2003-03-22 - 11:04 - Bitte drrrausssen warrrten

Ich kann jedem, der nach Ru�land reisen will, nur raten, die Sache geschickter anzugehen als wir das getan haben. Man sollte den Urlaub unbedingt bei einem Spezialisten f�r Osteuropa-Reisen buchen und nicht in einem Reiseb�ro, das sonst vorwiegend schwule Ferienclubs auf Mykonos im Angebot hat.

Im Idealfall bucht der Reiseveranstalter n�mlich nicht nur Flug und Hotel, sondern k�mmert sich auch um den gesamten Visa-Terror, der sich heute immer noch nicht viel einfacher gestaltet als zu Zeiten des kalten Krieges. In unserem Fall aber hat sich Marc auf der Webseite der russischen Botschaft �ber die Formalit�ten informiert und mich dann zum Konsulat geschickt.

Eine �u�erst nervenaufreibende Erfahrung, die mich w�nschen l��t, wir h�tten statt St. Petersburg doch Kopenhagen als Reiseziel gew�hlt. Ich durfte n�mlich bei Temperaturen um die Null Grad mehrere Stunden auf dem B�rgersteig vor dem Konsulat verbringen und durch den m�chtigen Metallzaun sehns�chtig auf das sicherlich gut beheizte Geb�ude starren. Ein Visum zu bekommen gestaltete sich schwieriger als der Kauf einer Karte f�r ein Robbie-Williams-Konzert.

Nat�rlich stand ich dort nicht allein an, sondern eingekeilt zwischen etwa 70 andere Personen, die alle russische Staatsb�rger zu sein schienen. Zumindest sprach au�er mir kein Mensch Deutsch - von wenigen gebrochenen S�tzen mal abgesehen - was nat�rlich auch bedeutete, da� mir dreieinhalb Stunden lang niemand erkl�ren konnte, was genau hier vor sich ging.

Die ganze Warterei ging n�mlich ohne erkennbares System vonstatten. Es gab weder so etwas wie Schlangen noch Nummern oder irgend etwas, das angezeigt h�tte, wer als n�chstes Einla� in die heiligen Hallen erh�lt. Und anders als in Afrika hatte ich auch keine Ahnung, wen ich schmieren mu�te. Also str�mten st�ndig neue Leute von allen Seiten heran, stellten sich mal hier und mal dort dazu, und einige wurden sogar sofort hereingelassen.

Das f�hrte dann allerdings zu wilden Wutausbr�chen der Zur�ckbleibenden, w�tende Fl�che flogen durch die Luft (zumindest klang es vom scharfen Tonfall her verd�chtig nach wohlgew�hlten Unfl�tigkeiten) und endeten in einem Fall sogar in einer Schl�gerei (ich f�hlte mich mittendrin so, als sei ich versehentlich auf das falsche Konzert geraten).

So ganz nebenbei durfte ich noch die Erfahrung machen, da� auch Menschen, die sich frierend dicht aneinander dr�ngen, stark schwitzen und dabei die befremdlichsten Ausd�nstungen absondern k�nnen. Und ich wei� jetzt, da� aus den Warzen auf dem Gesicht der alten Oma neben mir im Schnitt 4,8 Haare wachsen. Ich habe sie n�mlich aus lauter Langeweile gez�hlt (es war kein Platz, die FAZ aufzuklappen).

Als ich mich endlich bis in das heruntergekommene 70er-Jahre-Geb�ude vorgek�mpft hatte, das von innen genauso grau-verstaubt wirkte wie von au�en, herrschte im Vergleich zu drau�en pl�tzlich g�hnende Leere. Man lie� sich offensichtlich Zeit und Platz bei der Abfertigung der sehns�chtig wartenden Massen.

Nach noch mal 15 Minuten ging endlich die Klappe am Visa-Schalter hoch und ein Mann nahm ungn�dig meine Unterlagen in Empfang. Die Kopie des Flugtickets wollte er gar nicht erst haben, statt dessen fehlte eine offizielle "Einladung" zu der Reise, von der mir Marc leider nichts erz�hlt hatte. Aber der Beamte mu� auch durch das dicke Panzerglas die Verzweiflung in meinen Augen gesehen haben (w�hrend die Dollarzeichen in seinen leuchteten). Bevor die Klappe gnadenlos wieder zufiel, raunte er noch: "Macht nix. K�nnen Einladung kaufen bei Mann neben Schalterrr. Dann wiederkommen."

Geduld soll ja auch eine Tugend sein.

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Bitte drrrausssen warrrten 2003-03-22 11:04 Ich kann jedem, der nach Ru�land reisen will, nur raten, die Sache geschickter anzugehen als wir das getan haben. Man sollte den Urlaub unbedingt bei einem Spezialisten f�r Osteuropa-Reisen buchen und nicht in einem Reiseb�ro, das sonst vorwiegend schwule Ferienclubs auf Mykonos im Angebot hat.

Im Idealfall bucht der Reiseveranstalter n�mlich nicht nur Flug und Hotel, sondern k�mmert sich auch um den gesamten Visa-Terror, der sich heute immer noch nicht viel einfacher gestaltet als zu Zeiten des kalten Krieges. In unserem Fall aber hat sich Marc auf der Webseite der russischen Botschaft �ber die Formalit�ten informiert und mich dann zum Konsulat geschickt.

Eine �u�erst nervenaufreibende Erfahrung, die mich w�nschen l��t, wir h�tten statt St. Petersburg doch Kopenhagen als Reiseziel gew�hlt. Ich durfte n�mlich bei Temperaturen um die Null Grad mehrere Stunden auf dem B�rgersteig vor dem Konsulat verbringen und durch den m�chtigen Metallzaun sehns�chtig auf das sicherlich gut beheizte Geb�ude starren. Ein Visum zu bekommen gestaltete sich schwieriger als der Kauf einer Karte f�r ein Robbie-Williams-Konzert.

Nat�rlich stand ich dort nicht allein an, sondern eingekeilt zwischen etwa 70 andere Personen, die alle russische Staatsb�rger zu sein schienen. Zumindest sprach au�er mir kein Mensch Deutsch - von wenigen gebrochenen S�tzen mal abgesehen - was nat�rlich auch bedeutete, da� mir dreieinhalb Stunden lang niemand erkl�ren konnte, was genau hier vor sich ging.

Die ganze Warterei ging n�mlich ohne erkennbares System vonstatten. Es gab weder so etwas wie Schlangen noch Nummern oder irgend etwas, das angezeigt h�tte, wer als n�chstes Einla� in die heiligen Hallen erh�lt. Und anders als in Afrika hatte ich auch keine Ahnung, wen ich schmieren mu�te. Also str�mten st�ndig neue Leute von allen Seiten heran, stellten sich mal hier und mal dort dazu, und einige wurden sogar sofort hereingelassen.

Das f�hrte dann allerdings zu wilden Wutausbr�chen der Zur�ckbleibenden, w�tende Fl�che flogen durch die Luft (zumindest klang es vom scharfen Tonfall her verd�chtig nach wohlgew�hlten Unfl�tigkeiten) und endeten in einem Fall sogar in einer Schl�gerei (ich f�hlte mich mittendrin so, als sei ich versehentlich auf das falsche Konzert geraten).

So ganz nebenbei durfte ich noch die Erfahrung machen, da� auch Menschen, die sich frierend dicht aneinander dr�ngen, stark schwitzen und dabei die befremdlichsten Ausd�nstungen absondern k�nnen. Und ich wei� jetzt, da� aus den Warzen auf dem Gesicht der alten Oma neben mir im Schnitt 4,8 Haare wachsen. Ich habe sie n�mlich aus lauter Langeweile gez�hlt (es war kein Platz, die FAZ aufzuklappen).

Als ich mich endlich bis in das heruntergekommene 70er-Jahre-Geb�ude vorgek�mpft hatte, das von innen genauso grau-verstaubt wirkte wie von au�en, herrschte im Vergleich zu drau�en pl�tzlich g�hnende Leere. Man lie� sich offensichtlich Zeit und Platz bei der Abfertigung der sehns�chtig wartenden Massen.

Nach noch mal 15 Minuten ging endlich die Klappe am Visa-Schalter hoch und ein Mann nahm ungn�dig meine Unterlagen in Empfang. Die Kopie des Flugtickets wollte er gar nicht erst haben, statt dessen fehlte eine offizielle "Einladung" zu der Reise, von der mir Marc leider nichts erz�hlt hatte. Aber der Beamte mu� auch durch das dicke Panzerglas die Verzweiflung in meinen Augen gesehen haben (w�hrend die Dollarzeichen in seinen leuchteten). Bevor die Klappe gnadenlos wieder zufiel, raunte er noch: "Macht nix. K�nnen Einladung kaufen bei Mann neben Schalterrr. Dann wiederkommen."

Geduld soll ja auch eine Tugend sein.