Lyssas Lounge - country style

2003-07-29 - 20:06 - Ein Lehrst�ck �ber Dekadenz und S�nde

Ich bin in den letzten zwei Tagen gleich zweimal an eine sehr witzige Begebenheit erinnert worden, und deshalb gibt es heute als Sommerlochf�ller eine Anekdote �ber Jugends�nden, Dekadenz und zweifelhaften Ruhm. Aber erwartet keine Moral von der Geschicht, denn da wollte mir auch nach l�ngerem Nachdenken nichts zu einfallen.

Freunde von mir haben vor knapp zwei Jahren einen Film �ber den Untergang von Rungholt gedreht. Rungholt war das S�ndenbabel der Nordfriesen und wurde in einem Anflug g�ttlichen Zorns bei der gro�en Sturmflut 1362 endg�ltig ins Meer gesp�lt.

Der Film, eine absolute No-Budget-Produktion, zeigt neben der Hauptgeschichte in vielen kleinen Episoden Menschen, die der S�nde in all ihrer Vielfalt erlegen und daher dem Untergang geweiht sind (am besten ist ein wahnsinniger katholischer Schmetterlingssammler, der �ber die S�nde doziert w�hrend er bunte Schmetterlinge auf kleine Nadeln pf�hlt und seiner Sammlung zuf�gt).

Ihr werdet Euch nat�rlich fragen, was ich mit alldem zu tun habe, da Ihr mich nur als reines, unschuldiges Wesen mit madonnenhaftem Antlitz ... �hm ja, was ich eigentlich sagen wollte ist, da� man der hehren Kunst zuliebe Opfer bringen mu� (was �brigens auch Darla und Maximilian best�tigen k�nnen, die ihren guten Ruf ebenfalls ohne zu Z�gern daf�r aufs Spiel setzten).

Es gibt in dem Film auch eine kurze Episode, in der eine ganze Horde Irrer im Hamburger Freihafen ein Wagenrennen in bester Ben-Hur-Tradition veranstaltet. Da die Szene aber nun den moralischen Verfall der Menschen symbolisieren sollte, konnte man nicht einfach Pferde vor alte Karren spannen. Die Wagen wurden statt dessen von jeweils vier halbnackten M�nnern gezogen und von b�sen Frauen mit Peitschen gelenkt.

Knapp ein Jahr nach der Ausstrahlung in diversen Programmkinos sa� ich mit Q in der Wartehalle des Wiener Flughafens, als pl�tzlich ein Mann Ende Zwanzig mit strahlendem L�cheln auf mich zukam: "Hallo, ich kenne Sie. Doch bestimmt. Vom Film."

Nat�rlich war mein kleines Ego �ber alle Ma�en erfreut, aber ich mu�te mir selbst sofort eingestehen, da� er mich unm�glich aus Funk und Fernsehen kennen konnte. H�tte ich da noch an Rungholt gedacht, h�tte ich gleich meine Klappe gehalten. So aber nahm das Schicksal seinen Lauf.

Ich unterdr�ckte krampfhaft den Reflex, meine Haare nach hinten zu werfen und erwiderte m�glichst bescheiden: "Nein, tut mir leid, das kann nicht sein. Ich war noch nie im Fernsehen oder so." Aber er lie� nicht locker: "Doch, ganz bestimmt. Sie haben doch in diesem einen Film da mitgespielt." Ich guckte ihn ratlos an. Ich Idiot.

"Doch, Sie sind doch die Wagenlenkerin aus diesem Film, wo die nackten M�nner vor so eine Kutsche gespannt und dann gepeitscht werden, weil Sie sich mit ihrer Freundin ein Rennen liefern." Es war unglaublich, wie viele h�chst interessierte Menschen sich pl�tzlich in dieser ehemals ruhigen Wartehalle befanden.

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