2003-02-21 - 09:43 - Fronten aller L�nder verh�rtet Euch

Allm�hlich f�llt es mir immer schwerer, morgens noch die Zeitung zu lesen und abends Nachrichten zu sehen. Alle Welt redet von einem "drohenden" Irak-Krieg, aber mir scheint es, als w�rden wir uns bereits mitten auf einem Schlachtfeld befinden. Zwar wird derzeit "nur" mit Worten geschossen, aber das Ergebnis ist trotzdem alles andere als erfreulich.

Die Presse in den USA hat sich auf die Achse Paris-Berlin eingeschossen und bezeichnet die jeweiligen Regierungschefs wahlweise als verr�terische W�rmer oder feige Frettchen. Ganz �bereifrige Medienvertreter beschw�ren finstere Bilder aus der Nazi-Diktatur ("nix dazugelernt") und dem zweiten Weltkrieg herauf, und werden nicht m�de zu betonen, da� die Landkarte ohne die altruistische Rettung der Amerikaner heute rot gef�rbt w�re. Patriotische Hardliner rufen tagt�glich zum Konsum- und Reiseverzicht auf ("Prag ist eh viel sch�ner als Berlin, und bestimmt machen auch die Polen guten Wein").

Aber auch auf dieser Seite des Atlantiks wird mit starken Worten nicht gespart. Zum Gl�ck haben ausreichend Menschen die friedensbewegte Rhetorik der 80er nicht aus ihren K�pfen gel�scht, sondern blo� auf Wiedervorlage abgespeichert. Da kann man prima aus der alten anti-imperialistischen, anti-sonstwas Kiste sch�pfen und gleich noch ein paar neue Dinge wie "fundamentalistischer Terrorist" hinzuf�gen. Als Kriegstreiber gelten der us-amerikanische "Gotteskrieger" und sein britischer "Pudel" (sind das nicht eigentlich die intelligentesten Hunde?).

Derweil bereitet man sich h�ben wie dr�ben aufs Sterben vor. Auf der einen Seite ist man bereit, f�r Freiheit, Vaterland und einen Platz auf dem Arlington National Cemetery in den Tod zu ziehen, in a blaze of glory eben. Aber auch die Gegenseite starrt dem Tod mit nicht weniger Ehrgef�hl ins Auge, unersch�tterlich in dem Bewu�tsein, das Richtige zu tun als menschliche Schutzschilde in Bagdad. Und nat�rlich gibt es f�rs Fernsehen tr�nenr�hrige, zur jeweiligen Ideologie passende bunte Bilder.

Eigene Meinungsbildung wird dagegen t�glich schwieriger, je verh�rteter die Fronten sind. Auf der anderen Seite des Atlantiks wird die weltweite Friedensbewegung als Marginalie verkauft, daf�r h�rt man hier so gut wie gar nichts mehr �ber die leidende Bev�lkerung im Irak. Man ist auch viel zu besch�ftigt damit, sich im Glanz seiner eigenen Friedfertigkeit und Rechtschaffenheit zu sonnen.

Fakten sucht der Mensch mit dem Willen zur unabh�ngigen Meinungsbildung meist vergeblich. Und selbst wenn man auf etwas st��t, das von weitem wie eine Tatsache aussieht, wei� man nie, wer daran vorher schon alles herumgeschraubt hat. Die Berichterstattung �hnelt meinem Golf: viele Beulen, kaum noch Originalteile. "Fakten" werden auf beiden Seiten wie Statisten behandelt, die man beliebig hin- und herschieben und immer wieder neu einkleiden kann.

Irgendwie war das Leben zumindest in dieser Hinsicht mit 16 einfacher. Die Welt war strikt in gute und b�se Jungs unterteilt (wobei die b�sen nat�rlich meist Englisch sprachen) und man schw�nzte begeistert die Schule, um f�r die gerechte Sache auf die Stra�e zu gehen oder Mahnwachen zu halten. Und ich war nat�rlich fest davon �berzeugt, die Welt retten zu k�nnen, wenn blo� jemand auf mich h�ren w�rde ...

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Fronten aller L�nder verh�rtet Euch 2003-02-21 09:43 Allm�hlich f�llt es mir immer schwerer, morgens noch die Zeitung zu lesen und abends Nachrichten zu sehen. Alle Welt redet von einem "drohenden" Irak-Krieg, aber mir scheint es, als w�rden wir uns bereits mitten auf einem Schlachtfeld befinden. Zwar wird derzeit "nur" mit Worten geschossen, aber das Ergebnis ist trotzdem alles andere als erfreulich.

Die Presse in den USA hat sich auf die Achse Paris-Berlin eingeschossen und bezeichnet die jeweiligen Regierungschefs wahlweise als verr�terische W�rmer oder feige Frettchen. Ganz �bereifrige Medienvertreter beschw�ren finstere Bilder aus der Nazi-Diktatur ("nix dazugelernt") und dem zweiten Weltkrieg herauf, und werden nicht m�de zu betonen, da� die Landkarte ohne die altruistische Rettung der Amerikaner heute rot gef�rbt w�re. Patriotische Hardliner rufen tagt�glich zum Konsum- und Reiseverzicht auf ("Prag ist eh viel sch�ner als Berlin, und bestimmt machen auch die Polen guten Wein").

Aber auch auf dieser Seite des Atlantiks wird mit starken Worten nicht gespart. Zum Gl�ck haben ausreichend Menschen die friedensbewegte Rhetorik der 80er nicht aus ihren K�pfen gel�scht, sondern blo� auf Wiedervorlage abgespeichert. Da kann man prima aus der alten anti-imperialistischen, anti-sonstwas Kiste sch�pfen und gleich noch ein paar neue Dinge wie "fundamentalistischer Terrorist" hinzuf�gen. Als Kriegstreiber gelten der us-amerikanische "Gotteskrieger" und sein britischer "Pudel" (sind das nicht eigentlich die intelligentesten Hunde?).

Derweil bereitet man sich h�ben wie dr�ben aufs Sterben vor. Auf der einen Seite ist man bereit, f�r Freiheit, Vaterland und einen Platz auf dem Arlington National Cemetery in den Tod zu ziehen, in a blaze of glory eben. Aber auch die Gegenseite starrt dem Tod mit nicht weniger Ehrgef�hl ins Auge, unersch�tterlich in dem Bewu�tsein, das Richtige zu tun als menschliche Schutzschilde in Bagdad. Und nat�rlich gibt es f�rs Fernsehen tr�nenr�hrige, zur jeweiligen Ideologie passende bunte Bilder.

Eigene Meinungsbildung wird dagegen t�glich schwieriger, je verh�rteter die Fronten sind. Auf der anderen Seite des Atlantiks wird die weltweite Friedensbewegung als Marginalie verkauft, daf�r h�rt man hier so gut wie gar nichts mehr �ber die leidende Bev�lkerung im Irak. Man ist auch viel zu besch�ftigt damit, sich im Glanz seiner eigenen Friedfertigkeit und Rechtschaffenheit zu sonnen.

Fakten sucht der Mensch mit dem Willen zur unabh�ngigen Meinungsbildung meist vergeblich. Und selbst wenn man auf etwas st��t, das von weitem wie eine Tatsache aussieht, wei� man nie, wer daran vorher schon alles herumgeschraubt hat. Die Berichterstattung �hnelt meinem Golf: viele Beulen, kaum noch Originalteile. "Fakten" werden auf beiden Seiten wie Statisten behandelt, die man beliebig hin- und herschieben und immer wieder neu einkleiden kann.

Irgendwie war das Leben zumindest in dieser Hinsicht mit 16 einfacher. Die Welt war strikt in gute und b�se Jungs unterteilt (wobei die b�sen nat�rlich meist Englisch sprachen) und man schw�nzte begeistert die Schule, um f�r die gerechte Sache auf die Stra�e zu gehen oder Mahnwachen zu halten. Und ich war nat�rlich fest davon �berzeugt, die Welt retten zu k�nnen, wenn blo� jemand auf mich h�ren w�rde ...