2003-03-27 - 15:29 - Tiefenpsychologie und Dinkelkissen

Allm�hlich spielt sich der neue Tagesablauf mit Hund gut ein, und es ist mir inzwischen sogar gelungen, ihm das "Markieren" s�mtlicher Wohnungen abzugew�hnen (ja, Herr Schulte, Ihr feuchtes Bett war eine Ausnahme, die mir noch immer die Schamesr�te ins Gesicht treibt). Leider scheitern meine Erziehungsbem�hungen bis heute an seinem unm�glichen Leinen-Verhalten. Er ist der entz�ckendste Hund, wenn er frei l�uft, spielt selbst mit den unvertr�glichsten Hunden friedlich und kommt angeflitzt, wenn man ihn ruft (sofern er nicht grad Schw�nen nachsteigt).

Aber sobald er angeleint ist, mutiert er zu einem sich vor Aufregung �berschlagendem schwarzen Ungeheuer, gegen das Mr. Hyde wie ein allenfalls leicht gereizter Zeitgenosse wirkt. Der Terror beginnt, sobald er den ersten Hund entdeckt. Dann bellt er wie verr�ckt, springt mindestens einen Meter hoch und erh�ngt sich fast in seinem Geschirr (sofern er es nicht vorher geschafft hat, r�ckw�rts rauszuschl�pfen).

Ich habe schon probiert, ihm zus�tzlich ein Haltegeschirr um die Schnauze zu binden, damit wir nicht sofort alle Blicke auf uns ziehen. Aber dann knurrt und quietscht er wie verr�ckt und kompensiert den tempor�ren Stimmentzug durch noch abenteuerlichere Spr�nge. Schlie�lich ist er so hektisch, da� ich aufpassen mu�, damit er nicht jeden x-beliebigen Passanten oder gar Radfahrer anspringt.

Das Schlimmste daran ist aber nicht mal sein peinliches, gelegentlich sogar verkehrsgef�hrdendes Verhalten, sondern die zahllosen Kommentare und guten Tips diverser Umstehender. Denn nat�rlich wissen alle viel, viel besser als ich, wie dem Hund halbwegs �ffentlichkeitstaugliches Benehmen beizubringen w�re - ganz egal ob die Ratgeber selbst Hunde halten oder nicht.

Ich solle doch bitte dieses oder jenes Hilfsinstrument kaufen, dieses oder jenes Buch lesen, ihm Baldrian ins Futter geben oder ein Dinkelkissen ins K�rbchen legen. Mein pers�nlicher Favorit war aber jener Mann auf einem Fahrrad, der mich anschnauzte, ich m�sse dem Hund mehr Spiel an der Leine lassen, sonst d�rfte ich mich auch nicht �ber sein Verhalten wundern - und das nachdem ich das Monster nur mit M�he und Not davon abhalten konnte, dem Radler w�hrend der Fahrt auf den Arm zu h�pfen.

Ziemlich entnervt warf ich meine Prinzipien �ber Bord und lie� mich ausnahmsweise auf eine Diskussion mit dem klugen und erfahrenen �lteren Herrn ein. Zum Gl�ck, denn sonst w�re mir das Highlight des Tages entgangen. Ich lie� ihn also ausf�hrlich erl�utern, da� der Hund auch an der Leine Freiheit br�uchte, da er sonst blablabla (ich erspare Euch den tiefenpsychologischen Exkurs in die animalische Natur der Canidae).

Alle Einw�rfe meinerseits verhallten ungeh�rt, bis ich schlie�lich aufgab und einwilligte, mich auf ein Experiment einzulassen. Ich sollte dazu ein paar Meter mit dem aufgeregten Hund gehen, ihm ausreichend Leine lassen und der Besserwisser w�rde an uns vorbeiradeln, und man w�rde ja sehen. Und wie!

Ich ging, er radelte, der Hund sprang ihm auf den Arm - und beide fielen zusammen mit der wundervollen Theorie in den Staub. Ach ja, die R�ckschl�ge in der experimentellen Wissenschaft k�nnen schmerzhaft sein.

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Tiefenpsychologie und Dinkelkissen 2003-03-27 15:29 Allm�hlich spielt sich der neue Tagesablauf mit Hund gut ein, und es ist mir inzwischen sogar gelungen, ihm das "Markieren" s�mtlicher Wohnungen abzugew�hnen (ja, Herr Schulte, Ihr feuchtes Bett war eine Ausnahme, die mir noch immer die Schamesr�te ins Gesicht treibt). Leider scheitern meine Erziehungsbem�hungen bis heute an seinem unm�glichen Leinen-Verhalten. Er ist der entz�ckendste Hund, wenn er frei l�uft, spielt selbst mit den unvertr�glichsten Hunden friedlich und kommt angeflitzt, wenn man ihn ruft (sofern er nicht grad Schw�nen nachsteigt).

Aber sobald er angeleint ist, mutiert er zu einem sich vor Aufregung �berschlagendem schwarzen Ungeheuer, gegen das Mr. Hyde wie ein allenfalls leicht gereizter Zeitgenosse wirkt. Der Terror beginnt, sobald er den ersten Hund entdeckt. Dann bellt er wie verr�ckt, springt mindestens einen Meter hoch und erh�ngt sich fast in seinem Geschirr (sofern er es nicht vorher geschafft hat, r�ckw�rts rauszuschl�pfen).

Ich habe schon probiert, ihm zus�tzlich ein Haltegeschirr um die Schnauze zu binden, damit wir nicht sofort alle Blicke auf uns ziehen. Aber dann knurrt und quietscht er wie verr�ckt und kompensiert den tempor�ren Stimmentzug durch noch abenteuerlichere Spr�nge. Schlie�lich ist er so hektisch, da� ich aufpassen mu�, damit er nicht jeden x-beliebigen Passanten oder gar Radfahrer anspringt.

Das Schlimmste daran ist aber nicht mal sein peinliches, gelegentlich sogar verkehrsgef�hrdendes Verhalten, sondern die zahllosen Kommentare und guten Tips diverser Umstehender. Denn nat�rlich wissen alle viel, viel besser als ich, wie dem Hund halbwegs �ffentlichkeitstaugliches Benehmen beizubringen w�re - ganz egal ob die Ratgeber selbst Hunde halten oder nicht.

Ich solle doch bitte dieses oder jenes Hilfsinstrument kaufen, dieses oder jenes Buch lesen, ihm Baldrian ins Futter geben oder ein Dinkelkissen ins K�rbchen legen. Mein pers�nlicher Favorit war aber jener Mann auf einem Fahrrad, der mich anschnauzte, ich m�sse dem Hund mehr Spiel an der Leine lassen, sonst d�rfte ich mich auch nicht �ber sein Verhalten wundern - und das nachdem ich das Monster nur mit M�he und Not davon abhalten konnte, dem Radler w�hrend der Fahrt auf den Arm zu h�pfen.

Ziemlich entnervt warf ich meine Prinzipien �ber Bord und lie� mich ausnahmsweise auf eine Diskussion mit dem klugen und erfahrenen �lteren Herrn ein. Zum Gl�ck, denn sonst w�re mir das Highlight des Tages entgangen. Ich lie� ihn also ausf�hrlich erl�utern, da� der Hund auch an der Leine Freiheit br�uchte, da er sonst blablabla (ich erspare Euch den tiefenpsychologischen Exkurs in die animalische Natur der Canidae).

Alle Einw�rfe meinerseits verhallten ungeh�rt, bis ich schlie�lich aufgab und einwilligte, mich auf ein Experiment einzulassen. Ich sollte dazu ein paar Meter mit dem aufgeregten Hund gehen, ihm ausreichend Leine lassen und der Besserwisser w�rde an uns vorbeiradeln, und man w�rde ja sehen. Und wie!

Ich ging, er radelte, der Hund sprang ihm auf den Arm - und beide fielen zusammen mit der wundervollen Theorie in den Staub. Ach ja, die R�ckschl�ge in der experimentellen Wissenschaft k�nnen schmerzhaft sein.