�chtliche Bel�stigungen via Telefon �ber mich ergehen lassen m�ssen, sei es nun von harmlosen, einfach nur l�stigen Spinnern ("W�rden Sie mich wohl mal als b�sen Jungen bezeichnen, das turnt mich total an, und ich bin grad so allein") oder von psychopathischen Irren ("Ich kenn dich, ich wei� wie du aussiehst, und ich krieg dich schon noch"). Zwischenzeitlich bef�rchtete ich schon, meine Telefonnummer w�rde auf der Herrentoilette einer psychiatrischen Anstalt an der Wand stehen. Was also, wenn die Irren aus besagter Institution nun auch in den Besitz meiner Handy-Nummer gekommen waren?

Dieser Gedanke befreite mich dann endg�ltig aus meinem D�mmerschlaf, und kurzentschlossen tippte ich zur�ck: "Nein, kenne ich nicht. Kennen wir uns denn?" Die Antwort war ebenso prompt wie beunruhigend: "Du wirst mich schon bald kennenlernen. Warte, bis die Zunge in der Nacht zu Dir kommt." Ok, das war dann doch zuviel f�r meine schwachen Nerven. Wenn ich mich gruseln will, gehe ich ins Kino. Ich rief besorgt Q an, der zum Gl�ck noch wach war, und fragte ihn, ob er die Nummer kenne oder sich erkl�ren k�nne, aus welcher Ecke dieser schlechte Scherz denn kommen k�nnte. Aber Q war ebenso ratlos wie ich - und nicht minder besorgt (wie M�nner halt so sind: "Los, gib mir die Nummer noch mal, den ruf ich an und mach ihn fertig.").

Ich hatte allerdings kein gesteigertes Verlangen nach einem SMS-Duell bis zum Morgengrauen mit einem v�llig Wahnsinnigen, und meine Erfahrung sagte mir, da� ein pers�nlicher Anruf schnell die vermeintliche Sicherheit der Anonymit�t zerst�rt und die meisten Irren sofort handzahm macht. Dementsprechend rief ich die unbekannte Nummer an, um dem ganzen Spuk ein Ende zu setzen. Die Stimme am anderen Ende war tief und leise, fast fl�sternd, und klang so gar nicht nach einem armen, harmlosen Irren. Also tief durchatmen und fragen, woher der Unbekannte meine Nummer hat und was dieses Theater soll. Die Antwort beruhigte mich aber leider wieder mal nicht im Geringsten: "Aber das ist doch die Nummer einer jungen Dame aus Hamburg." Als ich das einfach mal verneinte, schob er schnell noch den Namen meiner Geburtsstadt nach, was mich nun endg�ltig auf die Palme brachte. Der Unbekannte wu�te definitiv zuviel �ber mich. Nicht gut, gar nicht gut.

Das Ganze mu�te sofort beendet werden, und daher drohte ich ruhig und noch halbwegs freundlich (ich glaube allerdings, da� ich den Mann kurz als "elenden Perversling" tituliert habe), ihm augenblicklich die Polizei auf den Hals zu hetzen und ein f�r alle Mal daf�r zu sorgen, da� er in einer Besserungsanstalt mit striktem Telefonverbot bei Wasser und Brot untergebracht werden w�rde. Angesichts solch tr�ber Aussichten hielt er es offensichtlich doch f�r besser, seine Identit�t zu offenbaren: Es handelte sich um Marcs Vater!

Allerdings war er weitestgehend unschuldig an der kleinen, n�chtlichen Horrorkom�die, denn Marc h�chstpers�nlich hatte ihm als b�ser Geist die kleinen Nachrichten eingefl�stert. Die beiden hatten wieder mal definitiv zuviel Wein getrunken, als sie auf die Idee kamen, da� man jetzt ja auch das neue Handy ausprobieren k�nnte. Und da sie sich kurz zuvor �ber ein neues Buch mit dem Titel "Die Zunge" unterhalten hatten, lag in Marcs Augen nichts n�her, als eine SMS mit eben jenem Inhalt an seinen pers�nlichen Telefonjoker f�r Literaturfragen zu schicken. Marc hatte nicht wirklich dar�ber nachgedacht, und sein Vater konnte nun beim besten Willen nichts von meiner l�ngeren Geschichte mit l�stigen Telefonaten in der Nacht wissen. Marc kl�rte die Sache dann also kichernd und prustend auf, w�hrend sein Vater und ich am liebsten vor lauter Scham im Erdboden versunken w�ren. Schlie�lich hatte er mich aus dem Schlaf gerissen und zutiefst beunruhigt, ich hingegen hatte ihm �ble Konsequenzen angedroht und ihm nicht gerade eben h�fliche Bezeichnungen an den Kopf geworfen. Und wovon das omin�se Zungen-Buch nun handelt, wei� ich bis heute nicht.