2003-01-18 - 23:57 - Der Nachbar im Eisfach

Dem Papst mag gelegentlich die eine oder andere Sache entgehen, meinen Nachbarn aber ganz gewi� nicht. Wenn man nach dem Abi das Elternhaus verl��t und in die relative Ferne zieht, dann tut man das nicht zuletzt mit dem Gef�hl, sein Leben endlich ohne �berwachungsinstanz f�hren zu k�nnen.

Aber weit gefehlt. Zehn Jahre sp�ter mu� ich mir selbst reum�tig eingestehen, da� meine Eltern immer viel zu besch�ftigt waren, um mich derart genau zu �berwachen wie das meine jeweiligen Nachbarn immer zu tun scheinen.

Im Studentenwohnheim waren es mein exzessiver Kaffeekonsum, der d�rftige Inhalt meines K�hlschranks sowie die komplette Abwesenheit von M�nnern in meinem Leben, die regelm��ig den Argwohn der Mitbewohner erregten.

Als ich dann einen unbeobachteten K�hlschrank in meiner ersten Single-Wohnung hatte, befanden die mi�trauischen Nachbarn, ich m�sse drogens�chtig sein, zumindest aber illegalen Aktivit�ten nachgehen. Schlie�lich trug ich einen zwar sehr dezenten, aber doch immer noch deutlich sichtbaren Nasenring und hatte nun st�ndig M�nnerbesuch (was bei einem haupts�chlich schwulen Umfeld einfach nicht ausbleibt).

Jetzt wohne ich in einem Haus mit Leuten, die �berwiegend in meinem Alter sind. Und ich dachte naiverweise, mein Lebenswandel w�rde hier h�chstens mit einem Achselzucken registriert, nicht aber wieder genauestens unter die Lupe genommen. Schon wieder weit gefehlt.

Die ersten Kommentare zu meinem Sexualleben (sofern aktuell vorhanden) habe ich noch mit einem L�cheln quittiert. So etwas bleibt in hellh�rigen Altbauten bekannterma�en nicht aus. Auch mit der Tatsache, da� meine Nachbarn in meiner Abwesenheit nicht nur meine Blumen gie�en, sondern sich auch Zwiebeln & Co. leihen, kann ich wunderbar leben.

Aber der heutige Zwischenfall hat mich doch sprachlos gemacht. Ich traf meinen blumengie�enden Nachbarn auf dem Weg zum t�glichen Walk an der Alster und gr��te freundlich. Er bedankte sich bei der Gelegenheit f�r die Zwiebeln, blickte mich dann aber streng an und sagte: "Dein K�hlschrank ... (bedeutungsvolle Pause) ... �ber deinen K�hlschrank m�ssen wir wirklich mal reden."

Bitte was? Was ist denn mit meinem K�hlschrank los? Und was geht ihn mein K�hlschrank �berhaupt an?

"Ja, ich hab da mal einen Blick reingeworfen." Hallo, hab ich hier was verpa�t? Was tut er in meinem K�hlschrank? "Da war ein Yoghurt drin, der bereits seit drei Tagen abgelaufen war. Und dein Eisfach erst. Komplett zugefroren. Aber kom-plett. Das geht doch so nicht."

Ich mu� zugeben, da� ich ihn einfach nur stumm angestarrt habe. In meinem Kopf rannten w�tende Repliken um die Wette, aber ich war so perplex, da� ich ausnahmsweise mal nichts sagen konnte.

Ich h�tte besser damit umgehen k�nnen, wenn er heimlich in meinem Bett geschlafen oder meine Schublade mit Unterw�sche durchw�hlt h�tte. Aber, so l�cherlich das klingt, mein K�hlschrank ist absolut intime Privatsph�re. Trespassers will be shot.

Und Montag kauf ich mir dicke Ketten und ein Schlo�.

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Der Nachbar im Eisfach 2003-01-18 23:57 Dem Papst mag gelegentlich die eine oder andere Sache entgehen, meinen Nachbarn aber ganz gewi� nicht. Wenn man nach dem Abi das Elternhaus verl��t und in die relative Ferne zieht, dann tut man das nicht zuletzt mit dem Gef�hl, sein Leben endlich ohne �berwachungsinstanz f�hren zu k�nnen.

Aber weit gefehlt. Zehn Jahre sp�ter mu� ich mir selbst reum�tig eingestehen, da� meine Eltern immer viel zu besch�ftigt waren, um mich derart genau zu �berwachen wie das meine jeweiligen Nachbarn immer zu tun scheinen.

Im Studentenwohnheim waren es mein exzessiver Kaffeekonsum, der d�rftige Inhalt meines K�hlschranks sowie die komplette Abwesenheit von M�nnern in meinem Leben, die regelm��ig den Argwohn der Mitbewohner erregten.

Als ich dann einen unbeobachteten K�hlschrank in meiner ersten Single-Wohnung hatte, befanden die mi�trauischen Nachbarn, ich m�sse drogens�chtig sein, zumindest aber illegalen Aktivit�ten nachgehen. Schlie�lich trug ich einen zwar sehr dezenten, aber doch immer noch deutlich sichtbaren Nasenring und hatte nun st�ndig M�nnerbesuch (was bei einem haupts�chlich schwulen Umfeld einfach nicht ausbleibt).

Jetzt wohne ich in einem Haus mit Leuten, die �berwiegend in meinem Alter sind. Und ich dachte naiverweise, mein Lebenswandel w�rde hier h�chstens mit einem Achselzucken registriert, nicht aber wieder genauestens unter die Lupe genommen. Schon wieder weit gefehlt.

Die ersten Kommentare zu meinem Sexualleben (sofern aktuell vorhanden) habe ich noch mit einem L�cheln quittiert. So etwas bleibt in hellh�rigen Altbauten bekannterma�en nicht aus. Auch mit der Tatsache, da� meine Nachbarn in meiner Abwesenheit nicht nur meine Blumen gie�en, sondern sich auch Zwiebeln & Co. leihen, kann ich wunderbar leben.

Aber der heutige Zwischenfall hat mich doch sprachlos gemacht. Ich traf meinen blumengie�enden Nachbarn auf dem Weg zum t�glichen Walk an der Alster und gr��te freundlich. Er bedankte sich bei der Gelegenheit f�r die Zwiebeln, blickte mich dann aber streng an und sagte: "Dein K�hlschrank ... (bedeutungsvolle Pause) ... �ber deinen K�hlschrank m�ssen wir wirklich mal reden."

Bitte was? Was ist denn mit meinem K�hlschrank los? Und was geht ihn mein K�hlschrank �berhaupt an?

"Ja, ich hab da mal einen Blick reingeworfen." Hallo, hab ich hier was verpa�t? Was tut er in meinem K�hlschrank? "Da war ein Yoghurt drin, der bereits seit drei Tagen abgelaufen war. Und dein Eisfach erst. Komplett zugefroren. Aber kom-plett. Das geht doch so nicht."

Ich mu� zugeben, da� ich ihn einfach nur stumm angestarrt habe. In meinem Kopf rannten w�tende Repliken um die Wette, aber ich war so perplex, da� ich ausnahmsweise mal nichts sagen konnte.

Ich h�tte besser damit umgehen k�nnen, wenn er heimlich in meinem Bett geschlafen oder meine Schublade mit Unterw�sche durchw�hlt h�tte. Aber, so l�cherlich das klingt, mein K�hlschrank ist absolut intime Privatsph�re. Trespassers will be shot.

Und Montag kauf ich mir dicke Ketten und ein Schlo�.