2002-09-16 - 17:03 - Ist Unvernunft erblich?

Manchmal kann mich die Unvernunft meiner Eltern wirklich in einen Verzweiflungsanfall treiben. Eltern haben einfach nicht unvern�nftig zu sein. Das ist ausschlie�lich die Dom�ne der Jugend und wohl der typischen jugendlichen Hybris zuzuschreiben. Finde ich zumindest.

Meine Eltern sehen das nat�rlich ganz anders - halten sich aber eigentlich sowieso nicht f�r unvern�nftig, sondern f�r �u�erst rational handelnde Wesen. Erschwerend kommt hinzu, da� ich von dem daraus resultierenden Chaos zumeist nur mit r�umlicher und zeitlicher Distanz erfahre und mich dadurch dann ganz besonders hilflos f�hle.

Zu diesem Eintrag bewogen haben mich einige eher beil�ufige Erz�hlungen meiner Eltern bei Telefonaten in den letzten Tagen. So emp�rte sich beispielsweise meine Mutter, da� mein Vater �ber�ngstlich sei, sich anstellen und l�cherlich machen w�rde, und sie ihn nur mit M�he und Not davon abhalten konnte, mitten in der Nacht einen Krankenwagen f�r sie zu rufen. Nachfragen bei meinem Vater ergaben jedoch, da� seine Sorge nicht g�nzlich unbegr�ndet war. Meine Mutter sa� n�mlich nachts mit einem unf�rmig angeschwollenen und blau angelaufenen Bein im Bett und klagte �ber Herzschmerzen.

Da liegt ein Thrombose-Verdacht nat�rlich nah, auch wenn sich die ganze Angelegenheit im Nachhinein als relativ harmlos entpuppte. Meine Mutter war n�mlich im leicht alkoholisierten Zustand schlicht davon ausgegangen, ein steinerner Poller in der Fu�g�ngerzone w�rde ihr schon aus dem Weg gehen. Bei dieser Aktion trug das bedauernswerte Schienbein eine gewaltige Beule davon, die durch vieles Stehen in den folgenden Tagen langsam runter in den Fu� wanderte. Und die vermeintlichen Herzschmerzen hatten ihren Ursprung gar nicht im Herzen, sondern wurden durch simples Sodbrennen verursacht.

Noch mehr unn�tige Angst um meine Mutter hat eine Bekannte von ihr auszustehen, die am fr�hen Nachmittag zu Besuch kommen wollte. Bei der Gelegenheit fand sie die Haust�r unverschlossen angelehnt vor - aber keine Spur von meiner Mutter. Auch eine genauere Inspektion der R�umlichkeiten im Erdgescho�, also K�che, Wohnzimmer, B�ro etc. sowie des Gartens drumherum brachte keinen Aufschlu� �ber ihren Verbleib.

Da w�hnte die Besucherin sie mindestens in gro�er Gefahr, wenn nicht gar bereits tot, geriet in heillose Panik und rannte laut schreiend �ber den Hof. Nat�rlich v�llig unbegr�ndet, denn meine Mutter hatte ganz einfach ihren Wecker �berh�rt und den Mittagsschlaf ein wenig ausgedehnt. Die T�r hatte sie blo� irgendwann im Laufe des Vormittags zu schlie�en vergessen, nachdem sie kurz im Garten war. Ein bedauerliches Versehen, aber in diesem Hause leider ganz und gar nicht un�blich.

Unsere Nachbarin, ausreichend mit den ungew�hnlichen Gepflogenheiten meiner Mutter vertraut, fing die kreischende Dame dann an der Stra�e ab, beruhigte sie und machte sich auf die Suche nach meiner Mutter. ("Nein, nein, ihr wird schon nichts passiert sein, und selbst wenn, der M�rder ist bestimmt schon weg. Wir rufen besser noch nicht die Polizei.") Sie fand sie auch prompt und beendete seufzend ihren seligen Schlummer.

Mein Vater l�uft statt dessen wohl schon seit einigen Wochen mit einem Leistenbruch durch die Welt. Als er jedoch endlich davon �berzeugt werden konnte, zum Arzt zu gehen, mu�te er zu seinem gro�en Bedauern feststellen, da� sich ein solches Leiden nicht mal eben kurz zwischen zwei Sitzungen in der Mittagspause beheben l��t. Nein, da mu� man doch tats�chlich einige Tage seiner kostbaren Zeit opfern und sich ins Krankenhaus begeben. Er wird jetzt also versuchen, gegen Ende des Jahres ein wenig Zeit f�r derartige Extravaganzen zu finden, und ich solle mir doch bittesch�n keine unn�tigen Sorgen machen. Eltern!

0 Zwischenrufe

Prev, Next

Schon gelesen?

2004-03-11 - Umzug!

2004-03-09 - Wenn man sie nur lie�e ...

2004-03-08 - C.

2004-03-05 - Brot, so oder so

2004-03-04 - Aus die Maus

hosted by DiaryLand.com

Ist Unvernunft erblich? 2002-09-16 17:03 Manchmal kann mich die Unvernunft meiner Eltern wirklich in einen Verzweiflungsanfall treiben. Eltern haben einfach nicht unvern�nftig zu sein. Das ist ausschlie�lich die Dom�ne der Jugend und wohl der typischen jugendlichen Hybris zuzuschreiben. Finde ich zumindest.

Meine Eltern sehen das nat�rlich ganz anders - halten sich aber eigentlich sowieso nicht f�r unvern�nftig, sondern f�r �u�erst rational handelnde Wesen. Erschwerend kommt hinzu, da� ich von dem daraus resultierenden Chaos zumeist nur mit r�umlicher und zeitlicher Distanz erfahre und mich dadurch dann ganz besonders hilflos f�hle.

Zu diesem Eintrag bewogen haben mich einige eher beil�ufige Erz�hlungen meiner Eltern bei Telefonaten in den letzten Tagen. So emp�rte sich beispielsweise meine Mutter, da� mein Vater �ber�ngstlich sei, sich anstellen und l�cherlich machen w�rde, und sie ihn nur mit M�he und Not davon abhalten konnte, mitten in der Nacht einen Krankenwagen f�r sie zu rufen. Nachfragen bei meinem Vater ergaben jedoch, da� seine Sorge nicht g�nzlich unbegr�ndet war. Meine Mutter sa� n�mlich nachts mit einem unf�rmig angeschwollenen und blau angelaufenen Bein im Bett und klagte �ber Herzschmerzen.

Da liegt ein Thrombose-Verdacht nat�rlich nah, auch wenn sich die ganze Angelegenheit im Nachhinein als relativ harmlos entpuppte. Meine Mutter war n�mlich im leicht alkoholisierten Zustand schlicht davon ausgegangen, ein steinerner Poller in der Fu�g�ngerzone w�rde ihr schon aus dem Weg gehen. Bei dieser Aktion trug das bedauernswerte Schienbein eine gewaltige Beule davon, die durch vieles Stehen in den folgenden Tagen langsam runter in den Fu� wanderte. Und die vermeintlichen Herzschmerzen hatten ihren Ursprung gar nicht im Herzen, sondern wurden durch simples Sodbrennen verursacht.

Noch mehr unn�tige Angst um meine Mutter hat eine Bekannte von ihr auszustehen, die am fr�hen Nachmittag zu Besuch kommen wollte. Bei der Gelegenheit fand sie die Haust�r unverschlossen angelehnt vor - aber keine Spur von meiner Mutter. Auch eine genauere Inspektion der R�umlichkeiten im Erdgescho�, also K�che, Wohnzimmer, B�ro etc. sowie des Gartens drumherum brachte keinen Aufschlu� �ber ihren Verbleib.

Da w�hnte die Besucherin sie mindestens in gro�er Gefahr, wenn nicht gar bereits tot, geriet in heillose Panik und rannte laut schreiend �ber den Hof. Nat�rlich v�llig unbegr�ndet, denn meine Mutter hatte ganz einfach ihren Wecker �berh�rt und den Mittagsschlaf ein wenig ausgedehnt. Die T�r hatte sie blo� irgendwann im Laufe des Vormittags zu schlie�en vergessen, nachdem sie kurz im Garten war. Ein bedauerliches Versehen, aber in diesem Hause leider ganz und gar nicht un�blich.

Unsere Nachbarin, ausreichend mit den ungew�hnlichen Gepflogenheiten meiner Mutter vertraut, fing die kreischende Dame dann an der Stra�e ab, beruhigte sie und machte sich auf die Suche nach meiner Mutter. ("Nein, nein, ihr wird schon nichts passiert sein, und selbst wenn, der M�rder ist bestimmt schon weg. Wir rufen besser noch nicht die Polizei.") Sie fand sie auch prompt und beendete seufzend ihren seligen Schlummer.

Mein Vater l�uft statt dessen wohl schon seit einigen Wochen mit einem Leistenbruch durch die Welt. Als er jedoch endlich davon �berzeugt werden konnte, zum Arzt zu gehen, mu�te er zu seinem gro�en Bedauern feststellen, da� sich ein solches Leiden nicht mal eben kurz zwischen zwei Sitzungen in der Mittagspause beheben l��t. Nein, da mu� man doch tats�chlich einige Tage seiner kostbaren Zeit opfern und sich ins Krankenhaus begeben. Er wird jetzt also versuchen, gegen Ende des Jahres ein wenig Zeit f�r derartige Extravaganzen zu finden, und ich solle mir doch bittesch�n keine unn�tigen Sorgen machen. Eltern!