2003-03-13 - 23:52 - Kein sanftes Fr�hlingserwachen

Fr�her, als ich noch mit langen Z�pfen in der Unterstufe sa�, war Jugoslawien unglaublich nah. Schlie�lich verbrachte so ziemlich jeder aus dem Ruhrpott (au�er mir) seine Sommerferien dort. Viele hatten sogar entfernte Verwandte da unten oder besa�en zumindest eine bauf�llige kleine H�tte irgendwo an der kroatischen K�ste. Man fuhr dort genauso selbstverst�ndlich hin wie an die italienische K�ste oder heute nach Mallorca.

Ich kann mich sogar noch schwach an die Olympischen Spiele in Sarajevo und den damaligen Jingle mit dem langgezogenen "ooooooo" erinnern. Ich glaube, ich hab das Ding den ganzen Tag jaulend gesungen und meine Umgebung dem Wahnsinn wieder ein St�ck n�hergebracht. Weitaus deutlicher haben sich aber dann die sp�teren TV-Bilder eingepr�gt, und auch heute noch beschw�rt die Erw�hnung Sarajevos vor allem Bilder von zerschossenen H�userruinen, rennenden Gestalten und Heckensch�tzen herauf.

Mit dem Zerfall des ehemaligen Zwangsstaates Jugoslawien und den jahrelangen K�mpfen mit unklaren Fronten um einzelne H�gel schien die Gegend unglaublich weit wegzur�cken im Bewu�tsein der Menschen. Die ehemals freundlichen Gastgeber mit dem charmanten folkloristischen Touch mutierten zu dusteren Gestalten mit finsteren Absichten und mafi�sen Familienstrukturen, denen man auf keinen Fall trauen durfte.

Jugoslawien, oder was davon �brig blieb, fiel von der europ�ischen Landkarte und war pl�tzlich so fremd und etwa so weit entfernt wie die Vereinigten Arabischen Emirate. Viele Menschen w�rden heute eher Dubai als auch nur ungef�hr das Gebiet des Kosovo auf der Landkarte finden.

Wer trotz allem Serbien & Co. nicht ganz aus dem Ged�chtnis gestrichen hatte, f�r den war Djindji? der gro�e Hoffnungstr�ger einer scheinbar verlorenen Region. Aber f�r jeden Freund, den der Habermas-Sch�ler im Ausland gewonnen hat, kamen bestimmt drei neue Feinde im Inland dazu.

Mehr Demokratie und z�gige Reformen sind sicherlich nicht jedermanns Sache in einem Land, in dem heute noch niemand so genau zu wissen scheint, wer eigentlich die Armee und den Geheimdienst oder die diversen paramilit�rischen Sonderverb�nde kontrolliert. In dem Kriegsverbrecher nur gegen den erkl�rten Willen der Bev�lkerung und unter Protest der eingesetzten Sondertruppen ausgeliefert werden k�nnen, oder vorsichtshalber gar nicht erst von den zust�ndigen Beh�rden verhaftet werden, wie im Fall von Ratko Mladi?.

Ich glaube nicht, da� die wirklichen Auftraggeber dieses Anschlags je gefa�t werden, ganz egal ob es sich dabei um die Bosse eines Mafia-Clans oder alte Z�glinge des Milo?evi?-Regimes handelt. Und selbst wenn, so d�rfte Serbien wieder ein St�ck weiter wegger�ckt sein vom "sicheren Europa" und aus den K�pfen seiner Bewohner. Schlie�lich erschie�en in Holland nur verwirrte Einzelt�ter Politiker und in anderen beliebten Urlaubsl�ndern hat die Mafia vorsichtshalber so gute Kontakte zur Politik, da� sie hochrangige Repr�sentanten einfacher umgarnen als erschie�en kann.

Egal wohin man blickt, unser zivilisatorischer Anstrich ist im Zweifel ziemlich d�nn und keineswegs vor Durchrostung gesch�tzt. F�r heute verkrieche ich mich besser wieder mit Hund und Rotwein unter der Decke. Gute Nacht!

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Kein sanftes Fr�hlingserwachen 2003-03-13 23:52 Fr�her, als ich noch mit langen Z�pfen in der Unterstufe sa�, war Jugoslawien unglaublich nah. Schlie�lich verbrachte so ziemlich jeder aus dem Ruhrpott (au�er mir) seine Sommerferien dort. Viele hatten sogar entfernte Verwandte da unten oder besa�en zumindest eine bauf�llige kleine H�tte irgendwo an der kroatischen K�ste. Man fuhr dort genauso selbstverst�ndlich hin wie an die italienische K�ste oder heute nach Mallorca.

Ich kann mich sogar noch schwach an die Olympischen Spiele in Sarajevo und den damaligen Jingle mit dem langgezogenen "ooooooo" erinnern. Ich glaube, ich hab das Ding den ganzen Tag jaulend gesungen und meine Umgebung dem Wahnsinn wieder ein St�ck n�hergebracht. Weitaus deutlicher haben sich aber dann die sp�teren TV-Bilder eingepr�gt, und auch heute noch beschw�rt die Erw�hnung Sarajevos vor allem Bilder von zerschossenen H�userruinen, rennenden Gestalten und Heckensch�tzen herauf.

Mit dem Zerfall des ehemaligen Zwangsstaates Jugoslawien und den jahrelangen K�mpfen mit unklaren Fronten um einzelne H�gel schien die Gegend unglaublich weit wegzur�cken im Bewu�tsein der Menschen. Die ehemals freundlichen Gastgeber mit dem charmanten folkloristischen Touch mutierten zu dusteren Gestalten mit finsteren Absichten und mafi�sen Familienstrukturen, denen man auf keinen Fall trauen durfte.

Jugoslawien, oder was davon �brig blieb, fiel von der europ�ischen Landkarte und war pl�tzlich so fremd und etwa so weit entfernt wie die Vereinigten Arabischen Emirate. Viele Menschen w�rden heute eher Dubai als auch nur ungef�hr das Gebiet des Kosovo auf der Landkarte finden.

Wer trotz allem Serbien & Co. nicht ganz aus dem Ged�chtnis gestrichen hatte, f�r den war Djindji? der gro�e Hoffnungstr�ger einer scheinbar verlorenen Region. Aber f�r jeden Freund, den der Habermas-Sch�ler im Ausland gewonnen hat, kamen bestimmt drei neue Feinde im Inland dazu.

Mehr Demokratie und z�gige Reformen sind sicherlich nicht jedermanns Sache in einem Land, in dem heute noch niemand so genau zu wissen scheint, wer eigentlich die Armee und den Geheimdienst oder die diversen paramilit�rischen Sonderverb�nde kontrolliert. In dem Kriegsverbrecher nur gegen den erkl�rten Willen der Bev�lkerung und unter Protest der eingesetzten Sondertruppen ausgeliefert werden k�nnen, oder vorsichtshalber gar nicht erst von den zust�ndigen Beh�rden verhaftet werden, wie im Fall von Ratko Mladi?.

Ich glaube nicht, da� die wirklichen Auftraggeber dieses Anschlags je gefa�t werden, ganz egal ob es sich dabei um die Bosse eines Mafia-Clans oder alte Z�glinge des Milo?evi?-Regimes handelt. Und selbst wenn, so d�rfte Serbien wieder ein St�ck weiter wegger�ckt sein vom "sicheren Europa" und aus den K�pfen seiner Bewohner. Schlie�lich erschie�en in Holland nur verwirrte Einzelt�ter Politiker und in anderen beliebten Urlaubsl�ndern hat die Mafia vorsichtshalber so gute Kontakte zur Politik, da� sie hochrangige Repr�sentanten einfacher umgarnen als erschie�en kann.

Egal wohin man blickt, unser zivilisatorischer Anstrich ist im Zweifel ziemlich d�nn und keineswegs vor Durchrostung gesch�tzt. F�r heute verkrieche ich mich besser wieder mit Hund und Rotwein unter der Decke. Gute Nacht!