2002-09-13 - 00:55 - Freundliche Irre

Manchmal beschleicht mich das Gef�hl, da� es in Hamburg so gut wie keine normalen Menschen gibt. (Oder liegt das doch an mir, und ich ziehe Verr�ckte magnetisch an? Und wenn ja, was sagt das �ber mich aus?) Aber vermutlich liebe ich diese Stadt genau deshalb so.

Gestern mittag fuhr ich kurz mit dem Bus in die Stadt, als sich mir gegen�ber ein Mann niederlie�. Er sah ein wenig aus wie "King Ralph", mit einem gro�en, vollen und sehr offen wirkenden Gesicht. Er l�chelt mich zaghaft an und sah dabei so freundlich aus, da� ich ihn unwillk�rlich erfreut anstrahlen mu�te. Nach einer Weile �ffnete er eine kleine Tasche und holte einen Teddyb�r heraus.

Der B�r war ungef�hr 15 cm gro� und trug einen roten Wollpulli. Wie alle echten B�ren sah er schon reichlich abgeliebt aus. Der Mann l�chelt mir erneut sehr freundlich zu und widmete sich dann seinem B�ren. Er fl�sterte ihm leise irgendwelche Dinge ins Ohr, streichelte sanft seinen kleinen Arm und k��te ihn mehrfach. Einfach so. Am hellichten Tag im Bus 109.

Zwischendurch blickte er immer mal wieder auf und l�chelte mir freundlich und durchaus vergn�gt zu. Die meiste Zeit aber war er hingebungsvoll k�ssend und streichelnd mit seinem kleinen B�ren besch�ftigt. Ein wenig irre, vermutlich k�nnte man das schon als ziemlich verr�ckt bezeichnen, aber dabei so unendlich sanft und freundlich. Endlich mal kein aggressiver, wasserspeiender Irrer, sondern ein wirklich reizender Irrer.

Ich war enorm ger�hrt und h�tte ihn am liebsten gleich mit nach Hause genommen. Er wirkte so, als m�sse er unbedingt vor der kalten, hektischen Welt besch�tzt werden, in der sonst niemand �ffentliche Konversationen mit seinem Stofftier f�hrt und dabei so r�hrend l�chelt.

Abends erz�hlte ich Q davon und wurde zum zweiten Mal an diesem Tag �berrascht. Q fragte mich, ob der Typ wohl v�llig verr�ckt sei oder doch so normal wie wir alle. Als ich f�r ein wenig irre pl�dierte, blickte Q mich erstaunt an. "Aber das kann man doch nie so genau wissen. Vielleicht redet er mit einem lebendigen Teddyb�ren, den er sehr liebt. Das ist doch total normal. Verr�ckt ist man nur, wenn man mit toten, ungeliebten Teddys �ffentlich redet."

Ich h�tte es wissen m�ssen. Schlie�lich ist Qs engster Vertrauter ein kleines, rotes Stoffmonster namens Elmo. Und mit dem redet er auch in Kneipen, wenn es dringend ist, und das nicht erst nach dem f�nften Bier.

Seid also nicht nur nett zueinander, sondern auch zu Euren Stofftieren.

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Freundliche Irre 2002-09-13 00:55 Manchmal beschleicht mich das Gef�hl, da� es in Hamburg so gut wie keine normalen Menschen gibt. (Oder liegt das doch an mir, und ich ziehe Verr�ckte magnetisch an? Und wenn ja, was sagt das �ber mich aus?) Aber vermutlich liebe ich diese Stadt genau deshalb so.

Gestern mittag fuhr ich kurz mit dem Bus in die Stadt, als sich mir gegen�ber ein Mann niederlie�. Er sah ein wenig aus wie "King Ralph", mit einem gro�en, vollen und sehr offen wirkenden Gesicht. Er l�chelt mich zaghaft an und sah dabei so freundlich aus, da� ich ihn unwillk�rlich erfreut anstrahlen mu�te. Nach einer Weile �ffnete er eine kleine Tasche und holte einen Teddyb�r heraus.

Der B�r war ungef�hr 15 cm gro� und trug einen roten Wollpulli. Wie alle echten B�ren sah er schon reichlich abgeliebt aus. Der Mann l�chelt mir erneut sehr freundlich zu und widmete sich dann seinem B�ren. Er fl�sterte ihm leise irgendwelche Dinge ins Ohr, streichelte sanft seinen kleinen Arm und k��te ihn mehrfach. Einfach so. Am hellichten Tag im Bus 109.

Zwischendurch blickte er immer mal wieder auf und l�chelte mir freundlich und durchaus vergn�gt zu. Die meiste Zeit aber war er hingebungsvoll k�ssend und streichelnd mit seinem kleinen B�ren besch�ftigt. Ein wenig irre, vermutlich k�nnte man das schon als ziemlich verr�ckt bezeichnen, aber dabei so unendlich sanft und freundlich. Endlich mal kein aggressiver, wasserspeiender Irrer, sondern ein wirklich reizender Irrer.

Ich war enorm ger�hrt und h�tte ihn am liebsten gleich mit nach Hause genommen. Er wirkte so, als m�sse er unbedingt vor der kalten, hektischen Welt besch�tzt werden, in der sonst niemand �ffentliche Konversationen mit seinem Stofftier f�hrt und dabei so r�hrend l�chelt.

Abends erz�hlte ich Q davon und wurde zum zweiten Mal an diesem Tag �berrascht. Q fragte mich, ob der Typ wohl v�llig verr�ckt sei oder doch so normal wie wir alle. Als ich f�r ein wenig irre pl�dierte, blickte Q mich erstaunt an. "Aber das kann man doch nie so genau wissen. Vielleicht redet er mit einem lebendigen Teddyb�ren, den er sehr liebt. Das ist doch total normal. Verr�ckt ist man nur, wenn man mit toten, ungeliebten Teddys �ffentlich redet."

Ich h�tte es wissen m�ssen. Schlie�lich ist Qs engster Vertrauter ein kleines, rotes Stoffmonster namens Elmo. Und mit dem redet er auch in Kneipen, wenn es dringend ist, und das nicht erst nach dem f�nften Bier.

Seid also nicht nur nett zueinander, sondern auch zu Euren Stofftieren.