2003-05-25 - 15:23 - Queen of my castle

Ich hab an diesem Wochenende kaum etwas von dem gemacht, was ich eigentlich geplant hatte. Ich war viel zu sehr damit besch�ftigt, meine Einsamkeit und die Stille in meiner Wohnung zu genie�en. Daneben blieb nur noch Zeit f�r lange Spazierg�ngen an der Alster, kurze G�nge durch meine leere Wohnung und stundenlanges Lesen auf dem roten Sofa.

Das war auch dringend n�tig, denn ich habe seit einer Woche vor�bergehend einen "Untermieter", der aber an diesem Wochenende nicht da war. Und bereits diese eine Woche hat deutlich gezeigt, da� es nach Jahren des Alleinlebens gar nicht so einfach ist, sich wieder auf das Mitwohnen umzustellen. Man wird eben doch sehr ... eigen.

Keine Sorge, ich habe mir nicht noch einen Hund zugelegt. Es handelt sich vielmehr um Herrn Schulte, der hier in Hamburg einen staatlich verordneten (und l�ngst �berf�lligen) Intensivkurs Englisch absolviert und kurzfristig Unterbringung in meinen heiligen Hallen begehrt hat. Und heilig ist mir mein kleines Refugium vor der Welt tats�chlich.

Dementsprechend schwierig finde ich es, jemandem uneingeschr�nkten Zutritt zu gew�hren.

Dabei ist Herr Schulte ein wirklich musterg�ltiger Kandidat f�r solche Experimente, rangiert er doch unter den Top 3 % was seine Mitbewohner-Qualit�ten angeht (Quelle: Studie des Instituts Lyssa).

Er leidet nicht unter �berm��igem Expansionsdrang und h�lt das Mitwohnen auch nicht f�r eine Art Camel-Trophy, bei der auf ein Mindestma� an Hygiene guten Gewissens verzichtet werden kann. Er geht mit Begeisterung einkaufen (und hat, anders als ich, dabei nicht st�ndig das Bed�rfnis �lteren Damen an der Kasse von hinten mittels Einkaufswagen auf die Spr�nge zu helfen) und hat freiwillig die Herrschaft �ber meine vernachl�ssigte K�che �bernommen.

Er respektiert meine Privatsph�re, die Ordnung in meinen B�cherregalen (sehr wichtig!) und mein Recht auf den ersten Blick in die FAZ. Au�erdem ist er wirklich r�hrend um mein Wohlergehen bem�ht.

Leider nur hat er sich zugleich ungefragt zu meinem pers�nlichen Sparminister ernannt. Sofern er nicht grad Englisch lernt, h�lt er mir Vortr�ge �ber mein pers�nliches Energie-Spar-Potential und l�uft im Minutentakt durch die Wohnung, um all die Lampen wieder auszuschalten, die zur Steigerung meines pers�nlichen Wohlbefindens ein warmes Licht verbreiten sollen.

Auch die Benutzung des Heizl�fters, der morgens in Ermangelung einer normalen Heizung mein Bad auf ertr�gliche Temperatur pusten soll, ist mir neuerdings strikt untersagt (da er hier gelegentlich mitliest, kann ich mich leider nicht n�her �ber die v�llig mangelhafte Umsetzung dieser neuen Regel auslassen).

Mit all diesen Umstellungen k�nnte ich mich noch irgendwie arrangieren, zumal ich nicht selbst st�ndig durch die Wohnung laufen und Lichter ausschalten mu�. Niemals einig werden wir uns jedoch im Auto werden. Herr Schulte ist sowohl als Fahrer als auch als Beifahrer eine absolute Katastrophe.

Da er nur den Standverkehr im hoffnungslos verstopften Ruhrgebiet gewohnt ist, h�lt er jedes Tempo �ber 45 f�r m�rderisch. Ich hingegen habe ein Faible f�r z�giges Fahren und elegante �berholman�ver auch im Stadtverkehr. Und ich kann es dann absolut nicht ertragen, wenn mein Beifahrer sich kreidebleich und leise wimmernd an seinen Sitz klammert und in regelm��igen Abst�nden "Voooorsicht" br�llt.

Au�erdem lasse ich mich ungern von Menschen als "Pistensau" bezeichnen, die nicht mal mit Unterst�tzung des Navigationssystems durch die Stadt finden und dann auch noch die Busspur mit der Stra�e verwechseln. (O-Ton Herr Schulte: "Ich wei� gar nicht, wo um diese Zeit das Problem auf der Edmund-Siemers-Allee sein soll. Die drei rechten Spuren waren zwar hoffnungslos verstopft, aber links fuhr au�er mir nur noch ein hupender Bus. Komisch.")

Am Donnerstag abend hat er es sich dann endg�ltig mit mir verscherzt. Wir fuhren im str�menden Regen um den Block und suchten seit geraumer Zeit einen Parkplatz, aber da sich ihm das Problem notorischen Platzmangels noch nicht so wirklich erschlossen hat, hatte er an jeder Parkm�glichkeit etwas auszusetzen. Schlie�lich sah ich keinen anderen Ausweg, als ihn 500 Meter von der Wohnung entfernt auf die Stra�e zu setzen und mich in Ruhe semi-legal knapp neben eine Ausfahrt zu quetschen.

K�nftig wird er wohl gemeinsam mit zahllosen anderen Nutzern des �ffentlichen Nahverkehrs langsam �ber die Busspur fahren m�ssen, w�hrend ich mir bereits zuhause die F��e vom Puster w�rmen lasse. Aber kochen darf er weiterhin gerne, der liebe Herr Schulte.

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Queen of my castle 2003-05-25 15:23 Ich hab an diesem Wochenende kaum etwas von dem gemacht, was ich eigentlich geplant hatte. Ich war viel zu sehr damit besch�ftigt, meine Einsamkeit und die Stille in meiner Wohnung zu genie�en. Daneben blieb nur noch Zeit f�r lange Spazierg�ngen an der Alster, kurze G�nge durch meine leere Wohnung und stundenlanges Lesen auf dem roten Sofa.

Das war auch dringend n�tig, denn ich habe seit einer Woche vor�bergehend einen "Untermieter", der aber an diesem Wochenende nicht da war. Und bereits diese eine Woche hat deutlich gezeigt, da� es nach Jahren des Alleinlebens gar nicht so einfach ist, sich wieder auf das Mitwohnen umzustellen. Man wird eben doch sehr ... eigen.

Keine Sorge, ich habe mir nicht noch einen Hund zugelegt. Es handelt sich vielmehr um Herrn Schulte, der hier in Hamburg einen staatlich verordneten (und l�ngst �berf�lligen) Intensivkurs Englisch absolviert und kurzfristig Unterbringung in meinen heiligen Hallen begehrt hat. Und heilig ist mir mein kleines Refugium vor der Welt tats�chlich.

Dementsprechend schwierig finde ich es, jemandem uneingeschr�nkten Zutritt zu gew�hren.

Dabei ist Herr Schulte ein wirklich musterg�ltiger Kandidat f�r solche Experimente, rangiert er doch unter den Top 3 % was seine Mitbewohner-Qualit�ten angeht (Quelle: Studie des Instituts Lyssa).

Er leidet nicht unter �berm��igem Expansionsdrang und h�lt das Mitwohnen auch nicht f�r eine Art Camel-Trophy, bei der auf ein Mindestma� an Hygiene guten Gewissens verzichtet werden kann. Er geht mit Begeisterung einkaufen (und hat, anders als ich, dabei nicht st�ndig das Bed�rfnis �lteren Damen an der Kasse von hinten mittels Einkaufswagen auf die Spr�nge zu helfen) und hat freiwillig die Herrschaft �ber meine vernachl�ssigte K�che �bernommen.

Er respektiert meine Privatsph�re, die Ordnung in meinen B�cherregalen (sehr wichtig!) und mein Recht auf den ersten Blick in die FAZ. Au�erdem ist er wirklich r�hrend um mein Wohlergehen bem�ht.

Leider nur hat er sich zugleich ungefragt zu meinem pers�nlichen Sparminister ernannt. Sofern er nicht grad Englisch lernt, h�lt er mir Vortr�ge �ber mein pers�nliches Energie-Spar-Potential und l�uft im Minutentakt durch die Wohnung, um all die Lampen wieder auszuschalten, die zur Steigerung meines pers�nlichen Wohlbefindens ein warmes Licht verbreiten sollen.

Auch die Benutzung des Heizl�fters, der morgens in Ermangelung einer normalen Heizung mein Bad auf ertr�gliche Temperatur pusten soll, ist mir neuerdings strikt untersagt (da er hier gelegentlich mitliest, kann ich mich leider nicht n�her �ber die v�llig mangelhafte Umsetzung dieser neuen Regel auslassen).

Mit all diesen Umstellungen k�nnte ich mich noch irgendwie arrangieren, zumal ich nicht selbst st�ndig durch die Wohnung laufen und Lichter ausschalten mu�. Niemals einig werden wir uns jedoch im Auto werden. Herr Schulte ist sowohl als Fahrer als auch als Beifahrer eine absolute Katastrophe.

Da er nur den Standverkehr im hoffnungslos verstopften Ruhrgebiet gewohnt ist, h�lt er jedes Tempo �ber 45 f�r m�rderisch. Ich hingegen habe ein Faible f�r z�giges Fahren und elegante �berholman�ver auch im Stadtverkehr. Und ich kann es dann absolut nicht ertragen, wenn mein Beifahrer sich kreidebleich und leise wimmernd an seinen Sitz klammert und in regelm��igen Abst�nden "Voooorsicht" br�llt.

Au�erdem lasse ich mich ungern von Menschen als "Pistensau" bezeichnen, die nicht mal mit Unterst�tzung des Navigationssystems durch die Stadt finden und dann auch noch die Busspur mit der Stra�e verwechseln. (O-Ton Herr Schulte: "Ich wei� gar nicht, wo um diese Zeit das Problem auf der Edmund-Siemers-Allee sein soll. Die drei rechten Spuren waren zwar hoffnungslos verstopft, aber links fuhr au�er mir nur noch ein hupender Bus. Komisch.")

Am Donnerstag abend hat er es sich dann endg�ltig mit mir verscherzt. Wir fuhren im str�menden Regen um den Block und suchten seit geraumer Zeit einen Parkplatz, aber da sich ihm das Problem notorischen Platzmangels noch nicht so wirklich erschlossen hat, hatte er an jeder Parkm�glichkeit etwas auszusetzen. Schlie�lich sah ich keinen anderen Ausweg, als ihn 500 Meter von der Wohnung entfernt auf die Stra�e zu setzen und mich in Ruhe semi-legal knapp neben eine Ausfahrt zu quetschen.

K�nftig wird er wohl gemeinsam mit zahllosen anderen Nutzern des �ffentlichen Nahverkehrs langsam �ber die Busspur fahren m�ssen, w�hrend ich mir bereits zuhause die F��e vom Puster w�rmen lasse. Aber kochen darf er weiterhin gerne, der liebe Herr Schulte.