2002-11-21 - 22:42 - Film ab

Hamburg ist eine Medienstadt, sch�n. Hier werden zudem st�ndig Filme oder Serien gedreht, auch wunderbar. Aber warum so oft vor meinem Fenster? Irgendein Location Scout mu� irgendwann mal zuf�llig einen Blick in unsere kleine, geruhsame Hinterhofgasse geworfen und sich spontan verliebt haben.

Dann hat er die Macher einer mir immer noch unbekannten ZDF-Serie von der Sch�nheit unseres beschaulichen G��chens �berzeugt, und die haben prompt eine ihrer Figuren hier "einquartiert". Wenn nun eine kurze Szene gew�nscht wird, in der besagte Figur f�nf Sekunden lang ihre Eink�ufe in einer auf Hochglanz polierten Aldi-T�te nach Hause schleppt ("gewohnt" wird zum Gl�ck in einem Studio), dann herrscht hier den ganzen Tag Belagerungszustand.

Unsere ohnehin schon ziemlich zugeparkte Stra�e wird dann ab morgens um sieben von zahllosen LKW verstopft, die wichtige Aufschriften wie "Movie Lights", "Die mobile Maske" oder "Cinemobil" tragen. Normalsterbliche haben an solchen Tagen nat�rlich striktes Halteverbot in einem gr��eren Umkreis.

Viel mehr passiert dann morgens allerdings nicht. Es wird geparkt und fertig. Von den Filmfuzzis erscheint meist keiner vor elf, dann daf�r um so mehr wichtige und ziemlich hektische Leute (Q wird das best�tigen, er h�lt es generell f�r eine Zumutung, vor elf Uhr morgens zu arbeiten oder auch nur angerufen zu werden).

Dann werden haufenweise gro�e Strahler aufgestellt (die auch jetzt noch, lange nach Drehschlu�, die Winternacht in ein gespenstisch grelles Licht tauchen - man k�nnte meinen, eine Invasion von Aliens oder der Einmarsch von Buschs Sturmtruppen st�nde unmittelbar bevor, zur Not g�be es auch Licht genug f�r beide ...) und genug Kabel verlegt, um eine ganze holsteinische Kleinstadt mit Strom zu versorgen.

Dazwischen stehen unz�hlige Menschen herum, die entweder gro�e Werkzeug-G�rtel oder aber, wie die meisten, Walkie-talkies mit sich herumtragen. Das ist dann aber wohl auch schon ihre Hauptaufgabe: irgendwo rumstehen, nerv�s an der Zigarette ziehen, Passanten abf�llig be�ugen, gelegentlich mal Unverst�ndliches ins Funkger�t murmeln und nebenbei m�glichst cool und gelassen gucken.

Ansonsten sieht man sie h�chstens noch mal Kaffee holen. Andere Arbeiten sind entweder nicht vorgesehen oder finden unter absolutem Ausschlu� der nachbarlichen �ffentlichkeit im Geheimen statt (wobei ich dann nat�rlich meine geh�ssigen Unterstellungen zur�cknehmen mu�). Egal was auch immer ihre Aufgabe sein mag, in der Stellenanzeige mu� ganz oben als unabdingbare Einstellungsvoraussetzung "m�glichst l�ssiger Blick und trendiges �u�eres" gestanden haben.

Wenn dann am sp�ten Mittag die Darstellerin auftaucht, entwickelt zumindest ein Teil der Crew f�r einige Zeit hektische Betriebsamkeit. Da werden Abl�ufe geprobt (soll hei�en, die Frau st�ckelt einige Male einige Meter Gasse mit der Aldi-T�te auf und ab), Scheinwerfer verschoben, Kommandos gebellt, Nachbarn am Betreten des Gasse gehindert, N�schen gepudert etc.

Der Rest steht weiterhin gelassen rum, besch�ftigt sich mit allerhand oralen Dingen wie an Kippen und Funkger�ten nuckeln und zieht die Fellkapuzen enger um die Bed-Head-Frisur.

Nach so viel Vorbereitung erwarten wir an unseren Fensterpl�tzen nat�rlich mindestens einen Live-Auftritt von Sting, aber statt dessen st�ckelt tats�chlich nur eine mehr oder minder unbekannte, daf�r aber entsetzlich d�nne und f�r die Jahreszeit viel zu knapp bekleidete Serien-Darstellerin auf hohen Abs�tzen unsicher �ber unser Kopfsteinpflaster, kramt nach einem Schl�ssel und verschwindet im Haus.

Nat�rlich tut sie das daf�r gleich mehrmals, nicht aber ohne sich dazwischen erneut die Nase pudern zu lassen, w�hrend die Scheinwerfer um einige Millimeter verschoben werden. Leicht gestre�te Anwohner d�rfen diese Puder-Pausen dazu nutzen, schnell durch die Gasse zu ihren H�usern zu huschen - m�glichst ohne dabei �ber Kabel zu stolpern oder einen der zahllosen Metall-Container umzurennen.

F�r eine Szene von etwa f�nf Sekunden braucht man also ein riesiges Team von Leuten mit �berwiegend englischer Berufsbezeichnung und unklarem Berufsbild, ungef�hr 16 Stunden Zeit vor Ort und im Winter eine gewisse Frostresistenz. Warum blo� wollen alle unbedingt zum Film?

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Film ab 2002-11-21 22:42 Hamburg ist eine Medienstadt, sch�n. Hier werden zudem st�ndig Filme oder Serien gedreht, auch wunderbar. Aber warum so oft vor meinem Fenster? Irgendein Location Scout mu� irgendwann mal zuf�llig einen Blick in unsere kleine, geruhsame Hinterhofgasse geworfen und sich spontan verliebt haben.

Dann hat er die Macher einer mir immer noch unbekannten ZDF-Serie von der Sch�nheit unseres beschaulichen G��chens �berzeugt, und die haben prompt eine ihrer Figuren hier "einquartiert". Wenn nun eine kurze Szene gew�nscht wird, in der besagte Figur f�nf Sekunden lang ihre Eink�ufe in einer auf Hochglanz polierten Aldi-T�te nach Hause schleppt ("gewohnt" wird zum Gl�ck in einem Studio), dann herrscht hier den ganzen Tag Belagerungszustand.

Unsere ohnehin schon ziemlich zugeparkte Stra�e wird dann ab morgens um sieben von zahllosen LKW verstopft, die wichtige Aufschriften wie "Movie Lights", "Die mobile Maske" oder "Cinemobil" tragen. Normalsterbliche haben an solchen Tagen nat�rlich striktes Halteverbot in einem gr��eren Umkreis.

Viel mehr passiert dann morgens allerdings nicht. Es wird geparkt und fertig. Von den Filmfuzzis erscheint meist keiner vor elf, dann daf�r um so mehr wichtige und ziemlich hektische Leute (Q wird das best�tigen, er h�lt es generell f�r eine Zumutung, vor elf Uhr morgens zu arbeiten oder auch nur angerufen zu werden).

Dann werden haufenweise gro�e Strahler aufgestellt (die auch jetzt noch, lange nach Drehschlu�, die Winternacht in ein gespenstisch grelles Licht tauchen - man k�nnte meinen, eine Invasion von Aliens oder der Einmarsch von Buschs Sturmtruppen st�nde unmittelbar bevor, zur Not g�be es auch Licht genug f�r beide ...) und genug Kabel verlegt, um eine ganze holsteinische Kleinstadt mit Strom zu versorgen.

Dazwischen stehen unz�hlige Menschen herum, die entweder gro�e Werkzeug-G�rtel oder aber, wie die meisten, Walkie-talkies mit sich herumtragen. Das ist dann aber wohl auch schon ihre Hauptaufgabe: irgendwo rumstehen, nerv�s an der Zigarette ziehen, Passanten abf�llig be�ugen, gelegentlich mal Unverst�ndliches ins Funkger�t murmeln und nebenbei m�glichst cool und gelassen gucken.

Ansonsten sieht man sie h�chstens noch mal Kaffee holen. Andere Arbeiten sind entweder nicht vorgesehen oder finden unter absolutem Ausschlu� der nachbarlichen �ffentlichkeit im Geheimen statt (wobei ich dann nat�rlich meine geh�ssigen Unterstellungen zur�cknehmen mu�). Egal was auch immer ihre Aufgabe sein mag, in der Stellenanzeige mu� ganz oben als unabdingbare Einstellungsvoraussetzung "m�glichst l�ssiger Blick und trendiges �u�eres" gestanden haben.

Wenn dann am sp�ten Mittag die Darstellerin auftaucht, entwickelt zumindest ein Teil der Crew f�r einige Zeit hektische Betriebsamkeit. Da werden Abl�ufe geprobt (soll hei�en, die Frau st�ckelt einige Male einige Meter Gasse mit der Aldi-T�te auf und ab), Scheinwerfer verschoben, Kommandos gebellt, Nachbarn am Betreten des Gasse gehindert, N�schen gepudert etc.

Der Rest steht weiterhin gelassen rum, besch�ftigt sich mit allerhand oralen Dingen wie an Kippen und Funkger�ten nuckeln und zieht die Fellkapuzen enger um die Bed-Head-Frisur.

Nach so viel Vorbereitung erwarten wir an unseren Fensterpl�tzen nat�rlich mindestens einen Live-Auftritt von Sting, aber statt dessen st�ckelt tats�chlich nur eine mehr oder minder unbekannte, daf�r aber entsetzlich d�nne und f�r die Jahreszeit viel zu knapp bekleidete Serien-Darstellerin auf hohen Abs�tzen unsicher �ber unser Kopfsteinpflaster, kramt nach einem Schl�ssel und verschwindet im Haus.

Nat�rlich tut sie das daf�r gleich mehrmals, nicht aber ohne sich dazwischen erneut die Nase pudern zu lassen, w�hrend die Scheinwerfer um einige Millimeter verschoben werden. Leicht gestre�te Anwohner d�rfen diese Puder-Pausen dazu nutzen, schnell durch die Gasse zu ihren H�usern zu huschen - m�glichst ohne dabei �ber Kabel zu stolpern oder einen der zahllosen Metall-Container umzurennen.

F�r eine Szene von etwa f�nf Sekunden braucht man also ein riesiges Team von Leuten mit �berwiegend englischer Berufsbezeichnung und unklarem Berufsbild, ungef�hr 16 Stunden Zeit vor Ort und im Winter eine gewisse Frostresistenz. Warum blo� wollen alle unbedingt zum Film?