2002-10-08 - 21:52 - Familientreffen mit Pferd

Ich habe mich immer noch nicht so ganz von dem sehr unterhaltsamen, aber auch ziemlich schlafarmen Wochenende in Berlin erholt, will Euch aber auch nicht l�nger auf ein Update warten lassen. Sonst passiert wieder so viel Neues, da� die Berlin-Ereignisse unerw�hnt bleiben. Das w�re geradezu str�flich, da ich dort nicht nur eine Freundin besucht, sondern auch meine Familie getroffen habe.

Wir sind in der Hinsicht (und wahrlich nicht nur in der ...) etwas sonderbar, da wir uns fast h�ufiger in anderen St�dten als in der alten Heimat treffen. Aber da die meisten Familienmitglieder eh viel zu hektisch irgendwo in der Welt verstreut unterwegs sind, sollte man jede Gelegenheit zu einer Zusammenkunft nutzen, und an diesem Wochenende war es halt Berlin.

Meine Eltern waren zum Galopprennen mit anschlie�endem Kurzurlaub angereist. Wichtig war aber vor allem das Rennen, da das Pferd meiner Mutter endlich unter ihren kritischen Blicken antreten sollte. Nein, ich entstamme keiner Familie Superreicher mit dekadenten Hobbys und einem Hang zur Geldverschwendung (Bettelbriefe oder Heiratsw�nsche an meine Adresse sind also g�nzlich vergebens ;-))

Vielmehr hat meine abenteuerlustige Mutter in einem Anfall von emanzipatorischer Selbstverwirklichung einen Haufen Freundinnen um sich geschart, die alle kleinere Betr�ge zusammengeschmissen und eine Stallgemeinschaft gegr�ndet haben. Dann wurde die Einzige mit Pferdesachverstand vorgeschickt, um einen tauglichen Hengst zu erstehen (klar, emanzipierte Frauen haben f�r die Laufarbeit M�nner) und einem Trainer anzuvertrauen. Und jetzt sollte der Wunderknabe (das Pferd, nicht der Trainer) also endlich sein Talent unter Beweis stellen und einer Horde aufgeregter Frauen den Tag vers��en.

Galopprennen in Berlin sind zwar nicht mal ann�hernd so mond�n und glamour�s wie in Hamburg oder Baden-Baden, daf�r mit einem quasi Familien-Pferd vor Ort nat�rlich ungleich spannender. Allerdings h�tte ich mir die stundenlange komplizierte Kleiderauswahl ersparen und zudem endlich mal bequeme Schuhe statt zu hoher Stiefel trage k�nnen. Auch den Hut h�tte ich nicht extra mit in die Hauptstadt nehmen m�ssen.

Aber so wurde meine neuerworbene Kopfbedeckung, bestehend aus etwas schwarzem Samt, etwas mehr schwarzer Spitze und einigen Ausschnitten der Financial Times, zumindest angemessen gew�rdigt. In Hamburg w�re der kleine Hut glatt in der Masse untergegangen, hier aber wurde er mit erstaunlich vielen Komplimenten bedacht (nat�rlich wu�ten vor allem anwesende Journalisten die ungew�hnliche Zweitverwertung ihrer Erg�sse zu sch�tzen). Jetzt kann ich mich f�r die n�chsten Monate guten Gewissens unter grauen Pudelm�tzen verstecken ...

Aber zur�ck zum eigentlich Star des Tages: dem m�tterlichen Hengst (klingt das jetzt nur in meinen Ohren ziemlich unanst�ndig?). Obwohl ich sonst so gar keine Spielernatur bin, mu�te ich in diesem Fall schon aus Gr�nden der Familienehre einen der komplizierten Wettscheine ausf�llen, schweren Herzens meine knappe studentische Kasse pl�ndern und die allgemeine Nervosit�t mit ausreichend Champagner auflockern.

Vor Beginn des Rennens wurde der arme Zosse dann von einem ganzen Pulk an Bewunderinnen heimgesucht, der gestre�te Trainer mit Fragen bombardiert und der Jockey mit vorget�uschter Kennermiene zur Rennstrategie befragt. Der letzte Teil war mir ganz besonders unangenehm, da ich mich dank meiner 1,81 m plus Stiefelabsatz und Hut neben diesen d�rren, wirklich winzigen M�nnchen regelm��ig wie ein unbedarftes Riesenkalb f�hle. Normalerweise bin ich sehr gl�cklich �ber meine Gr��e und trage gerne hohe Abs�tze, aber im Alltag stapfe ich auch nicht wie Gulliver durch eine gr��ere Ansammlung wuselnder kleiner M�nner (sorry guys).

Aber all das T�tscheln und Zureden zeigte Wirkung (vielleicht wollte das Tier uns aber auch nur besonders fix entkommen), und der Hengst wurde tats�chlich mit nur einer knappen Halsl�nge Abstand Zweiter - was zu viel Jubel, noch mehr Champagner und dem ersten Gewinn in meiner kl�glichen Wettkarriere f�hrte.

Der Kommentar meiner Mutter fiel allerdings gewohnt trocken aus: "Tja, ich habe halt schon immer ein gutes Gesp�r f�r die richtigen M�nner gehabt. Schlie�lich ist aus deinem Vater auch noch was Anst�ndiges geworden, obwohl deine Gro�eltern lange erhebliche Zweifel daran hatten." Hoffentlich besteht sie trotzdem nicht darauf, auch f�r mich einen geeigneten Hengst, �hm Mann auszusuchen ...

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Familientreffen mit Pferd 2002-10-08 21:52 Ich habe mich immer noch nicht so ganz von dem sehr unterhaltsamen, aber auch ziemlich schlafarmen Wochenende in Berlin erholt, will Euch aber auch nicht l�nger auf ein Update warten lassen. Sonst passiert wieder so viel Neues, da� die Berlin-Ereignisse unerw�hnt bleiben. Das w�re geradezu str�flich, da ich dort nicht nur eine Freundin besucht, sondern auch meine Familie getroffen habe.

Wir sind in der Hinsicht (und wahrlich nicht nur in der ...) etwas sonderbar, da wir uns fast h�ufiger in anderen St�dten als in der alten Heimat treffen. Aber da die meisten Familienmitglieder eh viel zu hektisch irgendwo in der Welt verstreut unterwegs sind, sollte man jede Gelegenheit zu einer Zusammenkunft nutzen, und an diesem Wochenende war es halt Berlin.

Meine Eltern waren zum Galopprennen mit anschlie�endem Kurzurlaub angereist. Wichtig war aber vor allem das Rennen, da das Pferd meiner Mutter endlich unter ihren kritischen Blicken antreten sollte. Nein, ich entstamme keiner Familie Superreicher mit dekadenten Hobbys und einem Hang zur Geldverschwendung (Bettelbriefe oder Heiratsw�nsche an meine Adresse sind also g�nzlich vergebens ;-))

Vielmehr hat meine abenteuerlustige Mutter in einem Anfall von emanzipatorischer Selbstverwirklichung einen Haufen Freundinnen um sich geschart, die alle kleinere Betr�ge zusammengeschmissen und eine Stallgemeinschaft gegr�ndet haben. Dann wurde die Einzige mit Pferdesachverstand vorgeschickt, um einen tauglichen Hengst zu erstehen (klar, emanzipierte Frauen haben f�r die Laufarbeit M�nner) und einem Trainer anzuvertrauen. Und jetzt sollte der Wunderknabe (das Pferd, nicht der Trainer) also endlich sein Talent unter Beweis stellen und einer Horde aufgeregter Frauen den Tag vers��en.

Galopprennen in Berlin sind zwar nicht mal ann�hernd so mond�n und glamour�s wie in Hamburg oder Baden-Baden, daf�r mit einem quasi Familien-Pferd vor Ort nat�rlich ungleich spannender. Allerdings h�tte ich mir die stundenlange komplizierte Kleiderauswahl ersparen und zudem endlich mal bequeme Schuhe statt zu hoher Stiefel trage k�nnen. Auch den Hut h�tte ich nicht extra mit in die Hauptstadt nehmen m�ssen.

Aber so wurde meine neuerworbene Kopfbedeckung, bestehend aus etwas schwarzem Samt, etwas mehr schwarzer Spitze und einigen Ausschnitten der Financial Times, zumindest angemessen gew�rdigt. In Hamburg w�re der kleine Hut glatt in der Masse untergegangen, hier aber wurde er mit erstaunlich vielen Komplimenten bedacht (nat�rlich wu�ten vor allem anwesende Journalisten die ungew�hnliche Zweitverwertung ihrer Erg�sse zu sch�tzen). Jetzt kann ich mich f�r die n�chsten Monate guten Gewissens unter grauen Pudelm�tzen verstecken ...

Aber zur�ck zum eigentlich Star des Tages: dem m�tterlichen Hengst (klingt das jetzt nur in meinen Ohren ziemlich unanst�ndig?). Obwohl ich sonst so gar keine Spielernatur bin, mu�te ich in diesem Fall schon aus Gr�nden der Familienehre einen der komplizierten Wettscheine ausf�llen, schweren Herzens meine knappe studentische Kasse pl�ndern und die allgemeine Nervosit�t mit ausreichend Champagner auflockern.

Vor Beginn des Rennens wurde der arme Zosse dann von einem ganzen Pulk an Bewunderinnen heimgesucht, der gestre�te Trainer mit Fragen bombardiert und der Jockey mit vorget�uschter Kennermiene zur Rennstrategie befragt. Der letzte Teil war mir ganz besonders unangenehm, da ich mich dank meiner 1,81 m plus Stiefelabsatz und Hut neben diesen d�rren, wirklich winzigen M�nnchen regelm��ig wie ein unbedarftes Riesenkalb f�hle. Normalerweise bin ich sehr gl�cklich �ber meine Gr��e und trage gerne hohe Abs�tze, aber im Alltag stapfe ich auch nicht wie Gulliver durch eine gr��ere Ansammlung wuselnder kleiner M�nner (sorry guys).

Aber all das T�tscheln und Zureden zeigte Wirkung (vielleicht wollte das Tier uns aber auch nur besonders fix entkommen), und der Hengst wurde tats�chlich mit nur einer knappen Halsl�nge Abstand Zweiter - was zu viel Jubel, noch mehr Champagner und dem ersten Gewinn in meiner kl�glichen Wettkarriere f�hrte.

Der Kommentar meiner Mutter fiel allerdings gewohnt trocken aus: "Tja, ich habe halt schon immer ein gutes Gesp�r f�r die richtigen M�nner gehabt. Schlie�lich ist aus deinem Vater auch noch was Anst�ndiges geworden, obwohl deine Gro�eltern lange erhebliche Zweifel daran hatten." Hoffentlich besteht sie trotzdem nicht darauf, auch f�r mich einen geeigneten Hengst, �hm Mann auszusuchen ...