2003-05-13 - 23:31 - Koffertr�ger leben gef�hrlich

Mein kleiner Bruder ist beruflich f�r sechs Wochen in Hamburg, danach zieht die gesamte Abteilung zum Hauptsitz der Firma ins Ruhrgebiet - ansonsten h�tte dieser se�hafte Teil meiner Familie den Job wohl auch nicht angenommen (es ist manchmal schwer zu glauben, da� wir demselben Genpool entspringen sollen).

F�r die Zeit seines Aufenthaltes hier ist er nat�rlich standesgem�� in einem guten Hotel einquartiert worden und nicht etwa, wie von meiner Mutter vorgeschlagen, mit in meine Wohnung gezogen. Nun ist er also gestern morgen sehr fr�h am Bahnhof angekommen und von dort direkt mit der S-Bahn in die Firma gefahren.

Als er abends wieder die S-Bahn nutzen wollte, um endlich in sein Hotel in der N�he des Schanzenviertels zu fahren, wurde er dringend davor gewarnt. Die Schanze sei ein �u�erst gef�hrlicher Ort, erst recht f�r Koffertr�ger im Anzug mit Krawatte. Derartige Weisheiten wurden nat�rlich nicht von wirklich Ortskundigen, sondern von einem erst k�rzlich aus �sterreich Zugewanderten verbreitet.

Als mich mein armer Bruder nach einer wahren Odyssee mit verschiedenen Buslinien (alles nur, um den S-Bahnhof Sternschanze zu umgehen, der ja nun als Hort allen �bels gebrandmarkt war) verzweifelt anrief und fragte, in was f�r eine gef�hrliche Stadt ich da blo� gezogen war, konnte ich ihm leider nicht mal in zusammenh�ngenden S�tzen antworten, weil ich vor Lachen Schluckauf bekommen hatte und l�ngst die Tr�nen auf den H�rer tropften.

Na gut, nat�rlich gibt es an der Schanze so ziemlich jede erdenklich Droge von wenig vertrauenserweckenden afrikanischen H�ndlern zu kaufen. Und ich w�rde den dortigen Park nachts auch h�chstens in Begleitung von zwei Doberm�nnern betreten, aber das Pr�dikat "h�chst gef�hrlich" verdient die bunte Ecke dort nun wirklich nicht. Erst recht nicht am hellichten Tag.

Man wird als Anzug-Tr�ger vermutlich nicht vom Punk an der Ecke spontan zum Bier eingeladen und auch nicht Stammgast in den diversen linken Kulturzentren, aber dank der zunehmenden Ansiedlung von teureren Restaurants und kleinen Werbeagenturen oder Internet-Unternehmen sind anst�ndige Steuerzahler dort schon lange keine bestaunte Spezies mehr.

Immerhin wei� ich jetzt, warum mein Vater Hamburg f�r ein S�ndenbabel h�lt: zu viele Aufenthalte im Burgenland.

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Koffertr�ger leben gef�hrlich 2003-05-13 23:31 Mein kleiner Bruder ist beruflich f�r sechs Wochen in Hamburg, danach zieht die gesamte Abteilung zum Hauptsitz der Firma ins Ruhrgebiet - ansonsten h�tte dieser se�hafte Teil meiner Familie den Job wohl auch nicht angenommen (es ist manchmal schwer zu glauben, da� wir demselben Genpool entspringen sollen).

F�r die Zeit seines Aufenthaltes hier ist er nat�rlich standesgem�� in einem guten Hotel einquartiert worden und nicht etwa, wie von meiner Mutter vorgeschlagen, mit in meine Wohnung gezogen. Nun ist er also gestern morgen sehr fr�h am Bahnhof angekommen und von dort direkt mit der S-Bahn in die Firma gefahren.

Als er abends wieder die S-Bahn nutzen wollte, um endlich in sein Hotel in der N�he des Schanzenviertels zu fahren, wurde er dringend davor gewarnt. Die Schanze sei ein �u�erst gef�hrlicher Ort, erst recht f�r Koffertr�ger im Anzug mit Krawatte. Derartige Weisheiten wurden nat�rlich nicht von wirklich Ortskundigen, sondern von einem erst k�rzlich aus �sterreich Zugewanderten verbreitet.

Als mich mein armer Bruder nach einer wahren Odyssee mit verschiedenen Buslinien (alles nur, um den S-Bahnhof Sternschanze zu umgehen, der ja nun als Hort allen �bels gebrandmarkt war) verzweifelt anrief und fragte, in was f�r eine gef�hrliche Stadt ich da blo� gezogen war, konnte ich ihm leider nicht mal in zusammenh�ngenden S�tzen antworten, weil ich vor Lachen Schluckauf bekommen hatte und l�ngst die Tr�nen auf den H�rer tropften.

Na gut, nat�rlich gibt es an der Schanze so ziemlich jede erdenklich Droge von wenig vertrauenserweckenden afrikanischen H�ndlern zu kaufen. Und ich w�rde den dortigen Park nachts auch h�chstens in Begleitung von zwei Doberm�nnern betreten, aber das Pr�dikat "h�chst gef�hrlich" verdient die bunte Ecke dort nun wirklich nicht. Erst recht nicht am hellichten Tag.

Man wird als Anzug-Tr�ger vermutlich nicht vom Punk an der Ecke spontan zum Bier eingeladen und auch nicht Stammgast in den diversen linken Kulturzentren, aber dank der zunehmenden Ansiedlung von teureren Restaurants und kleinen Werbeagenturen oder Internet-Unternehmen sind anst�ndige Steuerzahler dort schon lange keine bestaunte Spezies mehr.

Immerhin wei� ich jetzt, warum mein Vater Hamburg f�r ein S�ndenbabel h�lt: zu viele Aufenthalte im Burgenland.