2003-01-26 - 13:44 - M�nner in Feinripp und Kunstblut

Es gibt Tage, die trotz guter Absichten einfach nicht gelingen wollen, und die man am besten recht schnell wieder aus dem Ged�chtnis streicht. Sofern man nicht grad seine Leserschaft damit behelligen kann ;-)

So stand ich zwar gestern sehr fr�h hochmotiviert auf, mu�te dann aber gleich den ersten Tiefschlag einstecken, als diaryland stundenlang nicht zu erreichen war. Das geht doch nicht. Ich mu� morgens als erstes einen Blick auf meine Statistik werfen, noch bevor der Kaffee ganz durchgelaufen ist.

Also raus aus dem Netz, zur�ck zu handfestem Papier. Zum Gl�ck war zumindest der Kaffee fertig, als ich feststellte, da� auch die FAZ auf mysteri�se Weise verschwunden war. W�hrend ich grad noch gr�belte, ob es in einem derartigen Notfall ethisch vertretbar war, f�r eine Stunde die Ausgabe des Nachbarn zu "leihen", stapfte eben jener h�chstpers�nlich die Treppe herunter und schnappte sich verschlafen seine Zeitung.

Na gut, dann wird es eben kein gem�tlicher Kaffee-und-FAZ-Samstag- Morgen auf dem Sofa. Immerhin zwang mich das dazu, meine Eink�ufe m�glichst fr�h zu erledigen. Schade nur, da� ein noch fr�herer Eink�ufer eine Flasche Ketchup zerschmettert auf dem Weg zum Supermarkt hinterlassen hatte.

Noch bedauerlicher, da� ich in meinem verschlafenen Zustand mitten reintreten mu�te und so eine lange, gruselige "Blut"-Spur wie aus einem 60er-Jahre-Edgar-Wallace hinterlie�. Lyssa, die angeschossene Einbeinige, unterwegs um unbescholtene B�rger beim samst�glichen Einkauf zu verschrecken.

Sp�ter, reichlich motivations-vermindert, stiefelte ich auf den Dachboden, um endlich einige Kisten mit �berfl�ssigen Deko-Gegenst�nden zu verstauen. Leider aber wird unser Dachboden aber auch als Trockenboden f�r W�sche genutzt. Und irgend jemand hatte es vorgezogen, seine W�sche nicht in einer hinteren Ecke, sondern genau vor der T�r zu meiner kleinen Dachkammer aufzuh�ngen.

Ich mu�te also erste haufenweise W�sche umh�ngen, um an meine T�r zu gelangen. Und nicht nur irgendwelche W�sche. Nein, es handelte sich dabei um mindestens 20 M�nnerunterhosen vom Typ "Feinripp der sp�ten 50er Jahre" mit dem entsprechenden Grauschleier versehen, wie ihn nur jahrzehntelanger Gebrauch hinterlassen kann. Zu allem �berflu� auch noch in einer Gr��e, die f�r drei durchschnittliche M�nner gen�gt h�tte.

Aus Angst, nach diesem tr�ben Tag abends in einer Bar auch noch dem unheimlichen Unterw�schebesitzer vom Dachboden zu begegnen, schnappte ich mir eines meiner neuen B�cher und verzog mich reichlich fr�h ins Bett. Man soll sein Gl�ck nicht �ber Geb�hr strapazieren.

So gegen eins schlurfte ich ein letztes Mal Richtung Bad, als mich ein lautes Schnarchen in meinem Flur irritierte. Ich darf ja nun oft genug Zeuge der intimen Ger�uschkulisse meiner Nachbarn werden, aber so laut? Und dann so unmittelbar in meinem Flur?

Ich machte �berall Licht an und inspizierte kritisch meine Wohnung. Da, das Schnarchen kam ganz eindeutig aus der Richtung meiner Wohnungst�r. Aber durch den Spion betrachtet sah der Hausflur genauso unbelebt aus wie immer um diese Zeit an einem Samstag abend.

Erst als ich vorsichtig die T�r ein St�ck �ffnete, entdeckte ich den Schnarcher. Ein mir g�nzlich unbekannter Mann lag vor meiner T�r, mit dem Kopf auf meinen Turnschuhen, w�hrend die Beine die Treppe hinunter baumelten, und schnarchte laut und deutlich.

So etwas kannte ich zwar noch aus seligen Studentenwohnheims-Zeiten. Aber da wu�te man wenigstens, was man zu tun hatte. Betrunkene Flurschnarcher wurden entweder in das entsprechende Zimmer oder aber ins Gemeinschaftsbad geschleppt, weil sich die Kacheln dort bedeutend einfacher reinigen lie�en als der Teppich.

Aber ich konnte den fremden Mann nun schlecht in mein winziges Bad schleppen und kopf�ber ins Klo h�ngen. (Bei meinem Gl�ck w�re er dort ertrunken, und ich w�re in erheblichen Erkl�rungsnotstand geraten. Ob man wohl auch aus der JVA regelm��ige Tagebuch-Updates schreiben darf?)

Also stie� ich ihn vorsichtig (und mit einem Brotmesser bewaffnet) mit einem tiger-bepuschten Fu� an und r�ttelte ein wenig an ihm. Ich versuchte zu eruieren, ob ich ihm vielleicht ein Taxi rufen k�nne. Aber er brummelte nur unverst�ndliches Zeug, sonderte gr��ere Alkohol-Schwaden ab, rollte sich wieder zusammen und umarmte leicht sabbernd meine Turnschuhe.

Ich gab meine Rettungsversuche schlie�lich auf, warf ihm eine alte Hundedecke �ber (steifgefrorene M�nner vor meiner T�r zu finden, geh�rt nicht zu meinen Vorstellungen eines gelungenen Sonntagmorgens) und ging wieder ins Bett.

Heute morgen fand ich nur noch die Hundedecke, sorgsam gefaltet, vor meiner T�r. Von dem Mann keine Spur.

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M�nner in Feinripp und Kunstblut 2003-01-26 13:44 Es gibt Tage, die trotz guter Absichten einfach nicht gelingen wollen, und die man am besten recht schnell wieder aus dem Ged�chtnis streicht. Sofern man nicht grad seine Leserschaft damit behelligen kann ;-)

So stand ich zwar gestern sehr fr�h hochmotiviert auf, mu�te dann aber gleich den ersten Tiefschlag einstecken, als diaryland stundenlang nicht zu erreichen war. Das geht doch nicht. Ich mu� morgens als erstes einen Blick auf meine Statistik werfen, noch bevor der Kaffee ganz durchgelaufen ist.

Also raus aus dem Netz, zur�ck zu handfestem Papier. Zum Gl�ck war zumindest der Kaffee fertig, als ich feststellte, da� auch die FAZ auf mysteri�se Weise verschwunden war. W�hrend ich grad noch gr�belte, ob es in einem derartigen Notfall ethisch vertretbar war, f�r eine Stunde die Ausgabe des Nachbarn zu "leihen", stapfte eben jener h�chstpers�nlich die Treppe herunter und schnappte sich verschlafen seine Zeitung.

Na gut, dann wird es eben kein gem�tlicher Kaffee-und-FAZ-Samstag- Morgen auf dem Sofa. Immerhin zwang mich das dazu, meine Eink�ufe m�glichst fr�h zu erledigen. Schade nur, da� ein noch fr�herer Eink�ufer eine Flasche Ketchup zerschmettert auf dem Weg zum Supermarkt hinterlassen hatte.

Noch bedauerlicher, da� ich in meinem verschlafenen Zustand mitten reintreten mu�te und so eine lange, gruselige "Blut"-Spur wie aus einem 60er-Jahre-Edgar-Wallace hinterlie�. Lyssa, die angeschossene Einbeinige, unterwegs um unbescholtene B�rger beim samst�glichen Einkauf zu verschrecken.

Sp�ter, reichlich motivations-vermindert, stiefelte ich auf den Dachboden, um endlich einige Kisten mit �berfl�ssigen Deko-Gegenst�nden zu verstauen. Leider aber wird unser Dachboden aber auch als Trockenboden f�r W�sche genutzt. Und irgend jemand hatte es vorgezogen, seine W�sche nicht in einer hinteren Ecke, sondern genau vor der T�r zu meiner kleinen Dachkammer aufzuh�ngen.

Ich mu�te also erste haufenweise W�sche umh�ngen, um an meine T�r zu gelangen. Und nicht nur irgendwelche W�sche. Nein, es handelte sich dabei um mindestens 20 M�nnerunterhosen vom Typ "Feinripp der sp�ten 50er Jahre" mit dem entsprechenden Grauschleier versehen, wie ihn nur jahrzehntelanger Gebrauch hinterlassen kann. Zu allem �berflu� auch noch in einer Gr��e, die f�r drei durchschnittliche M�nner gen�gt h�tte.

Aus Angst, nach diesem tr�ben Tag abends in einer Bar auch noch dem unheimlichen Unterw�schebesitzer vom Dachboden zu begegnen, schnappte ich mir eines meiner neuen B�cher und verzog mich reichlich fr�h ins Bett. Man soll sein Gl�ck nicht �ber Geb�hr strapazieren.

So gegen eins schlurfte ich ein letztes Mal Richtung Bad, als mich ein lautes Schnarchen in meinem Flur irritierte. Ich darf ja nun oft genug Zeuge der intimen Ger�uschkulisse meiner Nachbarn werden, aber so laut? Und dann so unmittelbar in meinem Flur?

Ich machte �berall Licht an und inspizierte kritisch meine Wohnung. Da, das Schnarchen kam ganz eindeutig aus der Richtung meiner Wohnungst�r. Aber durch den Spion betrachtet sah der Hausflur genauso unbelebt aus wie immer um diese Zeit an einem Samstag abend.

Erst als ich vorsichtig die T�r ein St�ck �ffnete, entdeckte ich den Schnarcher. Ein mir g�nzlich unbekannter Mann lag vor meiner T�r, mit dem Kopf auf meinen Turnschuhen, w�hrend die Beine die Treppe hinunter baumelten, und schnarchte laut und deutlich.

So etwas kannte ich zwar noch aus seligen Studentenwohnheims-Zeiten. Aber da wu�te man wenigstens, was man zu tun hatte. Betrunkene Flurschnarcher wurden entweder in das entsprechende Zimmer oder aber ins Gemeinschaftsbad geschleppt, weil sich die Kacheln dort bedeutend einfacher reinigen lie�en als der Teppich.

Aber ich konnte den fremden Mann nun schlecht in mein winziges Bad schleppen und kopf�ber ins Klo h�ngen. (Bei meinem Gl�ck w�re er dort ertrunken, und ich w�re in erheblichen Erkl�rungsnotstand geraten. Ob man wohl auch aus der JVA regelm��ige Tagebuch-Updates schreiben darf?)

Also stie� ich ihn vorsichtig (und mit einem Brotmesser bewaffnet) mit einem tiger-bepuschten Fu� an und r�ttelte ein wenig an ihm. Ich versuchte zu eruieren, ob ich ihm vielleicht ein Taxi rufen k�nne. Aber er brummelte nur unverst�ndliches Zeug, sonderte gr��ere Alkohol-Schwaden ab, rollte sich wieder zusammen und umarmte leicht sabbernd meine Turnschuhe.

Ich gab meine Rettungsversuche schlie�lich auf, warf ihm eine alte Hundedecke �ber (steifgefrorene M�nner vor meiner T�r zu finden, geh�rt nicht zu meinen Vorstellungen eines gelungenen Sonntagmorgens) und ging wieder ins Bett.

Heute morgen fand ich nur noch die Hundedecke, sorgsam gefaltet, vor meiner T�r. Von dem Mann keine Spur.